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Aufträge für 10 Millionen fehlen

Die Russland-Sanktionen setzen den Unternehmern zu. AEL in Leisnig legt ein Tochterunternehmen vorerst auf Eis.

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© DA-Archiv/Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Leisnig/Döbeln. Welchen Sinn haben die Handelsbeschränkungen für Waren und Dienstleistungen, die die EU Mitte 2014 gegen Russland erlassen hat? Das fragt sich Erhard Münch immer noch. Bis 2011 war er Geschäftsführer der AEL Apparatebau GmbH Leisnig. Seitdem er das Unternehmen an seinen Sohn Sebastian und Mario Richter übergeben hat, ist er als Berater tätig. Fakt sei eins: Den Betrieben, auch denen in Mittelsachsen, haben die Russland-Sanktionen gehörig zugesetzt. „Gegenüber 2013 hatten wir 2014 einen Rückgang von 10 Millionen Euro beim Auftragseingang. Davon haben wir uns bis heute nicht erholt.“ Das äußerte Münch gegenüber Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD).

„Wir haben unser Geschäft auf die ehemaligen sowjetischen Republiken, zum Beispiel Kasachstan, ausgeweitet und dort ein gewisses Auftragsvolumen generiert“, sagte Münch auf DA-Nachfrage. Das könne jedoch die Einbußen nur bedingt abmildern. Deshalb habe es im Unternehmen „Anpassungen im Bereich Personal“ gegeben. „Wir haben die Leiharbeiter-Kapazitäten zurückgefahren. Es hat aber keine Entlassungen von Stammpersonal gegeben“, erklärte Münch. Aktuell sind bei AEL 185 Festangestellte und 15 Leiharbeiter beschäftigt.

Verluste nicht sehr groß

Kurz bevor die EU die Sanktionen verhängte, hatte AEL gemeinsam mit Siemens ein Tochterunternehmen gegründet, um eine Fertigungsstätte in Russland aufzubauen. Siemens wollte Gasturbinen herstellen, die Leisniger sollten die Ölkühlgeräte zuliefern. „Wir hatten das Tochterunternehmen gegründet und waren gerade auf der Suche nach einer Fertigungshalle. Gott sei Dank haben wir keine weiteren finanziellen Mittel reingesteckt, so dass die Verluste nicht sehr groß waren“, erklärte Erhard Münch. Die Tochterfirma existiere noch, die Geschäfte ruhen allerdings.

Laut Wirtschaftsminister Dulig würden die Sanktionen gerade den Maschinen- und Anlagenbauern zu schaffen machen. „Als Zulieferer sind wir eher indirekt davon betroffen, aber es macht sich schon bemerkbar“, erzählt Volkmar Brand, Geschäftsführer der Frankenberger Maschinen- und Anlagenbau GmbH. Allerdings könne er die Auswirkungen nicht beziffern. Das Unternehmen stellt unter anderem Einzelteile und Baugruppen aus Stahl, Edelstahl und Aluminium für Druckmaschinen, Elektrogeräte und -schränke sowie für den innerbetrieblichen Transport in der Automobilzulieferindustrie her.

Auch Landwirte haben Probleme

Nicht nur die Maschinenbau-Unternehmen, sondern auch die Bauern leiden unter den Handelsbeschränkungen. Aufgrund der Russland-Sanktionen sei der Kilopreis für Äpfel 2014 desaströs gewesen. Gerade einmal vier Cent für Industrieware seien gezahlt worden. Im vergangenen Jahr seien die Preise auf einem höheren Niveau, „aber immer noch im niedrigen zweistelligen Bereich“ gewesen. Das hatte Geschäftsführer Michael Erlecke Ende des Jahres dem DA gesagt. Wie viel hängenbleibt, werde sich aber erst im August 2016 zeigen. Denn die Saison läuft immer von Anfang September bis Ende August des Folgejahres. Aus „politischer Contenance“ hätten die Bauern das Embargo zunächst mitgetragen – wohl wissend, dass sie am Ende die Leidtragenden sein würden, sagte Torsten Krawczyk, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Döbeln-Oschatz. Vor allem die ostdeutschen Landwirte würden die Sanktionen besonders hart treffen. Einige Unternehmer wären am Limit.

Eine Lockerung beziehungsweise Aufhebung der Sanktionen ist so schnell nicht in Sicht. Kurz vor Weihnachten hatte der Rat der Europäischen Union beschlossen, die Handelsbeschränkungen bis zum 31. Juli 2016 zu verlängern.

Wirtschaftsminister Martin Dulig sagte, Sachsen sei das einzige Bundesland, das nach wie vor Kontakte nach Russland aufrecht erhalte. Er sieht in dem Embargo eine Gefahr: Wenn die Sanktionen fortgesetzt werden, bauen sich die Russen die Geschäftsfelder, die bisher von Importen geprägt waren, aus. Und dann sei es für deutsche Unternehmer schwer, wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen.