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Auf Monsterjagd im Zwinger

Viele Dresdner sind im Pokémon-Fieber. Ein Spieler der ersten Stunde erklärt, warum.

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© René Meinig

Von Sarah Grundmann

Am Zwinger, im Großen Garten, auf dem Postplatz: Überall sammeln sich Menschengruppen, die konzentriert auf ihr Handy schauen. Der Pokémon-Go-Hype macht auch vor Dresden nicht halt. Bereits in den 1990er-Jahren waren viele den kleinen Fantasiewesen – den Pokémon – verfallen. Damals erschien das erste japanische Videospiel, später folgten eine Fernsehserie, Sammelkarten und sogar diverse Kinofilme. Seit zwei Wochen gibt es das neue Spiel fürs Handy auch in Deutschland.

Was begeistert daran so sehr?

Der Dresdner Ramzi Krüger ist Spieler der ersten Stunde, sogar ein neues Smartphone hat er sich dafür zugelegt. Der heute 28-Jährige war auch bei der ersten Hype-Welle vor etwa 17 Jahren begeistert am Sammeln und Spielen. Ist es also Nostalgie, die ihn zum Spielen bringt? Nein, meint Krüger. Vielmehr sei es die frische Luft und die Bewegung, die ihn begeistert. Außerdem gebe es ein großes Gemeinschaftsgefühl unter den Spielern. Man spiele nicht gegen-, sondern miteinander und helfe sich und komme ins Gespräch. Denn alle haben dasselbe Ziel.

Worum geht es in dem Spiel?

Pokémon sammeln. Sie tauchen an diversen festen Standorten im ganzen Stadtgebiet für unterschiedlich lange Zeit auf, eingefangen werden sie dann mit einem sogenannten Pokéball. 150 der Fantasiewesen gibt es in dem Spiel zu ergattern, doch nicht alle sind in der Landeshauptstadt vorhanden. „Mancher reist deswegen extra in andere Länder“, sagt der Vater einer dreijährigen Tochter. So weit geht seine Sammelleidenschaft zwar nicht. Trotzdem hat er in den vergangenen zwei Wochen viel Zeit mit dem Spiel verbracht.

„Die letzten Tage bin ich immer vier bis fünf Stunden mit dem Fahrrad durch die Stadt gefahren“, sagt Krüger. Auch zu Fuß oder in der Straßenbahn lassen sich die Monster aber gut schnappen. Über 100 verschiedene Pokémon hat Krüger so in den zwei Wochen zusammenbekommen und erntet dafür bei seiner Monsterjagd im Zwinger anerkennendes Nicken anderer Spieler. Davon gibt es reichlich: Allein in der allgemeinen Facebook-Gruppe „Pokémon Go Dresden“ sind über 200 Mitglieder. Im Zwinger tummeln sich besonders viele.

Wo spielen besonders viele? Warum?

An manchen Orten sind mehr Spieler als an anderen. Das liegt daran, dass es besondere Anziehungspunkte gibt: An den sogenannten Pokéstops gibt es kostenlos Materialien, die beim Einfangen und Verbessern der Monster helfen. Solche befinden sich zum Beispiel im Zwinger oder auf dem Gelände der Uni am Zelleschen Weg.

Auch in der Nähe von Arenen tummeln sich meist viele Spieler. Dort können die drei Teams – rot, gelb und blau – ihre Pokémon gegeneinander kämpfen lassen. Das Stadion erleuchtet anschließend in der Farbe des Eroberers, die Mitglieder des entsprechenden Teams dürfen je ein Wesen platzieren und bekommen dafür auch noch Geld. Das kann im Shop wiederum für Material verprasst werden. Auch eine solche Arena befindet sich im Zwinger.

Voll wird es auch dort, wo sogenannte Lockmodule aktiviert sind. Die können für eine bestimmte Zeit freigeschaltet werden, dann tauchen an dieser Stelle besonders viele Wesen auf. Das hat auch so manches Unternehmen für sich entdeckt und wirbt mit der Freischaltung von Lockmodulen.

Was bringt das Spiel für Vorteile?

Für die Wirtschaft ist das Pokémon-Fieber nicht unbedingt schlecht: Handy-Halterungen fürs Fahrrad und sogenannte Power-Banks – externe Ladegeräte – sind in Technikläden gerade besonders gefragt, wie ein Saturn-Mitarbeiter verrät. Denn die Monsterjagd frisst reichlich Akku. „Mit voll geladenem Handy kann man maximal drei bis vier Stunden spielen“, so Krüger.

Auch für die Gastronomie birgt das Spiel eine Chance. So werden Lokale, die sich in der Nähe von Stops und Arenen befinden, unter den Spielern bevorzugt. Auf Facebook kursiert dazu sogar eine Liste von Restaurants und Stops in deren Nähe. Dass sie dort vermerkt sind, haben die Mitarbeiter des Café Continental in der Görlitzer Straße bereits an einer gestiegenen Anzahl von Gästen gemerkt, wie Inhaberin Claudia Weidel auf SZ-Anfrage mitteilt.

Gibt es auch Probleme?

Nein. Zumindest sagt das die Stadt. Dort seien keine Probleme mit Müll oder Lärm bekannt. Vielleicht liegt das auch daran, dass in den sozialen Netzwerken schon zu gemeinsamen Müllsammelaktionen aufgerufen wird und Säcke an den besonders beliebten Orten bereitliegen. Dementsprechend haben auch die Institutionen kein Problem mit den Spielern. „Nun, die Menschen sind in unseren Anlagen unterwegs, das ist grundsätzlich gut“, sagt Uli Kretzschmar. Er ist Sprecher des Schlösserlandes, das auch für den Zwinger zuständig ist. Auch Martin Nagel, Sprecher des Militärhistorischen Museums, sieht den Hype mit Humor. „Ich habe bei uns selber schon Pokémon gefangen“, sagt er und lacht. Übrigens: Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) spielt (noch) kein Pokémon.