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Auf dem Weg zum Tee

Auf den Wurgwitzer Feldern der Bombastus-Werke hat die Salbeiernte begonnen – die muss nun schnell gehen.

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© Andreas Weihs

Von Andrea Schawe

Freital. Vier Wochen später als üblich zieht der Traktor seine Bahnen über das 15 000 Quadratmeter große Feld in Wurgwitz: Der Salbei ist so weit, er hat die ganze Woche Sonne abgekriegt. „Wir haben teilweise schon Ende Juli angefangen zu ernten“, sagt Joachim Günther, Vorstand der Bombastus-Werke. Doch der Nachwuchs kam nicht, weil es viel zu trocken war. „Da mussten wir aufhören und warten.“ Am Mittwochmorgen herrschten perfekte Erntebedingungen: Die Sonne scheint, es sind etwas mehr als 20 Grad. Wenn es heiß und trocken ist, steht die Pflanze unter Stress. Um sich zu schützen, produziert sie mehr ätherische Öle als Verdunstungsschutz. Genau das, was der Naturmittelhersteller für seinen Arzneitee und die heilende Wirkung der Pflanze braucht.

Schon seit 100 Jahren pflanzt Bombastus Salbei rund um Freital an. 1914 legte die Firma die ersten eigenen Felder an, um unabhängig von Lieferungen aus dem Ausland zu werden und vor allem die Qualität mitzubestimmen. Ein Jahr später wurden die ersten Salbeitriebspitzen für Tee geerntet. Heute bewirtschaftet Bombastus etwa 35 Hektar Flächen und gilt als Europas größter Anbaubetrieb. Sieben Hektar wurden im Frühjahr neu angesät. Im Jahr 2015 hat das Unternehmen 15,5 Tonnen Salbeitee verkauft – das entspricht 260 000 Packungen, sagt Vertriebsleiter Wieland Prkno. In diesem Jahr rechnet Bombastus mit der gleichen Menge. Neben dem Tee werden im Werk an der Wilsdruffer Straße auch Salben, Öle und Mundwasser produziert. Im vergangenen Jahr machte das Freitaler Unternehmen einen Umsatz von etwa 12,6 Millionen Euro, für 2016 wird weiteres Wachstum erwartet. Seit 2001 hat sich der Umsatz mehr als verdoppelt.

Neben dem Feld, auf dem am Mittwoch der Traktor im Einsatz war, müssen noch drei oder vier Salbeifelder in und um Wurgwitz geerntet werden. „Wenn wir die noch reinkriegen, freuen wir uns“, sagt Prkno. „Wenn nachts der Frost kommt, ist es vorbei.“ Momentan wird dort noch Unkraut gejätet. Das darf nicht in den Tee – vor allem wegen der Gefahr durch Alkaloide. Die giftigen Stoffe produzieren manche Pflanzen als eigenes Schutzmittel gegen Schädlinge. „Mit einer Pflanze kann man sich die ganze Ernte verderben“, sagt Prkno. Also müssen die Bauern per Hand jäten. Erst dann kann der Erntetraktor kommen – mit einer besonderen Technologie.

Ein Luftstrom drückt die Triebspitzen samt Stielen an die Messer, so werden sie nicht gebrochen, gequetscht oder gedrückt. Den Traktor mit diesem Verfahren hat das Unternehmen seit 2014 – er ist eine individuelle Entwicklung eines Maschinenbauer aus Oberösterreich, der selbst Heilpflanzen anbaut. In diesem Jahr wurde die Technologie noch verfeinert – ebenfalls nach Marke Eigenbau. Statt auf einem großen Hänger werden die Blätter in einem Korb aus Gitterdrahtgeflecht gesammelt. Der ist direkt am Erntetraktor befestigt, sodass der Boden weniger belastet wird. Der Traktor kann so viel besser manövrieren und wenden. „Das ist ein Prototyp“, sagt Prkno. „Wir entwickeln noch.“

Gebraucht werden mindestens zwei dieser Körbe: Während einer am Traktor gefüllt wird, kann im anderen der Salbei schon zur Trockenhalle direkt nebenan transportiert werden. „Die Ernte muss ja schnell weiterverarbeitet werden“, erklärt der Vertriebsleiter. In der Halle am Rand der Felder stehen sechs Etagentrockner, auf denen etwas mehr als 500 Kilogramm frischer Salbei auf den Förderbändern liegen. Zwei Tage lang läuft das Band über alle acht Etagen, der Salbei wird bei nicht mehr als 35 Grad Celsius regelmäßig gewendet. Danach kommt er für weitere zwei Tage in eine riesige Trockenwanne – die Pflanzen haben jetzt nur noch ein Fünftel ihres Anfangsgewichts.

Nach vier Tagen wird der Tee gerebelt – eine Maschine bürstet die Pflanzen über einem Siebkorb, die Stiele bleiben zurück. Für Teeernte, Trocknung und das Rebeln sind neun Mitarbeiter im Einsatz. Danach wird der Tee zum Abfüllen ins Stammhaus verladen. Jede Charge wird zunächst im Labor geprüft, bevor sie in loser Form oder in Filterbeutel abgefüllt und an Apotheken bis nach Asien ausgeliefert wird.