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Auf Monsterjagd in Riesa

Das Pokémon-Fieber hat auch die Riesaer erfasst. SZ-Praktikantin Luisa Selle ging auf Spurensuche.

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© Sebastian Schultz

Von Luisa Selle

Riesa. Endlich hat’s geklappt: Ich habe ein Zubat gefunden, eine lila Fledermaus mit großen Ohren. Seit zehn Minuten bin ich schon in der Riesaer Innenstadt unterwegs. Dabei muss ich besonders gut aufpassen. Während ich wie gelähmt auf mein Handydisplay starre und nach einem Zubat suche, stoße ich fast mit einer, mit Einkaufstaschen bepackten Frau zusammen. Doch als plötzlich mein Handy vibriert und die Hauptstraße auf meinem Bildschirm erscheint, muss ich mich besonders gut konzentrieren. Die kleine lila Fledermaus flattert wild über meinen Bildschirm und setzt sich schließlich auf eine freie Bank am Kino. Das ist meine Chance. Nur ein einziger Wisch über den Bildschirm könnte genügen, um das wilde Zubat zu fangen.

Die kleinen bunten Monster sind überall. Bereits auf meinem Weg aus der SZ-Redaktion an der Hauptstraße springt mir im Treppenhaus ein Hornliu vor die Füße. Doch es gibt keinen Grund zur Sorge. Nutzer einer Handy-App auf der ganzen Welt haben es sich zur Mission gemacht, die Monster, welche als Pokémons bezeichnet werden zu jagen, um sie dann zu trainieren. Ihr Name setzt sich aus den Kurzformen der englischen Wörter Pocket für Tasche und Monster zusammen. Um Teil der Pokémon-Gemeinde zu werden, muss man sich die Handy-App „Pokémon-Go“ herunterladen.

Bei meiner Tour über die Riesaer Hauptstraße brauche ich aber zunächst erst einmal etwas Übung. Die Pokébälle, die mir als Munition beim Schießen auf mein Zubat dienen, sind schnell aufgebraucht. Doch zum Glück befindet sich direkt neben mir am Kino ein Brunnen, der in der Pokémon-Welt als Pokéstop dient. Dort kann ich mit nur einem Klick neue Munition sammeln. Doch in der Zwischenzeit ist der wilde Zubat wieder verschwunden. Trotzdem gebe ich nicht auf und meine Jagd geht weiter. Laut dem Stadtplan auf meinem Handy versteckt sich ganz in meiner Nähe ein kleiner Voltorb – irgendwo in Richtung Bahnhof. Den muss ich haben.

Auf meinem Weg an der Elbgalerie vorbei treffe ich auf Melanie und Chris. Die Auszubildenden schlendern bereits seit 45 Minuten über die Hauptstraße. „Ich habe jetzt schon 49 Pokémon gefangen“, erzählt der 25-Jährige und verrät nebenbei einen Pokémon-Geheimtipp: Auf dem Puschkinplatz sollen Monsterjäger das meiste Glück haben. Schnell mache ich mich auf den Weg in den Park.

Doch dort habe ich wenig Erfolg. Also zurück auf die Hauptstraße. Vor dem Optiker Nathan gelingt es mir aber endlich, ein Zubat zu fangen. Auf dem Boulevard scheint so einiges los zu sein. Schließlich befinden sich dort sechs Pokéstops, bei denen auch Vanessa neue Munition sammelt. Die 17-jährige Schülerin aus Elsterwerda hat ihre Einkaufstour in Riesa extra verlängert, um auf Pokémonjagd zu gehen.

Vanessa ist schon seit Jahren ein echter Pokémon-Fan. Mit dem unter anderen vom japanischen Computerspiel-Riesen Nintendo entwickelten Spiel ging sie früher schon Zuhause mit ihrer Spielekonsole auf Monsterjagd. Doch die Version für das Smartphone gefällt der Schülerin viel besser. „So kommt man endlich mal ein bisschen raus“, so Vanessa. Die 17-Jährige freut sich schon auf ihren Urlaub in München. „Dort gibt es ganz andere Pokémons als hier. Meine Sammlung kann ich dann endlich erweitern.“ – Mein nächstes Ziel ist das Riesaer Rathaus. Dabei gelingt es mir, vor dem Drogeriemarkt dm ein Rattfratz zu fangen. Dort befindet sich auch eine Pokémonarena, wo die Spieler ihre Pokémons in den Kampf schicken können.

Und auch mein Handy gibt mir weitere Zeichen: Ein grüner Kreis auf dem Bildschirm zeigt mir, dass sich ganz in meiner Nähe ein Evoli versteckt. Das niedliche Monster mit dem buschigen Schwanz wartet anscheinend schon auf mich. Lustig blickt es mir auf dem Fußweg entgegen. Mit einem Klick ist das Pokémon gefangen.

Die bunten Monster werden von einer Software mehr oder weniger zufällig verteilt. Jedoch stehen dabei zentrale Orte im Mittelpunkt. Mittlerweile gibt es weltweite Plattformen, auf denen Pokémonjäger ihre Mitspieler über Pokémons in der Nähe informieren können. Auch in Riesa hat sich auf Facebook ein Pokémon-Forum gebildet. Dort wird gemeinsam auf Monsterjagd gegangen. Nachdem ich den Pokéstop am Kugelbrunnen vor dem Rathaus abgeklappert habe, erscheint plötzlich ein riesiges gelbes Monster auf meinem Bildschirm, fünf Pokébälle brauche ich, um das hartnäckige Hypno zu fangen. Doch der nächste Pokéstop ist nicht weit entfernt. Nachdem ich mir am Polizeirevier neue Munition besorgt habe, mache ich mich zurück auf den Weg in die Redaktion. Dort angekommen wartet schon das nächste Pokémon auf mich. Auf dem Fensterbrett begrüßt mich ein kleines lila Monster, was an eine Ratte erinnert.

Immer wieder vibriert mein Handy. Im Minutentakt tauchen neue Pokémons auf. Allerdings leidet mein Akku schon die ganze Zeit unter der Pokémonjagd. Ich werde nun vorerst nicht mehr nach den Monstern suchen, denn gerade an warmen Sommertagen gibt es für mich doch viel bessere Beschäftigungen.