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Aufregung um Muslimbrüder

Eine islamische Gruppe ist in Riesa auf der Suche nach einen Gebetsraum. Kontakte zu Radikalen weist sie zurück.

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© Fredrik von Erichsen/dpa

Von Peter Anderson, Christoph Scharf und Britta Veltzke

Riesa. Die Nachricht hat sich am Montag in Windeseile verbreitet. Dem sächsischen Verfassungsschutz zufolge sollen die Muslimbrüder Immobilien in Meißen und Riesa gekauft haben. Ziel sei es, diese vor allem zu nutzen, um Muslime zum Gebet zu versammeln. Vom Verfassungsschutz wird die Muslimbruderschaft als radikal-islamisch eingestuft.

Ein Kaufvertrag über den ehemaligen Dekra-Sitz kam nicht zustande.
Ein Kaufvertrag über den ehemaligen Dekra-Sitz kam nicht zustande. © Sebastian Schultz

Von Kommentatoren im Internet wurde in einer ersten Reaktion bezweifelt, dass der Verfassungsschutz die Situation unter Kontrolle hat. „Was wollen die gegen solche weltweit vernetzten Hardcoretruppen unternehmen“, fragte etwa der Meißner AfD-Politiker Heiko Knorr. Mineralien-Experte Holger Sickmann aus Klipphausen verwies darauf, dass die Muslimbrüder in Ägypten illegal seien, in Sachsen jedoch offenbar agieren dürften.

Die Moritzburger AfD-Landtagsabgeordnete Kirsten Muster forderte ein umgehendes Verbot der Muslimbrüder, damit diese keine Grundstücke im Freistaat erwerben könnten. Das angeblich im Auftrag der Muslimbrüder handelnde Unternehmen, Sächsische Begegnungsstätte, kurz SBS, kann die aufgeregten Stimmen nicht verstehen und weist jegliche Verbindung zu den Muslimbrüdern zurück. „In Meißen haben wir Räumlichkeiten auf der Neugasse angemietet, welche von ihrer Größe und Beschaffenheit der Zahl der Muslime, die in Meißen leben, angemessen sind“, teilte am Mittwoch Geschäftsführer Dr. Saad Elgazar mit. Miet- und Nebenkosten von 500 Euro würden durch Mitgliedsbeiträge und Spenden der Muslime vor Ort finanziert.

Mietvertrag in Riesa gekündigt

In Riesa gab es bis Ende des vergangenen Jahres noch einen Gebetsraum an der Goethestraße. Laut Hausverwalterin Inge Reinacher wurde der Mietvertrag jedoch gekündigt, weil das Haus verkauft wurde und nun saniert wird.

Saad Elgazar ist bereits seit Längerem auf der Suche nach einem neuen Gebäude in Riesa, das sein Unternehmen erwerben möchte. Ein Kauf des ehemaligen Dekra-Gebäudes in Gröba ist bislang ebenso gescheitert wie der einer Immobilie an der Berliner Straße. Der SBS-Geschäftsführer hält ein Gemeindezentrum auch in Kleinstädten wie Meißen und Riesa für sinnvoll, weil gerade die extrem einkommensschwache Gruppe der Flüchtlinge nicht in Lage sei, am muslimischen Leben in Dresden teilzunehmen.

Behauptungen in der Presse, die SBS würde in Sachsen im großen Stil Immobilien kaufen, bezeichnete Saad Elgazar als schlichtweg falsch. Bis auf ein Gebäude in Pirna seien alle anderen Standorte angemietet. Außerdem handele es sich meist um Räume, die oft in Hinterhöfen oder sonstigen randständigen Bereichen lägen, welche auf dem Markt schwer oder kaum zu vermitteln sind. Zu der Behauptung des sächsischen Verfassungsschutzes, dass die SBS und die ägyptische Muslimbruderschaft miteinander verbunden seien, sagt Elgazar:

„Die SBS vertritt einen unpolitischen Islam. Das heißt, politisierte Inhalte aus den Herkunftsländern unserer Mitglieder bleiben außen vor“, heißt es in einem am Montag verbreiteten Schreiben. Die Predigten bestünden ausschließlich aus religiösen und moralisch-ethischen Inhalten. Die SBS und ihre Mitglieder würden sich zu demokratischen und rechtstaatlichen Prinzipien bekennen und loyal zur Bundesrepublik Deutschland stehen.

Mindestens eine größere Wohnung

Weder in Meißen noch in Riesa haben Integrationshelfer bislang Hinweise auf Muslimbrüder registriert. Annett Schober von der Diakonie Riesa-Großenhain aber kennt den Bedarf für einen muslimischen Gebetsraum in Riesa. „Schon seit mindestens einem Jahr gibt es Bestrebungen, dass sich Asylbewerber privat ein Objekt kaufen wollen und dafür finanzielle Unterstützung suchen.“ Bislang würden sie sich privat zum Gebet treffen.

Unklar sei, ob dahinter eine Organisation stehe oder eine bestimmte Glaubensrichtung. Nötig sei für diesen Zweck mindestens eine größere Wohnung: „Es geht auf jeden Fall um mehr als 15 Männer, die gemeinsam beten wollen“, sagt die Sozialpädagogin. Für Frauen und Kinder sei eine solche Räumlichkeit nicht geeignet: „Da bräuchte es schon eine richtige Moschee mit einer räumlichen Trennung für die Geschlechter. Dazu gehören dann oft auch eine Kinderbetreuung und eine Koranschule“, so Annett Schober.