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„Auf die Sparkasse zugehen“

Gekündigte Sparverträge haben jetzt für viel Wirbel gesorgt. Verbraucherschützer sagen, was zu tun ist.

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© PR

Meißen. Alle Plätze waren besetzt. Großer Andrang hat jetzt bei den Infoabenden der Verbraucherschutzzentrale in Meißen zum Prämiensparen geherrscht. Beide Veranstaltungen waren ausgebucht. Insbesondere während der Infoveranstaltung am 9. August machten viele Verbraucher ihrem Ärger über Kündigungen der Sparkasse Luft, wie auch der anwesende Vertreter der Sparkasse erfahren musste. Das von den Verbraucherschützern ausgehandelte Kompromissangebot wurde überwiegend positiv aufgenommen. Beraterin Karolin Reiber zum aktuellen Stand.

Durch die Sparkasse Meißen gekündigte Prämiensparverträge haben Ihnen in den letzten Wochen viel Arbeit gemacht. Wie funktioniert dieses Prämiensparen eigentlich?

Die Verbraucher kommen mit Verträgen zu uns, die sie in der Regel bereits weit über 15 Jahre mit der Sparkasse haben. Vereinbart war dabei die monatliche Zahlung eines festen Sparbeitrages, wobei die Spareinlage mit einem kleinen variablen Zinssatz verzinst wurde. Daneben zahlte die Sparkasse am Ende des Kalenderjahres auf die vertraglich geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres eine Prämie. Diese richtete sich nach einer Prämienstaffel, wobei die Prämie nach dem 15. Sparjahr 50 Prozent betrug. Diese Verträge wurden jetzt mit einer Frist von drei Monaten gekündigt.

Wie reagieren die Sparkassen-Kunden darauf?

Die Kündigung halten viele Verbraucher für nicht rechtens, da viele von ihnen von Verträgen ausgingen, die nur durch den Verbraucher gekündigt werden können, nicht aber vonseiten der Sparkasse. Diese Annahme resultiert einerseits aus missverständlichen Formulierungen im Sparvertrag, andererseits auf zusätzlich bei Vertragsschluss ausgehändigten Unterlagen. Darin sind oftmals Modellrechnungen enthalten, die eine mögliche Laufzeit von bis zu 25 Jahren suggerieren. In anderen Fällen erhielten Verbraucher nach einigen Jahren Kontenübersichten, die ein konkretes Fälligkeitsdatum beinhalteten. In einigen wenigen Fällen hatten die Verbraucher klare Regelungen zum Vertragsende – zumeist nach 30 Jahren.

Was rät die Verbraucherzentrale Meißen?

Zunächst ist zu prüfen, ob ein Vertrag mit fester oder ohne feste Laufzeit vorliegt. Liegen Anhaltspunkte für eine feste Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeit vor, sollte in jeden Fall der Kündigung schriftlich widersprochen, auf die Laufzeit verwiesen und auf Einhaltung des Vertrages gepocht werden. Liegen keine Anhaltspunkte für eine feste Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeit vor, dürfte die Kündigung rechtens sein. In diesen Fällen sollten die Verbraucher überlegen, ob sie das mit der Verbraucherzentrale Sachsen ausgehandelte Alternativangebot der Sparkasse annehmen möchten.

Was muss dazu getan werden?

Der Verbraucher sollte auf die Sparkasse zugehen. Laut Mitarbeitern der Sparkasse muss das Alternativangebot noch vor dem in dem Kündigungsschreiben genannten Kündigungstermin abgeschlossen werden. Trotzdem ist zu raten, nichts zu übereilen und das Angebot genau zu prüfen.

Wie sieht das Angebot der Sparkasse konkret aus?

