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Asylbewerber geht auf Frauen los

Ein Flüchtling aus Eritrea schlägt in Zeithain eine junge Frau und bespuckt eine andere. Eine Strafe verhängt die Richterin aber nicht.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Zeithain. Die Verständigung war schwierig. Und dann war da noch Alkohol im Spiel. Viel Alkohol. Und so endete dieser Tag im Mai vergangenen Jahres für einen jungen Flüchtling aus Eritrea nicht nur in Polizeigewahrsam, Dejen Woldai* musste sich jetzt auch wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Beleidigung vor dem Amtsgericht Riesa verantworten.

Dabei beginnt dieser Dienstagnachmittag wie immer. Die 19-jährige Vivien Haase* kommt nach der Arbeit nach Hause in die Nikopoler Straße, sieht ein paar Kumpels im Park vor den Neubaublöcken sitzen und gesellt sich zu ihnen. Irgendwann kommt Dejen dazu, der in seinem Heimatland als Maler gearbeitet hat und verheiratet ist. Er ist total besoffen, erinnert sich Vivien, und fängt an, die Auszubildende zu beschimpfen. Beide kennen sich schon seit gut einem halben Jahr, sie haben schon oft zusammen abgehangen. Doch heute ist Dejen außer sich. Er wirft der jungen Frau vor, ihm mehrere Hundert Euro geklaut zu haben. Er schreit herum, wirft in seiner Wut sogar seine Schuhe nach ihr. Sie versucht zu erklären, dass er selbst sein Geld den Kumpels gegeben hat, damit diese Bier aus dem nahe gelegenen Netto holen. Doch beruhigen kann sie ihn nicht. Und schließlich schlägt der Mann aus Eritrea zu. Mitten in den Bauch.

Zwei Bretter sollten Frauen treffen

Vivien hat noch Tage danach Schmerzen beim Atmen, die Stelle verfärbt sich blau, erzählt sie. Die Auszubildende lässt Dejen deshalb stehen und geht zu ein paar Freundinnen, die sich vor einem der Eingänge getroffen haben. Dejen folgt ihr, es kommt zu weiteren Auseinandersetzungen. Dabei bespuckt er die 15-jährige Lena Schubert* mitten ins Gesicht, sagt die Schülerin. Dabei kennen sich die beiden gar nicht. Freunde versuchen immer wieder, den Asylbewerber zu beruhigen. Der aber wird immer lauter und verschwindet schließlich in seiner Unterkunft in der Nikopoler Straße.

„Da hat er zwei Bretter von seinem Bett geholt und rausgeworfen in Richtung Lena und mir“, erzählt Vivian. Doch eines der Möbelteile landet auf dem Fußweg, das andere auf der Motorhaube eines roten VW Polo. „Er wollte Vivian treffen. Und hätte es auch, wenn wir nicht rübergegangen wären“, erzählt Lena. Dejen selbst erinnert sich aber an nichts, lässt er über eine Dolmetscherin aussagen.

Vage hat er noch den Streit mit Vivian vor Augen, die nächsten Erinnerungsfetzen seien von der Polizei – die war nach dem Bretterwurf gleich mit zwei Streifenwagen angerückt und hatte den Mann aus Eritrea im Revier Riesa bis zum Abend in Gewahrsam genommen. 0,75 Promille soll er intus gehabt haben. „Bier und Wein. Ich hatte Stress, weil mein Bruder im Meer ertrunken ist“, sagt Dejen. Jetzt trinke er nur noch am Wochenende. Wegen der Schule, erzählt er. Er entschuldigt sich bei beiden jungen Frauen, reicht Vivien die Hand. „Ich entschuldige mich. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt, ich werde mich von Alkohol fernhalten“, verspricht er.

Richterin Ingeborg Schäfer hält das für einen guten Vorsatz. Da gegen den Flüchtling keine weiteren Verfahren anhängig sind, und er auch vorher noch nicht auffiel, stellt sie das Verfahren nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft wegen geringer Schuld ein. „Wir sind der Meinung, es ist eine Straftat passiert. Aber er war alkoholisiert, und es war offenbar eine einmalige Sache“, erklärt die Richterin. Die Verfahrenskosten – zum Beispiel für die Dolmetscherin – trägt deshalb nun die Staatskasse.

Wer den Schaden am VW Polo begleicht, ist dagegen unklar. Wegen der Sache seien wohl Männer bei Dejen gewesen, sagt er. Allerdings mit einem Dolmetscher für Arabisch, das habe er nicht verstanden.

Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.