Merken

Askan dampft ab

Im Nationalpark wird auch ein Pferd für die Waldarbeit eingesetzt. Das ist zwar teurer, schont aber die Natur.

Teilen
Folgen
NEU!
© Dirk Zschiedrich

Von Gunnar Klehm

Lohmen. Askan ist dankbar für die Pause. Keuchend steht der Hengst im Wald im Basteigebiet. Das zottelige Fell des Thüringischen Kaltbluts ist nass vom Schweiß. Die Nüstern stoßen rhythmisch kräftige Dampfwolken aus. Das 16-jährige Pferd hat hier im Nationalpark bei Lohmen schwere Arbeit zu verrichten. Es ist als sogenanntes Rückepferd eingesetzt. Es muss die von Waldarbeitern umgesägten Baumstämme zu einem Sammelplatz ziehen, in der Forstsprache auch rücken genannt.

Durch den Wald wird das Tier von Siegmar Höhnel gelenkt. Sein Holzrücke- und Einschlagsunternehmen aus Altenberg hat den Auftrag dazu bekommen. Für Höhnel und Askan ist es der erste gemeinsame Einsatz in diesem Winter. „Deshalb schnauft das Tier auch so“, sagt Höhnel. Wenn es wieder etwas trainiert ist, schaffe das Pferd die Arbeit wesentlich leichter.

Das Waldstück westlich der Basteistraße gehört zum Nationalparkrevier von Knut Tröber. Auf 15 Hektar laufen gegenwärtig Waldpflegemaßnahmen. Der Wald soll so umgebaut werden, dass er sich selbst überlassen werden kann. Noch dominiert die Fichte, die vor Generationen als Nutzholz angepflanzt wurde. Unter den Kronen der großen Fichten sind in den vergangenen acht Jahren junge Buchen und Weißtannen herangewachsen. Die brauchen jetzt mehr Licht, um zu gedeihen.

Deshalb wurden in den vergangenen Wochen Dutzende Fichten gefällt und an Ort und Stelle in drei bis vier Meter lange Stücke gesägt. Die werden in der Regel mit Maschinen zum Lagerplatz an einem Weg transportiert. Dadurch entstehen größere Schneisen, viele Jungbäume und der Waldboden kommen dabei zu Schaden. Werden Pferde stattdessen eingesetzt, sind die Schäden geringer. „Es ist aber nur unter günstigen Rahmenbedingungen sinnvoll, die von den Waldarbeitern der Nationalparkverwaltung gefällten Stammabschnitte besonders schonend mit Rückepferden zu transportieren“, erklärt Hanspeter Mayr, der Pressesprecher der Nationalparkverwaltung. Beispielsweise dürfe die Hangneigung nicht zu groß sein, damit das Pferd die Arbeit schafft.

Im Wald nahe der Bastei hat Siegmar Höhnel seinen Askan vor einen mittelstarken Stamm gespannt. „Hühe“, ruft er energisch, sofort stampft der Hengst den Hang hinauf. Die ledernen Seitenstränge sind mit den Ketten verbunden, an denen der Baumstamm hängt. Das Thüringische Kaltblut sei besonders gut für die Waldarbeit geeignet. Es hat kräftige Beine, kann entsprechend gut ziehen und lässt sich kaum aus der Ruhe bringen, weder von dem unebenen Untergrund noch vom Fotografen.

Revierleiter Knut Tröber ist froh, hier das Rückepferd einsetzen zu können: „In diesen wertvollen mehrschichtigen Beständen, in denen wir in den letzten Jahren viele Weißtannen angepflanzt haben, können wir mit dem Pferd Schäden an den verbleibenden Bäumen minimieren.“ Dort, wo es möglich ist, prüft die Nationalparkverwaltung auch für die kommenden Jahre verstärkt wieder Pferde einzusetzen, heißt es aus der Behörde. Das ist aber gar nicht mehr so einfach, denn es gibt kaum noch Unternehmen, die mit Rückepferden arbeiten. Auch Siegmar Höhnel hatte früher mehrere Pferde für die Waldarbeit. Da konnte er von Tag zu Tag auch mal die Pferde wechseln. Jetzt hat er nur noch Askan. Die meisten Aufträge erledigt der Drei-Mann-Betrieb mit Maschinentechnik.

Im gesamten Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gibt es nur noch drei, vier Pferdehalter, die Tiere für die Waldarbeit haben. Mit dem Pferd werden die Stammabschnitte an die Rückegasse herangezogen, von wo sie dann ein Forwarder – ein Holztransportfahrzeug – auflädt und zum Holzlagerplatz an die Straße oder den Forstweg bringt.

Pferde zu halten, sei zwar aufwendiger, als Maschinen zu warten, sagt Siegmar Höhnel, trotzdem arbeitet er gern mit einem Tier im Wald. Jeden Morgen lädt er Askan in seinen Pferdetransportwagen und fährt ihn abends wieder zurück nach Zinnwald zu seinem Stall. Mittagspause machen sie gemeinsam im Wald am Pferdewagen. So gern er diese Arbeit auch macht, auf die Frage, ob sich der 56-Jährige nach Askan noch mal ein Pferd anschaffen wird, winkt er ab. „Die Arbeit mit Rückepferden wird irgendwann aussterben“, sagt Siegmar Höhnel überzeugt.