Merken

Aufgeräumt in Dresdens Unterwelt

Den mühsamen Weg vom Abwasser-Kollaps zur modernen Stadtentwässerung zeichnet jetzt ein Buch nach. Dabei wurden von Dresden aus immer wieder Maßstäbe gesetzt.

Teilen
Folgen
NEU!
© Archiv Stradtentwässerung

Dresden. Was ärgern sich viele Dresdner mitunter, wenn Schlaglöcher in den Straßen klaffen oder der Fußweg vorm Haus fehlt. Das sticht ins Auge. Oft unbemerkt bleibt dabei die Entsorgung des Abwassers. Schließlich läuft es unter den Straßen und Plätzen ab. Solange alles gut funktioniert, ist Ruhe im Haus. Aber wehe, wenn im Kanalnetz nicht alles seinen geregelten Gang geht. Glücklicherweise wurden diese Fälle in den vergangenen Jahren immer weniger. Das ist kein Zufall. Schließlich haben die Mitarbeiter der Stadtentwässerung viel dafür getan.

Dabei können sie auf eine lange Tradition bauen. Die Ursprünge der Abwasserbeseitigung gehen in Dresden bis ins Mittelalter zurück. So entdeckten Archäologen bei Ausgrabungen am Altmarkt Rinnensysteme vom Ende des 12. Jahrhunderts, durch die vermutlich Regenwasser abgeleitet wurde. Unter dem Theaterplatz gibt es ein noch heute genutztes Kanalnetz, das Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt wurde, als Italiener die Hofkirche bauten.

Dresdens Stadtväter waren oft Vordenker, so auch am Ende des 19. Jahrhunderts. Tiefbauamtsleiter Hermann Klette ließ ein System von Hauptsammlern und Abfangkanälen links und rechts der Elbe bauen, das bis heute gut funktioniert. Deutschlandweit Maßstäbe setzte Dresden auch mit dem Bau des Klärwerks Kaditz, das 1910 in Betrieb ging. Es gehörte zu den modernsten und schönsten Deutschlands. Es ist kein Zufall, dass die Anlage so lange zuverlässig arbeitete. Stadtbaurat Prof. Hans Erlwein hatte vor dem Bau darauf bestanden, gutes Material zu verwenden, das natürlich auch seinen hohen Preis hatte. So sollte eine lange Haltbarkeit und hygienische Sicherheit der von Klette konzipierten Anlage erreicht werden. Das zahlte sich letztlich aus.

Trotz ihres Engagements konnten die Kanal- und Klärwerksmitarbeiter zu DDR-Zeiten jedoch nicht verhindern, dass das Abwassersystem immer desolater wurde. In der Mangelwirtschaft hatte es keine Priorität. Schon 1975 war der Altstädter Abfangkanal weitgehend dicht. Die Kläranlage war damals so schlecht, dass ohnehin nur noch die groben Stoffe aus Dresdens Abwasser beseitigt werden konnten. Im Januar 1987 kam es dann zur Katastrophe. Beim Hochwasser wurde die Hauptpumpstation der Kaditzer Kläranlage überflutet, gleichzeitig war die Stromzufuhr aus dem Landesnetz unterbrochen. Fast fünf Jahre lang floss das Abwasser über den Auslauf des Altstädter Abfangkanals an der Flügelwegbrücke ungereinigt in die Elbe.

Die Dresdner Abwasser-Wende kam mit der politischen Wende und der Wiedervereinigung. Mit großem Krafteinsatz sanierte die Stadtentwässerung das Kanalnetz und baute das Klärwerk Kaditz aus. Über 800 Millionen Euro wurden seitdem dafür investiert.

Über diese Entwicklungen ist jetzt ein Buch erschienen. Bei seiner Recherche hat SZ-Redakteur Peter Hilbert Einblick in die Arbeitsbereiche der Mitarbeiter bekommen. Das beginnt bei der Wartung und Überwachung des rund 1 800 Kilometer langen Kanalnetzes und des Kaditzer Klärwerks, geht weiter über ihren Ausbau für kommende Generationen und reicht bis hin zum Hochwasser- und Gewässerschutz. Nicht zuletzt durch die verbesserte Reinigung der Abwässer ist die Elbe mittlerweile wieder so sauber, dass darin gebadet werden kann. (SZ)

Das Buch umfasst 168 Seiten und kostet 14,90 Euro. Erhältlich ist es in allen SZ-Treffpunkten und im Buchhandel. Das Buch kann versandkostenfrei bestellt werden: 0351/48641827 oder www.editionsz.de