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Auf Wintertour mit der Müllabfuhr

Glatte Straßen und zugeschneite Tonnen: Das Wetter fordert die Müllmännern. Der DA hat ein Team begleitet.

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© Dietmar Thomas

Von Maria Fricke

Döbeln. Mirko Hoppe zieht die Bremse. Das Müllauto ruckelt. „Entweder wir fahren alles zurück oder wir fahren hier runter. Drehen wird hier nichts.“ Dort, wo der 35-Jährige sonst wendet, geht am Dienstag nichts mehr. Die Straße ist weiß. Um den Drei-Achser herum türmen sich Schneeberge. Irgendwo steht noch ein Auto. Keine Chance. Zu wenig Platz für 10,50 Meter Länge. Hoppe legt den Rückwärtsgang ein und setzt das Fahrzeug zurück. Kollege René Werner springt hinten auf.

Gut, wenn die Säcke noch ganz sind. Manchmal reißen sie bei Frost auch auf.
Gut, wenn die Säcke noch ganz sind. Manchmal reißen sie bei Frost auch auf. © Dietmar Thomas
Während der Tour durch Zschackwitz hat sich René Werner (links) um die Tonnen gekümmert. Sein Kollege Mirko Hoppe saß hinter dem Steuer. Die Teams können ihre Position jedoch untereinander tauschen. Fotos:
Während der Tour durch Zschackwitz hat sich René Werner (links) um die Tonnen gekümmert. Sein Kollege Mirko Hoppe saß hinter dem Steuer. Die Teams können ihre Position jedoch untereinander tauschen. Fotos: © Dietmar Thomas
René Werner überzeugt sich davon, dass auch das Richtige in der Gelben Tonne ist.
René Werner überzeugt sich davon, dass auch das Richtige in der Gelben Tonne ist. © Dietmar Thomas

Sie müssen dieser Tag viel improvisieren, die Mitarbeiter der Entsorgungsgesellschaft Döbeln (EGD). Der Grund ist simpel: Es hat geschneit. Auch wenn am Dienstag nur wenige Flocken vom Himmel gefallen sind, die Straßen sind teilweise noch immer schnee- und eisbedeckt. Es ist glatt. An manchen Stellen hat Hoppe da keine Chance. In Zschackwitz fährt er den Berg hoch, ohne Probleme. Aber: „Anhalten kann ich hier nicht. Die Tonnen müssen wir auf der Rückfahrt mitnehmen.“ Manchen Berg lässt Hoppe zurzeit ganz aus. „Ich bin doch nicht lebensmüde“, sagt der Gleisberger. „Da muss man halt Abstriche machen.“ Denn kommt so ein Müllauto erst mal ins Rutschen, sei nur noch Schadensbegrenzung möglich, so Detmar Lambrecht, Prokurist und technischer Leiter bei der EGD. Passiert sei das aber bis jetzt noch nicht. „Wir haben noch keinen Hebedienst gebraucht, um ein Fahrzeug aus dem Graben zu holen“, sagt Lambrecht. Die Fahrer seien bei der Witterung auch angehalten, nichts zu riskieren. „Wir haben keine Reserven, weder bei den Fahrzeugen, noch beim Personal“, so der Prokurist.

Bis jetzt sind Werner und Hoppe überall gut durchgekommen. Die großen Straßen sind geräumt. Es sind ganz andere Dinge, die die beiden aufregen. „Die gelben Säcke müssen wir manchmal freischaufeln. Dann reißen sie auf oder sind angefroren“, sagt René Werner. Das ist zeitaufwendig und nervig. Oftmals seien die Säcke auch so ungünstig abgestellt, dass sie nur mit viel Glück von den Müllmännern gesehen werden, meint Hoppe. Das Ziehen und Rollen der schweren Tonnen und Container über den Schnee und Schneematsch strengt an. Manchmal muss Hoppe seinem Kollegen draußen zu Hilfe kommen. Auch, damit es schneller geht.

Die Männer müssen ihre Tour schaffen, im Sommer wie im Winter. Denn für den nächsten Tag ist bereits die nächste Runde geplant. „In der Regel dauert die Tour acht Stunden, aber unter solchen Bedingungen auch mal länger“, sagt Detmar Lambrecht. Am 7. Januar mussten die Müllwerker sogar sonnabends ran. Ob es auch dieses Wochenende dazu kommt, werde spontan entschieden, so der Prokurist. Bisher sehe es jedoch nicht so aus.

Offene Tonnen rauben Zeit

Ab 6 Uhr sitzen die Männer in ihren Müllfahrzeugen und leeren die Tonnen. Nicht immer ist bis dahin alles geräumt. Die Straßen, die die Fahrzeuge nicht passieren können, werden zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal angefahren. Sollte aus diesem Grund die Tonne stehen bleiben, raten die Müllmänner dazu, sie stehen zu lassen. Nur so können sie beim nächsten Mal geleert werden. Oftmals müssen Müllbehälter aber auch stehen bleiben, weil die Straßen zugeparkt sind. „Erst kommt der Schnee, dann parken die Autos mehr in der Mitte“, beschreibt Disponent Marco Schulze eines der aktuellen Probleme.

Mirko Hoppe hat noch mit ganz anderen Hürden zu ringen: andere Verkehrsteilnehmer. „Ich fahre nicht zur Seite. Bevor ich in den Graben rutsche. Aber manche Sturköpfe bleiben einfach stehen“, so Hoppe, der schon immer Müllmann werden wollte. Seine Fahrstrecke muss er sich vorher genau überlegen. Wo kann ich ranfahren? Wo lasse ich es bleiben? Wo müssen wir die Tonnen zur Not mit der Hand abholen? „Ich setzte meine Schwerpunkte und fahre die zuerst an“, sagt Mirko Hoppe. Obwohl er erst seit Kurzem bei der EGD ist, steuert er das Müllauto souverän durch enge Gassen und Kurven. „Wenn man sein Fahrzeug kennt, dann weiß man auch, wie man damit umgehen muss“, schildert Mirko Hoppe, der die meiste Zeit am Steuer des Müllautos sitzt.

Kollege René Werner ist am Dienstag für die Tonnen draußen zuständig: Deckel von Schnee befreien, kurzer Blick in die Tonne und dann über den Schnee an den Mülllaster ziehen. Ohne dicke Mütze, Jacke und lange Unterhosen geht das nicht. Denn trotz Bewegung bleibt es draußen kalt. Stehen auf einer Straße viele Tonnen, bleibt der Müllwerker gleich auf dem Tritt hinten am Fahrzeug stehen. „Man muss durch das Eis bisschen aufpassen, aber sonst steht man sicher“, sagt Werner. Nur den Kopf darf der Döbelner nicht zu weit zur Seite rausstrecken. Ärgerlich für den Lader ist es, wenn die Tonnen so voll sind, dass die Behälter offen stehen. Dann kann es passieren, dass beim Entladen ein Teil des Mülls auf der Straße landet. Den wieder aufzulesen, raubt nur Zeit. Und die haben die Müllmänner gerade jetzt nicht.