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Auf dem Holzweg

Holzdiebstahl ist nur ein Ausdruck für die Missachtung privaten Eigentums in der Gemeinde.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Klipphausen. Der Satz muss für einige Klipphausener wie eine Aufforderung zum Holzstehlen gewirkt haben: „Was zu dick ist, bleibt liegen, das finden die Leute weg, und wenn es nach einer Woche immer noch daliegt, holen wir es ab“, hatte ein Mitarbeiter vom Klipphausener Bauhof beim Schneiden der Straßenbäume an der Ortsverbindungsstraße zwischen Naustadt und Röhrsdorf in der SZ gesagt.

So jedenfalls hat es Christoph Rechenberg, der Pfarrer der St. Bartholomäus-Kirchgemeinde von Röhrsdorf erlebt. Diesem hielt nämlich ein Klipphausener den Zeitungsartikel unter die Nase, um damit sein Tun zu rechtfertigen. Er hatte den Stamm eines Kirschbaumes auf Kirchenland kurzerhand zersägt, weil dieser dort eine Woche gelegen hatte und nicht abgeholt worden war. „Wir wollten den Stamm aufsägen und Bretter für ein Regal daraus machen“, so Pfarrer Rechenberg.

Üblich ist es, dass die Kirchgemeinde Holz für 20 Euro den Festmeter verkauft, oder damit ehrenamtliche Helfer bedenkt. „Jeder Baum, jede Frucht, jedes Stück Wiese hat einen Besitzer“, sagt der Pfarrer. Doch dieses Bewusstsein scheint vielen Menschen heutzutage abhandengekommen zu sein. „Es geht so weit, dass die Leute mit dem Auto auf die Wiese gefahren kommen, wenn kein Zaun drum ist, und die Äpfel von den Bäumen in den Hänger laden.“ Christoph Rechenberg bemängelt fehlendes Unrechtsbewusstsein.

Das führt Klipphausens Bürgermeister Gerold Mann (parteilos) auf 40 Jahre DDR zurück. „Ich bin ein Ossi, ich kann mir mal Ossischelte herausnehmen.“

Was in der Gemeinde anfallendes Holz betrifft, so werde dieses bei Pflegearbeiten geschreddert, größere Stücke kämen in den Bauhof nach Klipphausen, wo es eine Holzheizung gibt. „Manchmal vergeben wir es auch an ehrenamtlich Arbeitende.“ Nicht so sehr der Holzklau sein ein Problem in der Gemeinde als vielmehr andere Formen der Missachtung privaten Eigentums. „Einige Leute können nicht unterscheiden, was deine und was meine ist.“

Da gehen Leute mit ihren Hunden in die Felder oder gleich zum Drachensteigen mit ihren Kindern ins Getreidefeld. Da wird über Wiesen gefahren, „man schämt sich manchmal für andere Leute“. Wie wieder ein stärkeres Bewusstsein für Eigentum entwickelt werden könnte, lautet die Frage. „In der Schule allein ist das nicht zu schaffen, denn neunzig Prozent der Erziehung findet in den Familien statt, doch, wenn die Eltern mit schlechtem Beispiel vorangehen, wie sollen es dann die Kinder lernen?“

Bevor man etwas nehme, müsse es immer eine persönliche Absprache mit dem Eigentümer geben, sagt Pfarrer Rechenberg. „Manche Leute haben überhaupt keine Ahnung, wem was gehört, aber man kann doch nicht überall Zäune und Schilder aufstellen.“ Und viele wüssten nicht mehr, dass es Lebensmittel sind, die auf den Feldern wachsen. Sein Fazit: „Oft ist die Ehrfurcht vor dem Eigentum und das Wissen um das Eigentum nicht mehr da.“

Dabei handelt es sich nicht um eine abstrakte Sache. Mit Eigentum wird eines der fundamentalen Rechte in der Gesellschaft beschrieben. Es muss erworben, also in aller Regel erarbeitet werden. Im Grundgesetz heißt es: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“