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Auferstanden aus den Fluten

Das Hotel Elbresidenz in Bad Schandau soll ab 2018 schwarze Zahlen schreiben. Noch wird experimentiert.

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© Thomas Kretschel

Von Ines Mallek-Klein

Bad Schandau. Die Meissen stampft elbabwärts. Ein Entenpärchen sucht, laut schnatternd, das Weite und rettet sich ans Ufer. Ungestört ist es auch hier nicht. Eine Gruppe Radfahrer lässt gerade die Bremsen quietschen und hält nach einem Plätzchen für eine Rast Ausschau. Die Elbterrassen sollen es sein, im Zentrum von Bad Schandau. Sie gehören zum Luxushotel Elbresidenz. Radfahrer, Biker und Bergsteiger begrüßt man hier trotzdem sehr gern und oft, sagt Christian Lohmann. Er ist Generalmanager und auch Mitinhaber des 207 Zimmer fassenden Hauses.

Andrea Kaminski ist die Direktorin des Hauses. Sie kannte das Hotel als Beraterin.
Andrea Kaminski ist die Direktorin des Hauses. Sie kannte das Hotel als Beraterin. © Thomas Kretschel

Die Elbresidenz ist kein gewöhnliches Hotel, und ihre Geschichte ist so wechselhaft wie der Elbpegel vor dem Haus. Die besseren Zeiten haben gerade erst begonnen, hofft Christian Lohmann. Der 61-jährige Betriebswirt hat im Harz als Kellner begonnen, war Direktor im Kurhaus in Binz, leitete nach der Wende die IntercityHotels in Magdeburg und Weimar. Vor elf Jahren schließlich wechselte er zur Toskanaworld GmbH, die seit 2014 Eigentümer des einzigen Fünfsterne-Hauses in der Sächsischen Schweiz ist.

Für das Unternehmen aus dem thüringischen Bad Sulza ist das wirtschaftliche Engagement im Elbsandsteingebirge kein Neustart. Die Toskanaworld, gegründet von Marion Schneider und Ehegatte Klaus Dieter Böhm, betreibt seit 2004 das ehemalige Schrammsteinbad in Bad Schandau. Ein Deal, der fast gescheitert wäre, denn Klaus Dieter Böhm gefiel zwar das Bad, aber nicht das Stadtzentrum. Dort dämmerten 16 Ruinen ihrem Abriss entgegen. Das Elbehochwasser 2002 hatte ihren Zustand deutlich verschlimmert.

Dass sich Böhm schließlich doch für das Investment in die Therme entschied, lag an dem Versprechen des damaligen wie heutigen Landrats Michael Geißler (CDU). Er und der damalige Vorstand der Ostsächsischen Sparkasse, Herbert Süss, versprachen, sich um den Stadtkern von Bad Schandau zu kümmern. 2004 gab es erste Pläne für das Hotel. Und weil sich privat wohl nie ein Investor gefunden hätte, spendierte Sachsens Finanzminister Horst Metz für das Großprojekt, das auch noch in seinem Wahlkreis lag, eine Landesbürgschaft über zehn Millionen Euro. Die Sparkasse wurde als Kreditgeber verpflichtet. Der Bau konnte beginnen. Doch schon damals machte das Gebäude die Bekanntschaft mit dem Elbwasser. 2006 stand die braune Brühe reichlich einen Meter hoch in dem Gemäuer. Die Trocknung fraß Zeit und Geld. Einige Umplanungen kamen hinzu, sodass die ursprünglich veranschlagten 39 Millionen Euro für den Hotelbau nicht mehr ausreichten. Am Ende wurden rund 60 Millionen Euro investiert.

Kritische Gäste

2007 nahm die Elbresidenz ihren Betrieb auf, unter dem gestrengen Blick ihrer Befürworter und Gegner. Die einen hofften auf ein völlig neues und vor allem finanziell potentes Publikum. Die anderen fürchteten die Konkurrenz des großen Hauses in einer Region. Gerüchte über eine mangelnde Auslastung des Hauses gab es immer wieder. Christian Lohmann kennt die Zahlen, verraten darf er sie nicht. „Die Bücher beweisen aber, dass sich das Team hier sehr viel Mühe gegeben hat“, sagt er, fügt allerdings an: „Man muss aber wissen, wo man Profi ist“.

