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Auf dem Holzweg

Die Stadt Tharandt will weniger Geld für den Wanderweg „Holze“ ausgeben. Doch ist das im Sinn der Wanderer?

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© Frank Baldauf

Von Verena Schulenburg

Tharandt. Hier geht’s nicht durch. Wer abseits der Schillerstraße die Johannishöhe in Tharandt hinauf will, der steht vor einem rot-weißen Absperrband. Der Wanderweg „Holze“ – oder auch Stufengründel genannt – ist gesperrt. Schon seit ein paar Monaten dürfen Wanderer und Besucher des Umweltbildungshauses Johannishöhe nicht mehr den Weg betreten. Das Geländer unterhalb des Weges ist wackelig, die Stufen hinauf brüchig. „Ein Zustand, in dem wir dort niemanden hinauf lassen können“, begründet Stadtsprecher Alexander Jäkel die Sperrung.

Denn der beliebte Wanderweg „Holze“ ist ein sogenannter beschränkt öffentlicher Weg, für dessen Unterhaltung die Forststadt zuständig ist. Ein Umstand, den man im Tharandter Rathaus dringend ändern will. Der Weg „Holze“ soll entwidmet werden. Doch die Idee der Stadtspitze stieß bereits jüngst im Stadtrat auf Widerstand.

Das Problem: Bei einer Begehung des Stufengründels stellte die Stadt fest, dass entlang des Weges bergauf allerhand alter Baumbestand wurzelt, der an Halt zu verlieren droht. Bäume, die sich durch Hangwasser und Sturm neigen oder so alt sind, dass sie instabil werden. Auch von abbrechenden Ästen geht hier eine Gefahr aus. Der Wald am Wanderweg muss dringend von Totholz befreit werden, um wieder sicher begehbar zu sein.

Da sich sowohl der Weg als auch das umliegende Waldstück in kommunalem Eigentum befinden, ist die Stadt Tharandt per Gesetz dafür verantwortlich, 30 Meter links und rechts des Weges für Fußgänger sicher zu halten. „Ein enormer Aufwand“, erklärt Jäkel, der angesichts des aktuellen Zustandes des Waldes finanziell nicht zu beziffern sei. Hinzu kommt, dass der Wald seit 2012 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde und daher einen besonderen Schutzstatus erfährt. Für Baumfällungen sind daher enge Abstimmungen mit der Naturschutzbehörde notwendig. Anders ist das, wenn der Weg seine beschränkt öffentliche Widmung verliert und nur noch als „normaler“ Wanderweg zur Verfügung steht. Dann müsste die Stadt zwar weiterhin dafür sorgen, dass Stufen und Geländer am Weg in Ordnung sind. Allerdings müsste nicht regelmäßig der Baumbestand auf ein Verletzungsrisiko kontrolliert werden. Eine Entlastung für die Stadtverwaltung.

Doch was bedeutet das für den Wanderer? Das hieße „Augen auf“, erklärt Alexander Jäkel. Zwar würden Wanderer ein öffentliches Waldstück prinzipiell immer auf eigene Gefahr begehen. Sollten sie aber auf einem beschränkt öffentlichen Weg – wie es das Stufengründel ist – beispielsweise durch einen herabfallenden Ast verletzt werden, könnte die Forststadt dafür haftbar gemacht werden. Dies sei nicht der Fall, wenn der Weg entwidmet wird.

Für Jens Heinze vom Umweltbildungshaus Johannishöhe ist das keine Lösung. Er befürchtet, dass der Weg durch eine Entwidmung vernachlässigt wird. Schließlich würden viele den Wanderweg nutzen. „Es sind Bewohner und Studenten der Weißiger Höhe, es sind Touristen auf dem Weg zur Opitzhöhe oder zum Backofenfelsen“, erzählt der Tharandter Stadtrat. Und es sind die Bewohner der Johannishöhe, wo sich Jens Heinze und Milana Müller seit 25 Jahren in der Umweltbildung engagieren. Auch sie könnten künftig nicht mehr sicher den Berg hinaufkommen. „Der Weg ist eine touristische Einrichtung der Stadt“, erklärt Heinze, genauso wie andere Wanderwege, die beschränkt öffentlich gewidmet sind.

Sollte der Weg über die Johannishöhe seinen öffentlichen Charakter verlieren, befürchtet Jens Heinze noch einen weiteren Nachteil: Abgesehen von dem potenziellen Sicherheitsrisiko glaubt er, bei einer Entwidmung des Weges selbst dafür verantwortlich gemacht zu werden, das Totholz aus dem Wald zu entfernen, welches Wanderern zur Gefahr werden könnte. Ein Teil der Strecke auf der Johannishöhe befindet sich im Eigentum des Trägervereins des Umweltbildungshauses. Der etwa 160 Meter lange Abschnitt vom Kerbtal hinauf aber nicht. Für diese Strecke sei eine Vereinbarung zwischen Stadt und Verein notwendig. Ob dabei künftig die Betreiber des Umweltbildungshauses für die Sicherheit des Wanderweges einstehen müssen, ist fraglich. Wie Alexander Jäkel von der Stadtverwaltung erklärt, werden dazu gerade Abstimmungen getroffen. „Wir sind bemüht, einen Konsens zu finden“, sagt er. Fest steht aber: Der Weg solle keinesfalls dauerhaft für Wanderer und Besucher der Johannishöhe gesperrt sein, auch wenn vorerst das Absperrband vorm Stufengründel gezurrt bleiben muss. Außerdem, so Jäkel, sei der Weg hinterm Rathaus hinauf zur Höhe für Wanderer eine wesentlich schönere Alternative. Ist das Schicksal des Weges damit besiegelt? Abgesehen vom Stufengründel gibt es noch einige andere Wanderwege im Stadtgebiet, deren beschränkt öffentlicher Status laut Stadt nun auf den Prüfstand soll.