Merken

Auf DDR-Spurensuche

In Dresden will man Lenin lieber nicht zurückhaben. In Riesa dagegen gehört er noch immer zum Stadtbild. Nicht das einzige verbliebene Beispiel von DDR-Staatskunst.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Dresden hat wochenlang darüber diskutiert, die „Roten Bahnhofsvorsteher“ zurück in die Landeshauptstadt zu holen. Bis 1992 war das Standbild von Ernst Thälmann, Wladimir Iljitsch Lenin und Rudolf Breitscheid auf dem Wiener Platz zu sehen. Bei einer Versteigerung gab es die Möglichkeit, die wuchtige Statue zurückzukaufen.

Lenin als Standbild musste umziehen.
Lenin als Standbild musste umziehen. © Sebastian Schultz
Die Fahnenschwinger auf der Bahnhofstraße.
Die Fahnenschwinger auf der Bahnhofstraße. © Sebastian Schultz
Kaum noch zu sehen: die Ehrentafel an der Bahnhofstraße 19.
Kaum noch zu sehen: die Ehrentafel an der Bahnhofstraße 19. © Sebastian Schultz
Den Ehrenhain gibt es seit 1949 an der Poppitzer Straße.
Den Ehrenhain gibt es seit 1949 an der Poppitzer Straße. © Sebastian Schultz

In Riesa hat man sich nach der Wende für einen anderen Umgang mit der Staatskunst entschieden, sagt die Leiterin des Stadtmuseums, Maritta Prätzel: „In den meisten Städten hat man die Werke ja komplett aus dem Stadtbild geräumt.“ In Riesa sei hingegen bis heute DDR-Staatskunst im öffentlichen Raum zu sehen. Das bekannteste Beispiel ist wohl die Leninstatue. Neben Riesa dürfte Schwerin nach wie vor die einzige Stadt in Deutschland sein, in der noch eine Statue des Kommunistenführers auf öffentlichem Boden steht – wenn auch nicht mehr an einer solch prominenten Stelle wie früher. Von 1975 bis 1991 befand sich das Standbild auf dem Rathausplatz (damals Leninplatz). Danach wurde es am sowjetischen Ehrenhain an der Poppitzer Straße aufgestellt. Maritta Prätzel findet es richtig, dass der Lenin nicht ganz verschwunden ist. „Die Statue gehört eben zu einem Kapitel unserer Stadtgeschichte dazu. Am Ehrenhain hat sie einen guten Standort gefunden. Das passt auch thematisch.“

Auch die 1949 errichtete Anlage zum Gedenken der sowjetischen Kriegsopfer und Soladaten im Zweiten Weltkrieg kann als Staatskunst betrachtet werden. Der Friedhof besteht laut Informationen des Stadtmuseums aus 51 Einzel- und drei Massengräbern. Der Mittelpunkt bildet ein Obelisk aus Meißner Granit. Neben Rotarmisten sollen dort auch sowjetische Zivilisten ruhen, etwa Zwangsarbeiter, die im Stahlwerk Riesa schuften mussten. Neben Ehrenhain und Lenin findet sich auch das „Denkmal für die Verfolgten des Naziregimes“ an der Poppitzer Straße wieder. Es wurde von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) initiiert und heißt deshalb auch VVN-Denkmal. 1963 wurde es eingeweiht – allerdings an ganz anderer Stelle: auf dem Puschkinplatz. Denn wie Lenin musste auch die Skulptur mit dem spitzwinkligen Dreieck nach der Wende umziehen. Bemerkenswert ist, dass es auf demselben Sockel steht wie ein politisches Standbild, das ebenfalls aus dem Stadtbild verschwunden ist – allerdings für immer: das von Stalin. Nachdem der Diktator auch in der DDR in Ungnade gefallen war, wurde die Skulptur abgebaut und 1961 in Lauchhammer eingeschmolzen.

Weiter geht die Spurensuche auf der Bahnhofstraße – ehemals Straße der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft, kurz DSF. Als diese 1982 zum 10. Parteitag der SED fertiggestellt wurde, wurden auch die Unternehmen und Bürger geehrt, die beim Bau geholfen hatten. Ihnen zu Ehren wurde am Wohnblock (heute Bahnhofstraße 19) eine Ehrentafel mit Stadtwappen und dem Emblem der DDR angebracht. Efeu überdeckt das Wandrelief derzeit großflächig. Ebenfalls zur Einweihung der „Straße des DSF“ wurde dort die Skulptur „Fahnenschwinger“ aufgestellt – eine etwa zwei Tonnen schwere Stahlplastik, die bildlich wohl an die vielen Ereignisse anknüpft, zu denen DDR-Bürger Fahnen schwenken durften – oder sollten.