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Asylheim Grillenburg wird umgebaut

Die Unterkunft im Tharandter Wald ist derzeit unbewohnt. Dennoch sind täglich etwa fünf Betreuer vor Ort. Warum?

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Franz Werfel

Eigentlich sollte die Asylunterkunft in Grillenburg nur bis Ende 2015 in Betrieb sein. So wurde es den Einwohnern des Tharandter Ortsteils im vergangenen Jahr zugesagt. Doch seit einigen Wochen wird an der Unterkunft, die der Freistaat als Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) betreibt, wieder gebaut. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das die Unterkunft für den Freistaat betreibt, hat ihr wegen ihrer Abgeschiedenheit den Titel „Familienunterkunft“ gegeben. Was vor einem Jahr als Nachteil kritisiert wurde, wird jetzt als Vorteil benannt.

„Grillenburg ist eine wertvolle Einrichtung für uns, da sie mittlerweile auf Familien, denen erhebliche Gewalt widerfahren ist, spezialisiert ist“, sagt DRK-Sprecher Kai Kranich. Der Ort sei wegen seiner ruhigen Lage wertvoll. „Hier können sich die Familien zurückziehen, hier können wir mit einer ersten Traumatherapie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sinnvoll beginnen.“ Als Familienunterkunft solle das Haus auch weiterhin am Netz bleiben. Sobald Sachsen wieder mehr Flüchtlinge unterbringen muss, könnten die auch wieder in Grillenburg unterkommen. Wann genau das sein wird, kann niemand sagen.

Das bestätigt auch Jana Klein, die stellvertretende Sprecherin der Landesdirektion Sachsen. „Die EAE ist Bestandteil des Unterbringungskonzepts des Freistaates, das eine geordnete Unterbringung von Flüchtlingen, die nach Sachsen kommen, sicherstellt. Gegenwärtig ist keine Schließung des Standortes geplant, auch wenn aktuell kein Asylsuchender dort untergebracht ist“, teilt die Sprecherin mit.

Seit Anfang dieses Jahres waren nur noch wenige Asylbewerber in Grillenburg untergebracht. War das Heim im Tharandter Wald zum Jahreswechsel mit bis zu 80 Flüchtlingen noch voll besetzt, lebten dort im März nur noch zwei Menschen. Aktuell wohnt in dem Durchgangsheim kein einziger Flüchtling mehr.

Schon immer war die Grillenburger Unterkunft nur als Not- und Zwischenlösung gedacht. Im Frühling des vergangenen Jahres, auf dem Höhepunkt der Fluchtbewegung, wurden im Freistaat die Aufnahmeplätze knapp. In der Folge wurden Notunterkünfte aus dem Boden gestampft, auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Hier gab es drei EAE: In einer Hälfte des früheren Leonardo-Hotels in Freital kamen bis zu 280 Flüchtlinge unter, der ehemalige Praktiker-Baumarkt in Heidenau bot bis zu 700 Menschen Platz, 80 Plätze gab es in Grillenburg. Alle neu ankommenden Flüchtlinge kommen zuerst in eine EAE. Erst wenn ihr Asylantrag angenommen wurde, konnten die Menschen auf die Kommunen verteilt werden.

Bürger brauchen Informationen

Derzeit kommen deutlich weniger Menschen an Deutschlands Grenzen an als noch vor wenigen Monaten. Viele Unterkünfte, die der Freistaat oder der Landkreis geplant hatten, werden nun nicht mehr benötigt. Eher geht es aktuell darum, den Wohnraum in den Kommunen für Flüchtlinge auszubauen. Das Freitaler Leonardo-Hotel hat die Landesdirektion bereits im Januar aufgegeben. Der Heidenauer Baumarkt wird bis Ende Juni leergezogen.

Bleibt also im Landkreis nur Grillenburg als EAE übrig. Mindestens fünf Betreuer, davon drei Security-Mitarbeiter, sind täglich vor Ort und bewachen das leerstehende Gebäude. Den Grillenburgern wurde ursprünglich zugesagt, dass ihr kleiner Ort nur für kurze Zeit Durchgangsstation für Flüchtlinge sein sollte. Nämlich so lange, bis größere Städte genug Einrichtungen vorhalten. Das bestätigt der Grillenburger Ortsvorsteher André Kaiser (Freie Wähler). Das Gebäude wurde nach einem Brand Mitte Dezember, bei dem ein Zimmer zerstört wurde, aber kein Mensch zu Schaden kam, sicherer gemacht. Die Ermittlungen zur Brandursache sind mittlerweile eingestellt. In einer ersten Reaktion gingen die Ermittler im Dezember von Brandstiftung aus.

Nun sind alle Räume mit Brandmeldern ausgestattet, der Freistaat lässt derzeit eine Löschwasserzisterne auf dem Grundstück bauen. Ortsvorsteher André Kaiser kann das nicht verstehen. „Der Schlossteich ist doch gleich daneben“, sagt er. André Kaiser ist froh, dass mit den Flüchtlingen im Ort nichts Schlimmes passiert ist. Dabei geht es ihm nicht darum, dass sie eine Gefahr für Anwohner sein könnten. Es geht ihm um die Flüchtlinge selbst. „Wir haben kein Geschäft mehr im Ort.“ Zum nächsten Supermarkt, der in Klingenberg steht, sind es vier Kilometer. „Als die Flüchtlinge erstmals auf Fahrrädern saßen, sind sie quer über die Straße geradelt“, so André Kaiser.

Er wünscht sich vor allem, dass man seine Mitbürger über die weiteren Pläne informiert. „Wenn man erklärt, was man hier vorhat, haben die bestimmt kein Problem mit der Unterkunft“, so Kaiser. DRK-Sprecher Kranich sagt, dass er Respekt vor den Anwohnern habe. „Die sind diesen Weg mit klarem Kopf mitgegangen.“ Nur wüssten die Grillenburger gern, woran sie sind.