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Auf Esel-Tour

Tim Blaube führt zwölf Wanderer von Bautzen nach Tauscha. Das Tempo wird von zwei Grautieren vorgegeben.

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© René Plaul

Von Nadine Franke

Panschwitz-Kuckau. Auf den ersten Blick könnte man sie für gewöhnliche Wanderer halten. Als die Gruppe um Tim Blaube nach und nach durch den Torbogen des St. Mariensternklosters in Panschwitz-Kuckau kommt, biegen aber plötzlich auch zwei Esel um die Ecke. Voll beladen mit allem möglichen Gepäck. Die Wanderer führen sie bis zu den Bäumen im Klosterhof, wo sie angebunden werden und ihnen ihre Last abgenommen wird. Dann bekommen sie ihr wohlverdientes Heu zur Mittagspause, denn sie haben schon eine ordentliche Strecke hinter sich. Nun, ganz in Ruhe fressen können sie dann doch nicht, denn die Kinder aus der Gruppe überschütten sie gleich wieder mit Streicheleinheiten.

Das Kloster ist ein Zwischenstopp auf dem Weg zum Krabatstein. Auch der Leiter der Wanderung kann eine Pause gebrauchen. Tim Blaube ist nicht nur für die Esel, sondern auch für das Wohl seiner Mitwanderer verantwortlich. „Die Eselwanderung ist schon lange ein Traum von mir“, sagt er. Blaube ist Naturpädagoge und sehr engagiert in der Natur. Die Eselwanderung findet in diesem Jahr zum ersten Mal statt, die Plätze in der Gruppe sind alle vergeben. Blaube wird von Kindern, aber auch Erwachsenen begleitet, welche alle fasziniert von den Erlebnissen mit den Tieren sind. Die Idee kam dem Tierliebhaber vor vier Jahren, als er selbst auf dem Pilgerpfad unterwegs war. „Da dachte ich mir, wenn jetzt noch Esel dabei wären, wäre es genial.“ Für ihn ist es nicht nur wichtig, durch die Natur zu wandern, sondern auch der Kontakt zwischen Mensch und Tier muss wieder bedeutungsvoller werden.

Wanderer lernen von Eseln

Schon in dieser kurzer Zeit hat die Gruppe viel Neues über Esel gelernt. Tim Blaube: „Esel sind sehr aufmerksame Tiere und sehen alles. Sogar um Gullys gehen sie herum. Sie sehen, was dem Menschen entgeht. Wenn der Esel stehen bleibt, wissen wir, dass irgendetwas los ist.“ So rührten sie sich nicht mehr von dem Feldweg, als der Verkehr wegen eines Unfall über den Wanderweg umgeleitet werden musste. Als dann auch noch ein Traktor dazu kam, scheute ein Esel und das Gepäck fiel herunter. Die Motorgeräusche waren zu laut für die Tiere und erst als auch der letzte ungeduldige Autofahrer verstand, dass die Tiere sich bei diesem Lärm nicht von der Stelle rührten, wurden alle Motoren abgestellt und die Wanderung konnte weitergehen.

Die Esel sind eine große Herausforderung für die Gruppe, denn sie ist in dieser Woche ganz allein für deren Wohlbefinden zuständig. Die beiden Steppentiere kommen aus der Eseley aus Meißen, doch ihre Besitzerin Christina Damm konnte die Wanderer kurzfristig doch nicht begleiten. Jetzt müssen die Wanderer von den Eseln lernen, wie sie richtig mit ihnen umgehen. Die Kinder übernehmen gern das Füttern und Striegeln, doch wenn es an das Bepacken geht, stößt auch manch Erwachsener an seine Grenze. Es muss nur ein leichtes Ungleichgewicht herrschen und schon rutschen die Körbe von den Tieren.

Tolle Esel-Selfies für die Freunde

Doch die Esel sind nicht nur Gepäckträger, sondern sie sind in diesen Tagen die Lehrer der Wanderer. Wenn man mit Eseln wandert, braucht es viel Geduld und Gelassenheit. Durch die Tiere kann die Gruppe lernen, ruhiger zu werden und nicht mehr von allem gestresst zu sein. Denn die Tiere nehmen die Gefühle ihrer Weggefährten sehr deutlich wahr. Tim Blaube sagt: „Ich nenne es Entschleunigung. Jeder hat einen stressigen Alltag, da muss man manchmal einen Gang runterschalten. Dabei helfen die Esel.“ Die Tiere lassen sich nicht hetzen, sie gehen in ihrem eigenen Tempo und die Wanderer müssen ihre Schritte an die Tiere anpassen. Deswegen umfasst die gesamte Strecke der Wandertour gerade mal 50 Kilometer, obwohl die Gruppe eine ganze Woche unterwegs ist. Die Tour begann in Bautzen und führt die Wanderer bis nach Tauscha. Acht Tage und sieben Nächte sind sie unterwegs, wobei sie drei Nächte in Pilgerunterkünften verbringen. In den Unterkünften sucht sich jeder selbst sein Lager, die einen schlafen draußen, die anderen im Stroh und ein paar genießen auch die Gemütlichkeit eines Betts.

Die Dynamik in der Gruppe ist gut, die Kinder und die Esel lockern die Stimmung zwischen den Fremden, die sich schrittweise auf den Wanderwegen kennenlernen. André Rog ist ein langjähriger Freund von Tim Blaube und gemeinsam mit seiner Tochter begleitet er die Tour. „Tim spricht schon seit Jahren von dieser Eselwanderung, ich hielt es immer für eine Spinnerei. Und jetzt steh ich hier und bin begeistert“, sagt André Rog aus Dresden. Auch seine Tochter Charlotte: „Wenn ich nach Hause komme, kann ich meinen Freunden meine Esel-Selfies zeigen!“ Für mehr Worte hat sie dann auch keine Zeit. Die Esel rufen.