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Auf der Suche nach Kühlung

Die Hitze prägte die Tage des offenen Weinguts am Wochenende. Der Weinskandal spielte nur eine Nebenrolle.

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© Norbert Millauer

Von Stephan Hönigschmid

Meißen. Raus aus der Sommerhitze und rein in den kühlen Weinkeller. So lautete am Wochenende beim Tag des offenen Weinguts die Devise der Besucher. Viele nutzten die Gelegenheit, um sich die Weinherstellung im Detail erklären zu lassen und dabei Fragen zur richtigen Kelterung und Vergärung loszuwerden. Allerdings gab es auch zahlreiche Genießer, die es sich einfach auf den idyllischen Außenanlagen der Weingüter gemütlich machten und in Ruhe ein Glas roten oder weißen Wein genossen.

Offene Weingüter im Elbland

Prosit. Im Weingut Rothes Gut  konnten die Besucher schon mal vom neuen Federweißen kosten.
Prosit. Im Weingut Rothes Gut konnten die Besucher schon mal vom neuen Federweißen kosten.
Das Weingut Vincenz Richter war an diesem Wochenende ebenfalls gut besucht.
Das Weingut Vincenz Richter war an diesem Wochenende ebenfalls gut besucht.
In  Gruppen wurden die Gäste durch die Keller geführt.
In Gruppen wurden die Gäste durch die Keller geführt.
Die Gellertberger Jagdhornbläser, bei denen auch die Chefin des Weingutes mitspielt , sorgten für Stimmun gim Weingut Vincenz Richter.
Die Gellertberger Jagdhornbläser, bei denen auch die Chefin des Weingutes mitspielt , sorgten für Stimmun gim Weingut Vincenz Richter.
Auch die Wein-Erlebnis-Welt der Winzergenossenschaft öffnete ihre Keller.
Auch die Wein-Erlebnis-Welt der Winzergenossenschaft öffnete ihre Keller.
Kellermeisterin Natalie Weich bot den Besuchern in der Winzergenossenschaft eine Dreier- Weinprobe an.
Kellermeisterin Natalie Weich bot den Besuchern in der Winzergenossenschaft eine Dreier- Weinprobe an.
Im Hof der Winzergenossenschaft ließen es sich die Gäste schmecken.
Im Hof der Winzergenossenschaft ließen es sich die Gäste schmecken.

„Wir sind in diesem Jahr zum zweiten Mal mit dabei, weil es uns 2015 so gut gefallen hat“, sagen Marlene und Roland Körner aus Leipzig während ihres Stopps im Sörnewitzer Weingut Schuh. Jedes Mal aufs Neue erfreuten sie sich an der Weinkultur entlang der Elbe und hätten unter anderem bereits das Weingut von Jan Ulrich in Diesbar-Seußlitz besucht.

„Wir mögen vor allem die kleinen, überschaubaren Weingüter, von denen man nicht so einfach alles im Handel kaufen kann“, sagt Marlene Körner. Unbeeindruckt zeigen sich die beiden indes vom sächsischen Weinskandal der vergangenen Monate. „Wir haben es zwar verfolgt, aber es schreckt uns nicht ab. Aus unserer Sicht ist das alles ein wenig hochgeputscht worden.“

Ähnlich sehen das Ines und Reiner Breitfeld aus Freiburg, die auch abseits des Tages des offenen Weingutes regelmäßig Weingüter im Meißner Land erkunden. „Das ist wirklich schade für Winzer wie Jan Ulrich. Es trifft am Ende leider die falschen Leute, die gar nicht schuld sind. Für uns ist das kein Thema. Wir kaufen weiterhin sächsischen Wein“, sagt Ines Breitfeld. Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie von Diesbar-Seußlitz aus per Fahrrad die Weingüter abgefahren und genießt am liebsten die Sorte Müller-Thurgau.

Während die Breitfelds bereits zum Weingut Schuh vorgedrungen waren, befand sich eine andere Gruppe noch am Anfang ihrer Wein-Tour in Diesbar. „Wir sind ein Freundeskreis von 17 Leuten aus allen Ecken des Landes und haben uns zu DDR-Zeiten in der Jungen Gemeinde kennengelernt“, sagt Henry Lange, während er mit den anderen auf einer Wiese unweit des Weingutes Jan Ulrich sitzt. Unter anderem hatte die Gruppe vor, auf Schloss Proschwitz und dem Weingut Lehmann vorbeizuschauen.

Dass in einigen Weinen sächsischer Winzer Rückstände des Insektizid-Wirkstoffs Dimethoat gefunden worden sind, hat Lange in Gera gar nicht mitbekommen. Dennoch bildet sich in der Gruppe schnell eine Meinung, die Martin Ritter aus Dresden artikuliert. „Wir finden es traurig, dass die Region in Verruf gerät, weil einige Winzer nicht aufgepasst haben. Durch die Steillagen ist der Wein eh schon teuer. Da ist es ungünstig, wenn solche Probleme hinzukommen“, so Ritter.

Ein sehr detailliertes Bild des Weinskandals zeichnet Ulrich Rückmann aus Köln, der früher in Dresden studiert hat und für den Tag des offenen Weingutes zurückgekehrt ist. „Ich lese regelmäßig SZ online und bin daher auf dem neuesten Stand“, sagt der 37-Jährige. Seiner Meinung nach solle man nicht aus jedem Skandälchen einen Skandal machen. „Soweit ich weiß, ist das fragliche Mittel auch in Säften enthalten. Nur im Wein ist es verboten. Das ist doch absurd“ sagt Rückmann.

Seiner Bekannten Ramona Schulz aus Kaiserslautern ist das Thema bisher ebenfalls unbekannt. Trotzdem lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie erfreue sich einfach am Wein und der Gegend und stelle dabei auch interessante Unterschiede zu ihrer Heimat fest. „Wenn man hier eine Weinschorle bestellt, bekommt man ein 0,25-Liter-Glas, in dem Wasser und Wein jeweils hälftig drin sind. Bei ihr zu Hause werde die Weinschorle hingegen in einem 0,5-Liter-Glas mit einem Weinanteil von 90 Prozent serviert.

Das in Sörnewitz und Diesbar Seußlitz vorherrschende Stimmungsbild setzte sich in der Meißner Weinerlebniswelt fort. „Von dem Weinproblem weiß ich nichts. Sächsischen Wein kennt in Berlin ohnehin kaum jemand. Wir richten unsere Aufmerksamkeit eher auf Bordeaux- und Beaujolais-Weine aus Frankreich“, sagt eine 70-jährige Touristin, der es zudem in Proschwitz besser gefallen hat, als in der ihrer Meinung nach zu modernen und langweiligen Weinerlebniswelt.