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Auf Patrouille

Der Puschkinplatz wird nach einer Schlägerei unter Asylbewerbern stärker kontrolliert. Die SZ war dabei.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Es dämmert in Riesa. Punkt 17 Uhr haben Gunther Höhne und Lutz Härtner ihren Streifengang in Riesa begonnen. Nachdem sie die Hauptstraße abgeschritten haben, sind der Polizeihauptmeister und der städtische Vollzugsangestellte nun am Puschkinplatz angekommen. Der steht seit zweieinhalb Wochen besonders im Fokus der Ordnungskräfte: Eine Schlägerei mit zwei Schwerverletzten unter Asylbewerbern hatte in der Stadt für Unruhe gesorgt. In den sozialen Netzwerken wurde gar ein „Bautzen 2.0“ gefordert. Frauen gaben an, sich abends nicht mehr auf den Platz zu trauen. Andere wiesen auf pöbelnde einheimische Trinker hin.

Doch an diesem Dienstagabend sorgt ein Radler für den ersten Zwischenfall. Er kommt vor der Deutschen Bank zügig den Radweg entlang gefahren – leider in die falsche Richtung, direkt auf die Uniformierten zu. Gunther Höhne kann das nicht durchgehen lassen und stoppt den Mann. „Ja, ist schon gut“, entgegnet der Radler und schiebt sein Mountainbike auf die andere Straßenseite. Auch die Männer in Blau gehen hinüber zum Puschkinplatz. Zwischen Kiosk und Dönerladen betreten sie den Park. Anders als um die Zeit üblich, sind die Sitzbänke rechts und links verwaist. „Kein Wunder bei dem Wetter“, sagt Günther Höhne. Es nieselt. Das Thermometer zeigt acht Grad. Kühlschranktemperatur. Noch vor Kurzem war an dieser Stelle abends kaum ein Sitzplatz zu bekommen. „Die Bänke links werden gern von Asylbewerbern genutzt, die Bänke rechts von der Trinkerklientel“, sagt der Polizist.

Im Moment findet sich ein einzelner Schwarzer, der an einem Baumstamm stehend Schutz vor dem Regen sucht. Er trägt Kapuze, Kopfhörer, ein Smartphone in der Hand. Das wird sich in der nächsten Stunde auch nicht ändern. „Hier gibt es kostenloses W-Lan“, sagt der Beamte. Das sei ein Hauptgrund, warum der Puschkinplatz in den vergangenen Monaten zu einem Treffpunkt junger Asylbewerber geworden ist.

Außerdem liege der Park perfekt: Wer von den Asylbewerberunterkünften am Bahnhof oder Am Birkenwäldchen in die Stadt läuft, kommt hier vorbei – auf halbem Weg zum Döner, zur Shisha-Bar, dem Casablanca. Aus der Erfahrung des Bürgerpolizisten alles beliebte Treffpunkte.

Das sei aber auch kein Problem, sagt er, während die kleine Patrouille ihre Schritte zum Zentrum des Puschkinplatzes lenkt. Von der aufsehenerregenden Schlägerei abgesehen gelte der Puschkinplatz überhaupt nicht als Kriminalitätsschwerpunkt. Was es hin und wieder gebe, sei ein Verstoß gegen die Polizeiverordnung, die Lutz Härtner zum Beweis aus seiner Gürteltasche zieht: Laut Paragraf 3 ist der Alkoholkonsum auf dem Puschkinplatz Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und von 20 bis 24 Uhr verboten. Die einheimische Klientel weiß das längst und versteckt seine Bierflasche im Stoffbeutel, wenn die Ordnungskräfte vorbei kommen. Und für Ortsfremde hat die Stadt jetzt an den Zugängen Schilder angebracht, die durchgestrichene Wein- und Bierflaschen zeigen. Jetzt hat sich ein neuer Asylbewerber auf den Platz gesellt, in der einen Hand das Smartphone, in der anderen eine Flasche Freiberger. Ein kurzer Blick auf die Uhr: Mittlerweile ist es zehn nach sechs. Erlaubte Trinkzeit im Puschkinpark. „Im Regelfall ist es hier ruhig“, sagt Lutz Härtner. Bei ihren Kontrollen stoßen der Mann vom Bürgeramt und seine Kollegen vor allem auf Falschparker, manchmal auch auf hinterlassene Dreckecken. Die werden gemeldet und von der städtischen Tochtergesellschaft AGV beräumt. Leere Bierflaschen allerdings lägen nie rum. „Die Trinker nehmen die wieder mit. Das sind immerhin acht Cent“, sagt Gunther Höhne.

Mittlerweile ist das Duo am Spielplatz mit der Katzenstatue angekommen. Ein paar Graffiti fallen auf, sonst nichts. „Tagsüber wird der Platz häufig von Schulkindern genutzt. Auch da gibt es keine Probleme“, sagt der Beamte. Aber was ist mit Drogenhandel am Puschkinplatz? Davon sei der Polizei nichts bekannt. Es sei einfach zu wenig los, als dass Dealer unbemerkt zwischen einer Parkbank und einem Drogenversteck hin- und herlaufen könnten. „Wir kontrollieren hier zu verschiedensten Tageszeiten. Bis jetzt wurden nur Leute mit kleinsten Mengen festgestellt, die gerade mal für den Eigenkonsum reichen.“ Der eigentliche Drogenhandel spiele sich in Riesa in den Wohnungen ab, nicht auf dem Puschkinplatz.

Stattdessen erregt jetzt ein anderes Delikt die Aufmerksamkeit der beiden Männer: Drei einheimische Jugendliche lümmeln auf der Lehne einer Parkbank, die Füße auf der Sitzfläche. „Kommt runter da, andere Leute wollen sich da vielleicht hinsetzen“, sagt der Beamte. „Ok, Chef“, kommt es zurück – grinsend stellen sich die Jugendlichen hin. Heute reicht eine Ermahnung, bei renitenten Bank-Verschmutzern schreibt Höhne auch mal eine Anzeige. Mittlerweile ist es dunkler und kälter geworden. Bis zum Ende der Streife um 21 Uhr bleibt alles ruhig am Puschkinpark.