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Arzt rettet verfallene Villen

Adam Buczko saniert derzeit drei Häuser in der Konsulstraße. Aber er hat in Görlitz noch viel mehr vor.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Von außen gibt die einst vornehme Villa Konsulstraße 17 ein trauriges Bild ab, aber von innen ist es noch viel schlimmer: Zwar stehen alle vier Außenwände, aber dazwischen ist nichts als Steine und Bauschutt. Zwei Arbeiter kämpfen sich mit einem kleinen Bagger durch die Trümmer. Bauherr Adam Buczko beobachtet das Geschehen und ist guter Dinge: „Bis Ende des Jahres wird die Villa fertig saniert sein.“

Dieses Foto zeigt die Brandruine 17 (links) und die benachbarte Villa Konsulstraße 18 (rechts). Buczko saniert beide Häuser.
Dieses Foto zeigt die Brandruine 17 (links) und die benachbarte Villa Konsulstraße 18 (rechts). Buczko saniert beide Häuser. © Pawel Sosnowski/80studio.net
Im Hinterhof hat er schon einmal abgeholzt. Hier will er nächstes Jahr vier Einfamilien-Reihenhäuser bauen.
Im Hinterhof hat er schon einmal abgeholzt. Hier will er nächstes Jahr vier Einfamilien-Reihenhäuser bauen. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Und nicht nur sie: Gleichzeitig baut der 34-Jährige auch auf dem Nachbargrundstück Nummer 18. Dort stehen zwei Häuser: Vorn die von dem bekannten Görlitzer Architekten Gerhard Röhr erbaute Villa, dahinter ein älteres Gebäude. 15 Arbeiter sind täglich auf der Baustelle, damit alle drei Gebäude dieses Jahr fertig werden, die Röhr-Villa sogar schon bis Ende Juni. Hier will Buczko selbst einziehen, mit seiner Frau und den drei kleinen Kindern. Zwei von ihnen besuchen schon den Kindergarten auf der anderen Straßenseite: „Die Konsulstraße ist eine schöne, zentrale Lage.“

Nach Görlitz ist die Familie eher zufällig gekommen. Buczko stammt aus dem polnischen Lublin, nicht weit von der ukrainischen Grenze. Er studierte in Polen Medizin und wollte danach in Deutschland als Arzt arbeiten. Das klappte, nachdem er den Chef der Chirurgie in Forst kennengelernt hatte und nach seinem Studium, im Jahr 2010, bei ihm eine Stelle bekam. In Forst lernte er auch seine Frau kennen, eine deutsche Ärztin. