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Auf einer Mauer mit Erich Kästner

31 indische Schüler lernten vier Wochen lang in Dresden Deutsch. Das war Sprachreise und Ferienlager in einem.

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© Christian Juppe

Von Henry Berndt

Dresden. Da staunt sie ganz schön. Zum ersten Mal ist die 14-jährige Tripti Rana nach Deutschland gekommen. „Es gibt nicht so viele Menschen hier“, sagt sie nach fast vier Wochen in Dresden. „Es gibt keine Staus, es ist so ruhig und alles ist sehr sauber.“ Zu Hause in Delhi sei das ganz anders. Überhaupt ist das hier eine andere Welt. Eine Welt mit Fußgängerampeln, Mülltrennung und Schokolade. Und mit Essen, das eindeutig zu wenig gewürzt ist.

Tripti ist eines von 31 indischen Kindern, die bei einem Deutsch-Wettbewerb eine Sprachreise gewonnen haben. Mehr als 400 Bewerber hatten für den Wettbewerb aufwendige Videos in deutscher Sprache produziert. Die Sieger stammen aus dem ganzen Land und kannten einander vorher nicht. Da wird so eine Sprachreise auch ein bisschen zum Ferienlager.

Dahinter steckt das Projekt „Start up with German“, eine Kooperation des indischen Staates mit dem deutschen Bundeskanzleramt. Als Höhepunkt ihrer Reise durften die Schüler neulich in Berlin sogar die Bundeskanzlerin treffen. „Die stärkste Frau der Welt!“, hieß es da. „Ein Vorbild für alle Mädchen!“ und: „Sie ist so intelligent!“

Die meiste Zeit aber verbrachten sie in Dresden, begleitet und versorgt vom Goethe-Institut. Untergekommen sind sie im Gästehaus der Handwerkskammer. Auch die zwei indischen Deutschlehrerinnen, die die kleinen Touristen rund um die Uhr betreuten, wohnten hier. Natasha (48) und Anita (31) gaben auch den täglichen Deutschunterricht. Auch sie waren Gewinner und dürfen sich zu den besten indischen Deutschlehrern zählen.

Natürlich durfte auf einer Sprachreise auch das Kulturprogramm nicht fehlen. Die 14-jährige Mishtee kommt aus Bombay und war schon zum zweiten Mal in Deutschland. Sie war begeistert von den historischen Gebäuden und genoss die Zeit hier, wenn es mal nicht „chaotisch und hektisch“ zuging wie zu Hause. Besonders die Frauenkirche hatte es den Kindern angetan. „Die schönste Kirche, die ich je gesehen habe“, schrieb eines von ihnen in den Blog auf der Internetseite des Projektes.

Am Donnerstag stand für die Kinder ein Besuch bei Erich Kästner an. Im Museum am Albertplatz erfuhren sie, wie der Schriftsteller in Dresden lebte und dass er damals gern auf einer Mauer saß – so wie heute als Bronzefigur. Da leisteten ihm die Schüler doch gern gleich mal Gesellschaft. Schon einen Tag zuvor hatten sie gemeinsam den Film „Emil und die Detektive“ angeschaut.

Kurz vor ihrer Abreise am Wochenende stand für die indischen Schüler fest, dass sie viele tolle Eindrücke mit nach Hause nehmen werden. „Dieser Aufenthalt ist schöner, als ich je geträumt habe“, schrieb Tripti Rana in den Blog des Projektes.

Wie gut, dass sie jetzt auch noch um einiges besser Deutsch sprechen können und jede Menge neue Freunde gefunden haben. Ein bisschen Ferienlager muss auch sein.

www.startupwithgerman.com