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Auf der Spur meiner Vergangenheit

Eine Gymnasiastin aus Coswig sucht nach Informationen über ihre Ahnen. Wie weit kommt sie im Stammbaum der Familie? Ein Selbsterfahrungsbericht.

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© Norbert Millauer

Von Eva Uhlemann

Wow, ist das alt! Mein erster Gedanke, als ich das Foto von meinem Urgroßvater sehe. Aber wie alt ist es? Wann hat er überhaupt gelebt, und wer war seine Frau? Herta hieß sie. Die Oma meiner Mutti. Ich kenne sie nur noch aus dem Altersheim, war sechs Jahre alt, als wir sie die letzten Male besucht haben. Ihr Geburts- und Sterbedatum habe ich bereits in Erfahrung gebracht und will jetzt wissen: Wer waren ihre Eltern?

Meine Suche starte ich an einem Dienstag Anfang Mai, mit Handy und Laptop. Ich bin Coswigerin und versuche es deshalb zuerst im dortigen Bürgerbüro. Nach 15 Minuten mehrerer Anläufe habe ich endlich jemanden am Hörer. Der leicht gelangweilten Frauenstimme erzähle ich, was ich schon weiß: Hertas Geburtsort ist Leipzig-Plagwitz und Meißen der Ort, in dem sie begraben liegt. Dort haben auch sie und Kurt im September 1940 geheiratet. Zudem ist Kurt in der Domstadt vermutlich geboren und gestorben. Ich frage nach, an wen ich mich wenden soll. Die knappe Antwort: an die Standesämter in den Geburtsorten.

Onlinesuche fehl am Platz

Ich probiere es erst mal in Leipzig-Plagwitz. Auf der Homepage muss ich mich für eine Telefonnummer entscheiden und nehme die der Urkundenstelle, weil ich es ja auf eine Geburtsurkunde abgesehen habe. Der Mann, der sich auf Anhieb am anderen Ende der Leitung meldet, ist sehr freundlich und hilfsbereit und beantwortet kompetent und geduldig alle meine Fragen. Zum Beispiel, wie ich meine Anfrage loswerden kann. Finde ich irgendwo ein Onlineformular, das ich gleich am PC ausfüllen kann?

Leider nein. Meine Anfrage soll ich als E-Mail schicken. Juhu, zumindest kein extra Weg zur Post. Allerdings weist er auch darauf hin, dass ich erst in zwei bis vier Wochen die Urkunde erhalten werde.

Als Nächstes rufe ich im Meißner Standesamt an. Auf der Internetseite finde ich nur eine Nummer, bei der ich mein Glück versuche. Einmal, zweimal, dreimal. Keiner geht ran. Dann, endlich, beim vierten Anlauf bekomme ich eine genervte Stimme zu hören. Auch ihr erzähle ich, was ich bereits weiß. Sie ist jedoch wenig begeistert davon, dass ich nur wenige Informationen beisteuern kann. Direkt schmettert sie mir alle möglichen Kosten entgegen, die auf mich zukommen können. Zehn Euro für die Urkunde und zehn Euro für jede halbe Stunde Arbeitsaufwand. Nicht wirklich motivierend. Aber ein bisschen Geld wäre es mir wert. Darum halte ich an meinem Ziel fest.

Verwandtschaftsnachweis gefragt

Wie kann ich mein Anliegen nun auf den offiziellen Weg bringen, möchte ich wissen. Gibt es hier womöglich eine Onlinevariante? Pusteblume. Nicht mal per E-Mail geht was. Ganz altmodisch soll ich meinen Antrag mit Ausweiskopie per Post schicken und darin noch mal alle Informationen auflisten. Das Mailfach sei überfüllt, begründet sie.

Also doch zur gelb-schwarzen Filiale wackeln. Na toll. Zumal die Bearbeitungszeit sich zieht wie ein Kaugummi. Der Mitarbeiterin zufolge habe ich frühestens in drei Wochen mit einem Ergebnis zu rechnen. Anfragen zur Ahnenforschung hätten keine Priorität, erklärt sie.

Meine Lust schwindet. Trotzdem schicke ich die Anfragen nach Meißen und Leipzig-Plagwitz ab. Jetzt heißt es warten. Nach neun Tagen erhalte ich eine E-Mail aus Plagwitz. Um Missbrauch zu vermeiden, werde ich gebeten, eine Kopie meines Personalausweises, meiner Geburtsurkunde und der Geburtsurkunde des Elternteils zu schicken, der mit Herta verwandt ist.

Das hatte ich fast schon erwartet, denn in Meißen klang es an. Also ran an den Scanner und die Technik bemühen. Die gewünschten Dokumente maile ich am Folgetag. Und warte wieder. Stunden, Tage, Wochen.

Überraschende Auskunft

Meine Engelsgeduld wird auf eine harte Probe gestellt. Das Meißner Standesamt meldet sich überhaupt nicht. Ich weiß nicht einmal, ob meine Anfrage überhaupt im Briefkasten gelandet ist und an der richtigen Stelle gelesen wurde. Ich hoffe es.

Drei Wochen später endlich Nachricht aus Leipzig. Ich erhalte Hertas Geburtsurkunde per Nachnahme. Kostenpunkt: 25,10 Euro. Bezahlen muss ich gleich auf der Post.

Die handschriftlichen Angaben sind kaum zu entziffern. Doch die lesbaren Infos durchaus interessant: Herta hatte noch einen Zweitnamen, Ottilie. Ihre Mutter hieß Rosa Lucas, mit Mädchennamen Rosa Olga Schunk. Nur komisch, dass Hertas Vater nicht eingetragen ist. Ich frage meine Oma. Und sie hat prompt eine Erklärung: Rosa war Magd. Wahrscheinlich ist Herta das Kind eines Bauern. Und wurde unehelich geboren. Mal sehen, was ich nun noch zu Kurt erfahre.