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Aufhören ist nicht ihr Ding

Beate Zielinski betreibt rund um den Radeberger Markt gleich vier Geschäfte. Und feiert ein Doppeljubiläum.

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© Thorsten Eckert

Jens Fritzsche

Radeberg Eigentlich könnte sie ein Buch schreiben. Aber erstens ist sie dafür viel zu bescheiden; und zweitens hat sie auch gar keine Zeit dazu. „Zwar könnte man mit 67 durchaus auch schon mal daran denken, ein bisschen loszulassen“, sagt Beate Zielinski – aber sie will es nicht. Vorerst zumindest, fügt sie an.

Die Radebergerin betreibt rund um den Markt gleich vier Geschäfte – zwei Schuhläden und zwei Textilgeschäfte. „Und aufhören ist irgendwie schwerer, als anzufangen“, ist sie überzeugt. Und die Lust an ihrem Beruf ist deutlich zu spüren. „Ich brauche das einfach, morgens los zu gehen, ich brauche den Kontakt zu den Kunden“, beschreibt sie. Und ist fast selbst ein bisschen erschrocken gewesen, „dass ich nun schon seit 50 Jahren im Verkauf arbeite – und seit 25 Jahren selbstständig bin“. Im September 1990 hatte sie sich ihren Traum erfüllt und einen eigenen Laden eröffnet. „Der erste private Schuhladen nach der Wende in Radeberg“, sagt sie nicht ohne Stolz.

Ein Trabi voller Schuhe

Im Eckgeschäft an der Rathenaustraße war das. „Ich bin da einfach mit meinem Trabi nach Dresden gefahren, dort warteten große Liefer-Lkw westdeutscher Schuhproduzenten – ich habe mein Auto bis unters Dach vollgemacht und habe die Schuhe dann hier in meinem ersten Laden verkauft“, erinnert sich die Radebergerin – und muss lachen. Auch, weil sie sich ein wenig mit Grausen an so manchen eigenwilligen Mode-Trend aus diesen Nachwende-Tagen erinnert. „Ich sehe noch diese Plüschtierhausschuhe, die damals der ganz große Renner waren und die wir hier kistenweise verkauft haben.“

Begonnen hatte vor 50 Jahren alles übrigens nicht in einem Schuhgeschäft. Als Verkäufer-Lehrling startete Beate Zielinski im Haushaltswarenladen „Tausend kleine Dinge“ an der Röderstraße. Dort, wo heute die Stadtapotheke ihr Domizil hat. „Nach der Lehre bin ich dann als Verkaufsstellenleiterin ins renommierte Schuhhaus Winkler gewechselt“ – eben jenes Geschäft an der Röderstraße, in dem sie sich dann 1990 selbstständig gemacht hatte.

Die DDR-Zeit war im Handel dabei keine wirklich einfache, dennoch möchte die Radebergerin sie nicht missen, stellt sie klar. „Auch, wenn wir damals im Prinzip nicht Verkäuferinnen waren, sondern Verteilerinnen“, beschreibt sie schmunzelnd. Denn in der Republik des knappen Angebots „waren die Leute oft froh, überhaupt etwas zu bekommen“. Und es sind in dieser Zeit eine Menge Kontakte gewachsen, die bis heute halten, freut sich Beate Zielinski. „Wir haben viele Kunden, die uns schon Jahrzehnte die Treue halten – dafür bin ich sehr, sehr dankbar“, ist sie begeistert.

Gegen die Konkurrenz behauptet

Dabei hatte sich die Radebergerin eigentlich schon zu DDR-Zeiten mit einem Geschäft selbstständig machen wollen. „Aber es gab einfach keinen Laden, es lief ja alles in Regie der staatlichen Handelsorganisation HO und private Konkurrenz war nicht gefragt“, denkt sie zurück. Und so hat sie dann sofort nach der Wende die sich bietende Chance genutzt. „Am Anfang interessierten sich die Leute im Osten vor allem für billige Angebote – und die Westproduzenten waren auch irgendwie froh, all die in den alten Ländern nicht mehr gefragten Schuhe bei uns loszuwerden“, kann sich Beate Zielinski noch gut an den Start erinnern.

Aber nach und nach hat sich das gewandelt. „Wir haben ziemlich schnell begonnen, neben der preiswerten Schiene auf Qualitätsmarken zu setzen – und wir haben uns auf Über- und Untergrößen spezialisiert, damit haben wir uns einen großen Stammkundenkreis erarbeitet.“ Und sich auch gegen die Konkurrenz aus dem Internet behauptet. „Beratung gibt’s dort nämlich nicht“, weiß sie. Und weil es unter den Kunden von Beate Zielinski auch echte Fans der Marke „rieker“ gibt, „haben wir dann eines unserer Schuhgeschäfte zum Spezialladen dieser Marke gemacht, auch das hat super funktioniert“, freut sich die Radebergerin. Später kamen auch noch zwei Textilgeschäfte hinzu.

Und wenn sie irgendwann dann doch mal ein wenig kürzertreten wird, unterstreicht Beate Zielinski, „wird es in den Läden in jedem Fall weitergehen –  junge Leute sollen dann weitermachen“. Schließlich trage sie ja auch für ihre zehn Mitarbeiterinnen Verantwortung, fügt sie an. „Aber noch kann ich mir das Aufhören noch nicht vorstellen“, schiebt sie gleich nach. Und, Radebergs Innenstadt ohne Beate Zielinski – das können sich auch viele Radeberger irgendwie nicht vorstellen.