Eine, die das Haus auch aus dieser Zeit gut kennt, ist Andrea Kaminski. Sie hat die Anfangsjahre des Hotels als Beraterin begleitet und ist seit einigen Monaten Hoteldirektorin. „Die Anfrage hat mich gefreut“, sagt die in Grumbach bei Wilsdruff lebende Hotelmanagerin, die diplomierte Pädagogin, Betriebswirtin und Dozentin für berufliche Erwachsenenbildung ist. Ein Fünfsterne-Haus hat sie noch nie geleitet. Es sei aber nicht nur deshalb eine schwere Entscheidung gewesen. Die Elbresidenz war seit dem Hochwasser 2013 geschlossen. Knapp drei Jahre hatte hier kein Gast mehr übernachtet. Es ist nicht einfach, einem solchen Haus wieder Leben einzuhauchen.

Ein erster Schritt war eine sehr offensive Kommunikation. Kaum war der Kaufvertrag unterschrieben, wurde der Frühling 2016 als Eröffnungszeitraum genannt. „Ohne genauen Termin, der hätte uns unnötig unter Druck gesetzt“, sagt Lohmann. Es läuft gut, aber das Haus ist längst nicht voll. Und das ist gut so, sagt Hoteldirektorin Kaminski. So bleibt Gelegenheit, die Abläufe zu prüfen und zu ändern.

Sie möchte die letzten Wochen des Jahres nutzen, um für die Gäste weitere Komplettangebote zu erstellen, gemeinsam mit ihrer Tochter Maria Kaminski, die für das Marketing der Elbresidenz zuständig ist. Eine Kooperation mit dem Schostakowitsch-Festival in Gohrisch gibt es schon. Nun will man auch Richard-Wagner-Fans, die die Gedenkstätte in Graupa bei Pirna besuchen, ein Zuhause auf Zeit bieten.

Ein Blick in die einschlägigen Bewertungsportale von Hotels verrät allerdings, die Elbresidenz ist noch in der Startphase. Einige Gäste vermissten in den ersten Wochen schmerzlich eine WLAN-Versorgung, andere monierten die langen Wartezeiten im Restaurant. „Wir sind auf dem Weg, perfekt zu werden, die Anregungen der Gäste helfen uns dabei“, sagt Andrea Kaminski. Und manches braucht einfach Zeit, wie die Suche nach passendem Personal. 90 Stellen galt es insgesamt zu besetzen, gut die Hälfte ist vergeben. Früher arbeiteten in der Elbresidenz 170 Menschen. Nur ein Bruchteil von ihnen ist in das Fünfsterne-Haus zurückgekehrt.

Vor allem im Housekeeping wird noch Personal gebraucht. Die Folgen der Flut sind indes komplett beseitigt. Dafür mussten die neuen Eigentümer Böhm, Schneider und Lohmann viel Geld investieren, 12,5 Millionen Euro waren es insgesamt. Gut die Hälfte hat der Freistaat Sachsen über die Aufbaubank beigesteuert. „Eine Hilfe, für die wir sehr dankbar sind“, sagt Christian Lohmann.

Zu dem Kaufpreis für das Hotel schweigen er und die Investmenttochter der Ostsächsischen Sparkasse. Von einem geringen einstelligen Millionenbetrag ist die Rede, was einem Schnäppchen gleichkommt. Auch bei den Sanierungen war das Unternehmertrio um Effizienz bemüht. In den oberen Stockwerken haben längst nicht alle Zimmer einen neuen Anstrich erhalten. „Wir haben uns auf Schönheitsreparaturen beschränkt“, sagt Andrea Kaminski.

Neu gebaut wurde lediglich ein Übergang zur Elbterrasse. Selbst den Pool im obersten Stockwerk gibt es noch. Dem exklusiven Publikum sei es nicht zuzumuten, zum Schwimmen oder Saunieren in die Toskana Therme zu kommen. Und einen unterirdischen Bademantelgang wird es wohl nie geben. Er wäre zwar nur 200 Meter lang, läge aber im direkten Flutgebiet der Elbe. Mit der hat Andrea Kaminski ihren Frieden gemacht.

Wenn sie wieder über die Ufer tritt, wird man ihr in der Elbresidenz Platz machen. Die Edelstahlkonstruktion in der Küche steht auf Rollen. Sie kann binnen Stunden abgebaut und abtransportiert werden. Von der Idee, den Flutschutz weiter auszubauen, haben sich die neuen Investoren verabschiedet. Das hätte mindestens acht Millionen Euro zusätzlich gekostet. Stattdessen wurden die Schaltschränke ins Obergeschoss verbannt und die Fußbodenfliesen auf hochwassersicheren Böden verlegt. Abkärchern reicht dann.