Laut Aussagen der Sparkasse beinhaltet das Angebot einen Sparbrief mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2018 – unabhängig vom Abschlusstag. Die Einlage wird mit einem Zinssatz in Höhe von 1,4 Prozent pro Jahr verzinst. Die Festzinsanlage muss vor dem im Kündigungsschreiben genannten Kündigungstermin abgeschlossen werden und ist während der Laufzeit nicht kündbar. Entscheiden sich die Verbraucher dafür, entfällt in jeden Fall die Zahlung der anteiligen Prämie für das letzte nicht vollständig abgelaufene Sparjahr des Prämienspar-Vertrages. Über weitere Details haben wir derzeit noch keine Kenntnis, daher ist in jedem Fall zu raten, dass die Verbraucher das Angebot genau prüfen sollten, bevor sie den Abschluss tätigen. Weiterhin raten wir dazu, zunächst festzustellen, zu welchem konkreten Termin das letzte Sparjahr 2017 endet. Sollte es vor dem im Kündigungsschreiben genannten Termin liegen, erscheint es sinnvoll, das Ende des Sparjahres zunächst abzuwarten und erst dann das Angebot der Sparkasse anzunehmen. So ist gewährleistet, dass die letzte Prämie noch gezahlt wird. Im Einzelfall kann dies recht knifflig sein, wir helfen den Betroffenen Verbrauchern gern in einer persönlichen Beratung weiter.

Wie können interessierte Verbraucher überhaupt an dem Angebot teilhaben?

Ob die Sparkasse in allen Fällen auf die Verbraucher zukommt, entzieht sich unserer Kenntnis. Es erscheint daher sinnvoll, dass die Verbraucher bei Interesse an dem Produkt Eigeninitiative zeigen und selber auf die Sparkasse zugehen. Insbesondere, um die oben genannte Frist nicht zu verpassen.

Was raten Sie den Verbrauchern, die in ihren Verträgen Anhaltspunkte für eine feste Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeit sehen?

Die betroffenen Verbraucher sollten der Kündigung schriftlich widersprechen, auf die feste Laufzeit verweisen, gegebenenfalls eine Kopie der entsprechenden Unterlage beifügen und auf Einhaltung des Vertrages pochen. Laut Aussage der Sparkasse nimmt diese die Kündigungen in den Fällen zurück, in denen eine feste Laufzeit eindeutig vereinbart worden ist. Sollte die Sparkasse in strittigen Fällen die Kündigungen nicht zurücknehmen, bitten wir um eine Information, damit wir die Sache prüfen und weitere Schritte einleiten können.

Was könnte der Verbraucher dann unternehmen?

Die Verbraucher, die keine streitige Auseinandersetzung wünschen, können sich gegebenenfalls für das Alternativangebot der Sparkasse entscheiden. Verbraucher, die ihren Wunsch auf Weiterführung des Vertrages weiterverfolgen möchten, können sich zunächst an die zuständige Schlichtungsstelle wenden: Schlichtungsstelle des Sparkasse- und Giroverbandes, DSGV Charlottenstraße 47, 10117 Berlin. Die Schlichtungsstelle ist eine Anlaufstelle, die den Sachverhalt rechtlich prüft und eine Empfehlung ausspricht. Wichtig dabei zu wissen ist, dass der Schlichterspruch nicht rechtsverbindlich ist, das heißt weder der Verbraucher noch die Sparkasse sind gezwungen, der Empfehlung zu entsprechen. Da das Schlichtungsverfahren aber für den Verbraucher kostenfrei ist, stellt es dennoch eine gute Alternative zum gerichtlichen Verfahren dar.

Und was ist mit dem Weg vor Gericht?

Auch diese Möglichkeit besteht noch, allerdings sei hier unbedingt auf das damit einhergehende Prozessrisiko hingewiesen. Dieses kann je nach Falllage sehr hoch sein. Sollten Verbraucher unsicher sein, welchen Weg sie einschlagen sollten, können sie sich gerne von den Experten der Verbraucherzentrale in Rahmen einer persönlichen Beratung gegen ein Entgelt in Höhe von 15 Euro beraten lassen.

Aufgenommen von Peter Anderson.