Von Mandy Schaks
Osterzgebirge. Im Himalaya war Rolf Friebel noch nie. „Den kenne ich nur aus der Zeitung“, sagt der Altenberger und lacht. Denn er hat ja die 14 Achttausender vor der Tür. Und die schafft auch er, sogar mühelos, obwohl die Gesundheit nicht mehr so will, wie er es gerne hätte. Aber gerade deshalb schnürt er immer wieder die Wanderstiefel und besteigt die Gipfel des Osterzgebirges, nimmt dort die sächsischen Achttausender in Angriff. Kein Witz.
Dahinter steckt eine ziemlich verrückte Idee, auf die der Dresdner Alpinist Frank Meutzner Anfang des neuen Jahrtausends gekommen ist. Das ist der Extrembergsteiger, der auf den Dächern der Welt unterwegs ist und natürlich auch in der wohl faszinierendsten Hochgebirgsregion in Asien: im Himalaya. Das ist der Frank Meutzner, der 2007 Deutschlands ersten und einzigen 24-Stunden-Skilanglauf erfunden und nach Zinnwald gebracht hat. Er sucht immer wieder neue Herausforderungen, auch nach Touren, die mit kleinem Geldbeutel, bei jedem Wetter und von jedermann zu schaffen sind. Umso reizvoller, wenn sie mit einer 8 wie die großen Gipfel dieser Welt beginnen. „Warum geht das nicht in der Heimat?“, fragte er sich. Um das Erlebnis, mal auf einem Achttausender zu stehen, in Sachsen möglich zu machen, misst Meutzner die Berge im Osterzgebirge einfach mal nicht in Metern, sondern in Dezimetern.
Das MDR-Bergsportmagazin Biwak nahm den Gedanken auf, und das Osterzgebirge ist seit Mitte der 2000er-Jahre um eine neue Wandertour reicher: die 14 Achttausender. Darum entstand ein regelrechter Hype mit Stempelstellen. Sogar eine eigene Internetseite haben die Gipfel rund um Altenberg bekommen, denen Meutzner immer auch einen großen asiatischen Bruder aus dem Himalaya zum Vergleich gegenübergestellt hat. Eine Kuppe im Osterzgebirge war zunächst sogar so unscheinbar, das sie am Anfang nicht einmal einen Namen hatte und bis heute auf der Stempelkarte als „Unbenannte Höhe“ geführt wird. Aber sie schafft es auch über die 8 000-Dezimeter-Marke und heißt inzwischen „Wüste Höhe“.
Hier wird mit Gästeführern gewandert
Doch im Laufe der Jahre geriet die Tour etwas in Vergessenheit. Das fand nicht nur das Tourist-Info-Büro in Altenberg schade, sondern auch Rolf Friebel. Er hat früher viel Sport gemacht, war von 1972 bis 1977 Biathlet, blieb nach seiner aktiven Laufbahn seinen Kameraden bei der SG Dynamo Zinnwald treu und bekochte die Spitzenathleten. „Ich habe sie sehr gut versorgt“, erzählt der heute 59-Jährige. Bei ihm speisten Olympia- und WM-Medaillengewinner. Später kochte er im Hotel Lugsteinhof in Zinnwald. Doch dann bekam er gesundheitliche Probleme, sodass er nicht mehr arbeiten konnte. Doch Rolf Friebel ließ sich nicht unterkriegen. „Ich will mal 100 werden, da muss man etwas tun“, sagt er und entdeckte das Wandern für sich. Dabei spricht er vom Doktor Wald. „Beim Wandern ist der Kopf frei, man kann abschalten, und Bewegung tut dem Körper gut.“ – „Warum sollte er auf seinen Touren dann nicht auch andere Leute mitnehmen und auch ihnen Gutes tun?“, fragte er sich vor etwa drei Jahren.
So führt er Gäste natürlich zu den Anlagen des Biathlonsportes. Dann kam er auf die Idee, wieder mehr aus der Achttausender-Tour zu machen. Damit die insgesamt rund 60 Kilometer lange Strecke gut zu bewältigen ist, teilte er sie in drei Etappen. Die Teilnehmer können an einem Tag so vier bis fünf Achttausender besteigen. Das Tourist-Info-Büro erneuerte im Vorjahr die Stempelstellen und will die Himalaya-Tour im Osterzgebirge wieder pushen. Denn Wandern wird bei Gästen immer beliebter. Mai, September und Oktober gehören neben der Wintersaison inzwischen zu den Monaten, in denen die meisten Urlauber kommen. Deshalb darf zu den Wanderwochen, die im Frühjahr, Herbst und neuerdings auch im Winter stattfinden, die Achttausender-Runde nicht mehr fehlen. Wer alle Achttausender abgewandert hat und im Tourist-Info-Büro seine ausgefüllte Stempelkarte vorlegt, bekommt schon jetzt ein T-Shirt zur Erinnerung. „Wir wollen daraus aber noch mehr machen“, sagt Tourismuschefin Carolin Krupp, „und ein richtiges Starterpaket entwickeln.“ Das soll die Wanderer dann auch mit Kartenmaterial etc. ausrüsten.
Die erste Tour hat Rolf Friebel zu den Frühjahrswanderwochen mit Gästen in Angriff genommen. Jetzt zur Herbstwanderwoche, die an diesem Sonnabend beginnt, steht die zweite Etappe im Programm. Am kommenden Dienstag geht es von Holzhau zur Steinkuppe, Kannelberg, Schickelshöhe bis zur Stephanshöhe nach Schellerhau. Wer noch Kraft hat, kann mit ihm weiter über den Pöbelknochen bis nach Altenberg wandern. „Die Tour ist anspruchsvoll“, sagt Rolf Friebel. Dafür gibt es auch eine Menge zu sehen und von dem Wanderführer zu erfahren. „Wir durchwandern mehrere Täler – das Muldental, das Tal der Wilden Weißeritz und das Pöbeltal“, zählt er auf. „Den Leuten gefällt am meisten die Landschaft hier“, hat Rolf Friebel auf seinen Touren erfahren. „Die Bergwiesen, die Gipfel mit schönem Ausblick, da sind sie begeistert.“ Und er freut sich, seine schöne Heimat zeigen zu können. Am meisten, wenn dann auch Einheimische sagen: „Mensch, das habe ich noch gar nicht gewusst.“
Mehr zu den Touren gibts im auf achttausender-im-erzgebirge.de