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Auf den Spuren alter Meister

Wilfried Jähne malerte in Häusern, in denen schon zu DDR-Zeiten Meißner Porzellan stand. Jetzt wurde er mit anderen geehrt.

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© Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Es war das Jahr, als in der DDR die Fünf-Tage-Arbeitswoche eingeführt wurde. In San Francisco in den Vereinigten Staaten erreichte der Sommer der Liebe einen ersten Höhepunkt. Die Rede ist von 1967. Damals bestand der Großenhainer Wilfried Jähne seine Meisterprüfung. Er trat damit als vierte Generation in die Fußstapfen seiner berühmten Vorfahren. Vor allem Urgroßvater Wilhelm hatte es als Kunstmaler und Kopist nicht nur in der Stadt zu Ehre und Ansehen gebracht.

Wilfried kam 1941 zur Welt und erlernte den Beruf des Dekorationsmalers. „Da mein älterer Bruder Major wurde, konnte ich unsere Werkstatt in der Marktgasse übernehmen“, erzählt der Großenhainer. Schon früher war er seinem Vater und dem Handwerk verbunden. Mit einem Leiterwagen zog er während seiner Lehre beim Bezirksobermeister in Dresden los. „Im Stadtteil Reick kenne ich fast jedes Haus“, so Jähne. Arbeit gab es damals genug.

Auch Möbel lackieren und lasieren

Auch später in Großenhain, als Wilfried Jähne zu Jahresbeginn 1984 den väterlichen Betrieb übernahm. Ein Maler strich damals nicht nur die Wände – die Farben musste er sowieso noch selber mischen. Er lackierte auch Holzmöbel, als moderne Schränkewände noch nicht in waren. „Die Meisterprüfung in Freital musste ich auf einer Möbelplatte machen“, erinnert sich der Rentner. In Großenhain gab es sogar einen spezialisierten Möbelmaler. Auch Heizkörper wurden von Malern lackiert. Ein Auto hatte Wilfried Jähne 1967 noch nicht. Mit seinem Motorrad transportierte er alle seine Utensilien.

Goldene Handwerksmeister

180 goldene Meisterbriefe gab die Handwerkskammer Dresden jetzt im Dresdner Hotel Westin Bellevue aus.

Darunter waren 164 Männer und 16 Frauen, die vor 50 Jahren ihre Meisterprüfung bestanden hatten.

34 Teilnehmer kamen aus dem Landkreis Meißen.

Quelle: Handwerkskammer

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Der Handwerksmeister erzählt vom Vertrauen, das die gut betuchten Haushalte seiner Ein-Mann-Firma entgegenbrachten. „Ich kam in Wohnungen rein, wo Meißner Porzellan stand“. Schwierigkeiten mit der Bezahlung hätte er nie erlebt. Deshalb habe er seinen Beruf immer gern gemacht. Problematisch war allerdings die Materialknappheit. Schon mit seinem Vater Gerhard sei er im ganzen damaligen Stadtgebiet herumgekommen. „In die PGH zu gehen, kam deshalb für mich nicht infrage“, so der Großenhainer. Auch in Kirchen war Wilfried Jähne tätig, zusammen mit den Malern Effenberger und Klotzsche. In Görzig, Reinersdorf oder Bauda hat er seine Spuren hinterlassen. „Dort haben wir sogar von der Orgel alte Farbschichten abgenommen.“ Manches wurde vergoldet, manches ausgebessert. Da kann man wohl von künstlerischem Dekorationsmalen sprechen.

Anders als seine Vorfahren hat sich Wilfried Jähne allerdings nie an der Kunstmalerei versucht. Er verlegte sich mehr aufs Sammeln. In seinem Haus hängen weit über 100 Gemälde, viele davon Originale seines Urgroßvaters Wilhelm oder seines Großvaters Max. Auch einen Globig oder einen Hönicke findet man darunter. Daran kann sich Wilfried Jähne erfreuen. Das Atelier im Familienwohnhaus ist zwar schon lange aufgelöst. Auch die Werkstatt gibt es nicht mehr. Doch wenn der goldene Handwerksmeister feststellt, dass es mit dem Berufsnachwuchs heute schlecht bestellt ist, muss er sich selbst nicht kritisieren. Sein Sohn Thomas ist auch Maler im Betrieb Feistel – die fünfte Jähne-Generation.