Stellen Sie sich vor, es ist Schule und nicht alle Mädchen und Jungen gehen hin! Zumindest in unseren deutschen Landen steht zu vermuten, dass ein Aufschrei durch die Wohnzimmer hallt. Weshalb? Weil wir im Falle von Menschen wie Familie Kleinert aus Medessen vermuten, dass sie verantwortungslos gegenüber ihren Kindern handeln? Wir ihnen von vornherein unterstellen, dass sie zu faul sind, um sich dem vorgegebenen Schulalltag aus Weckerklingeln, aufwendiger Unterrichtsvorbereitung und so mancher seelischen Zitterpartie, wenn es mal gerade zensurenmäßig nicht so läuft, erst gar nicht hingeben wollen?
Weil wir automatisch prophezeien, dass Kinder, die sich nie in einem Klassenverband behaupten mussten und ihnen das manchmal täglich wiederkehrende Misserfolgserlebnis erspart geblieben ist, von vornherein zum Scheitern verurteilt sind? In unserer auf Leistung und Anpassung bedachten Gesellschaft? Oder aber nur ganz einfach deshalb, weil wir diese Form des Lernens – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der Welt – so nicht kennen?
Zu beurteilen, was richtig oder falsch ist, wäre zweifelsohne anmaßend. Einerseits ist es sicherlich richtig, dass es nichts Natürlicheres gibt, als dass Kinder bei ihren Eltern leben und lernen. Ihnen ist die primäre Verantwortung, Erziehung und Bildung anvertraut – nicht dem Staat. Andererseits stellt sich der Bildungserfolg bei aller berechtigten Kritik an vollen Klassenzimmern und Lehrermangel im Schulhaus auch in den eigenen vier Wänden logischerweise nicht von ganz alleine ein. Eltern, die ihr Kind zu Hause unterrichten wollen, müssen sich nahezu rund um die Uhr kümmern und die Wissensvermittlung in jeglichem Sinne auch leisten können.
Kluge Ratschläge, die hierzulande ohnehin auf rechtlich sehr dünnes Eis fallen. Während mittlerweile in ganz Europa Bildungspflicht herrscht, die erfüllt ist, sobald nachgewiesen werden kann, dass ein Kind Bildung erhält, gilt in Deutschland Schulpflicht. Auch im Priestewitzer Ortsteil Medessen.