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Auf Schnäppchentour im Knast

Zum ersten Mal veranstaltet die JVA Zeithain einen Ostermarkt. Sie verfolgt damit gleich mehrere Ziele.

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© Andreas Weihs

Von Stefan Lehmann

Zeithain. Diesmal hat Benno Kretzschmar Glück. Nachdem zum Weihnachtsmarkt im Dezember der eisige Wind manchen Besucher frösteln ließ, scheint am Freitagmittag die Sonne angenehm warm auf den Platz vor der JVA in Zeithain. Das sorgt für Besucher, bemerkt der JVA-Sprecher. „So kurz nach Beginn des Ostermarktes hätte ich mit weniger Leuten gerechnet.“ Tatsächlich schlendern schon gut 40 Besucher über den asphaltierten Hof und schauen sich an den Ständen des Ostermarkts um.

Es ist das erste Mal überhaupt, dass das Gefängnis ein kleines Osterfest ausrichtet. Neben kleinen Snacks gibt es vor allem Handwerkliches zu begutachten und zu kaufen: Schneidebretter, Deko-Artikel aus Holz, Ostergestecke und Malerei. Je nach Stand wurden sie in Torgau, Zeithain oder einer anderen JVA in Sachsen gefertigt. Weil die Produktionsbedingungen im Gefängnis etwas andere seien als in der freien Wirtschaft, seien auch die Preise häufig etwas niedriger, sagt Benno Kretzschmar. „Auch wenn wir natürlich niemandem da draußen Konkurrenz machen wollen“, schiebt er hinterher. Trotzdem ist der Markt auch eine ideale Gelegenheit, um kurz vor Ostern eine kleine Schnäppchentour zu machen.

Ganz ähnlich hat es wohl auch das Ehepaar Weber gesehen, das aus Wülknitz hergekommen ist. Zwei kleine Teelichter aus dem Zeithainer Kunstarbeitsbetrieb haben sie auf ihrem Weg über den kleinen Markt gekauft. „Wir wollten uns das schon länger anschauen, heute sind wir dann spontan losgefahren“, sagen sie. Zum nächsten Weihnachtsmarkt im Winter wollen sie wiederkommen.

Mit Aktionen wie dem Ostermarkt will die JVA vor allem eines erreichen: Ein gutes Miteinander zu den Anwohnern. „Es ist bei uns der Gedanke gereift, dass wir uns transparenter machen müssen“, erklärt Sprecher Benno Kretzschmar. „Die Leute sollen wissen, was hier passiert.“ Es ist ihm deshalb wichtig, dass die Anwohner, die vorbeischauen, auch mit den Gefängnis-Mitarbeitern ins Gespräch kommen können. Auch über das Berufsbild Vollzugsbeamter wird an einem Stand informiert. Ein „Wir gegen Die“ in der Nachbarschaft, das will Kretzschmar um jeden Preis vermeiden; sich in der gelockerten Atmosphäre des Marktes zu präsentieren, das sei eben ein guter Weg dorthin.

Zum Weihnachtsmarkt waren sogar einige der Gefangenen dabei gewesen, das ist diesmal nicht der Fall. Die Einladung gilt an diesem Tag nur den Menschen von draußen. Trotzdem werden sich wohl auch einige Gefangene wieder 300 Besucher wünschen wie zum Weihnachtsmarkt. Denn der Verkauf vor dem Gebäude macht noch aus einem anderen Grund Sinn, erklärt der Justizbeamte René Hofmann und zeigt auf die Ostergestecke, die an einem der Stände feilgeboten werden: „Für viele Häftlinge ist es eine ganz neue Erfahrung, dass etwas, das sie geschaffen haben, gekauft wird.“ Diese Anerkennung und Wertschätzung sei wichtig und stärke das Selbstbewusstsein. Ganz zu schweigen davon, dass die Gefangenen bei der Arbeit im Garten oder im Kunstarbeitsbetrieb der JVA auch lernen, Verantwortung zu übernehmen und eine gewisse Struktur in ihren Tag hineinbekommen.