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Aufbau Ost: „zweites deutsches Wirtschaftswunder“

In den Aufbau Ost flossen gewaltige Summen. 25 Jahre nach der Wende zieht die Förderbank KfW eine positive Bilanz - und regt eine Neuregelung der Verteilung von Fördergeldern an.

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© dpa (Symbolfoto)

Frankfurt/Main. Der teure Aufbau Ost zahlt sich nach Einschätzung der Förderbank KfW aus. „Wir können heute über das zweite deutsche Wirtschaftswunder reden“, sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner am Dienstag in Frankfurt bei der Vorlage der Studie „Deutschland 25 Jahre nach dem Mauerfall“.

Ostdeutschland gehöre gemessen an der Wirtschaftsleitung inzwischen zum Mittelfeld Europas - obwohl die Angleichung an West-Niveau noch nicht völlig erreicht sei. Zeuner betonte: „Die regionalen Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland sind im internationalen Vergleich unerheblich.“

Daher spreche vieles dafür, „Regionalförderung künftig nicht mehr nach Himmelsrichtung vorzunehmen“, sondern „gesamtdeutsch zu denken“, sagte Zeuner: „Wir hatten 25 Jahre Bedarf in Ostdeutschland, das ist extrem gut gelaufen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt neu zu überlegen, was sind die Bedarfe.“ Forderungen nach einer Abschaffung des ursprünglich für den Aufbau Ost erhobenen Steueraufschlags „Soli“ wolle er sich nicht anschließen, betonte Zeuner. Er sehe genug Verwendungsnotwendigkeiten für diese Gelder.

KfW: Nachwende- vergleichbar mit Nachkriegszeit

Nach KfW-Berechnungen fiel das reale Wirtschaftswachstum pro Kopf in den fünf ostdeutschen Bundesländern im zurückliegenden Vierteljahrhundert praktisch genauso stark aus wie das in Westdeutschland zur Wirtschaftswunderzeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das mache sich zunehmend auch im Portemonnaie der Menschen in Ostdeutschland bemerkbar: Im vergangenen Jahr betrug deren verfügbares Pro-Kopf-Einkommen 17.700 Euro. Das waren 84 Prozent des West-Niveaus. 1991 waren es 53 Prozent.

Entscheidende Voraussetzung für den erfolgreichen Umbau der bankrotten Planwirtschaft der DDR in eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft seien hohe Investitionen gewesen: Seit 1991 investierten Unternehmen, Kommunen und private Bauherren der KfW zufolge insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in Ostdeutschland.

Trotz aller Erfolge sehen die KfW-Ökonomen noch Baustellen: Die Arbeitsproduktivität - also die Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigem - liege im Osten erst bei 76 Prozent des West-Wertes. Das erkläre sich unter anderem damit, dass es in Ostdeutschland relativ wenige große Unternehmen gibt, deren Arbeitsproduktivität im Schnitt höher sei.

Die vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit und die demografische Entwicklung belasten die positive Bilanz zudem: Seit 1990 habe Ostdeutschland 13,5 Prozent seiner Bevölkerung verloren. Dieser Trend wird nach KfW-Prognose anhalten - Ausnahme: Der wachsende „Speckgürtel“ rund um Berlin. (dpa)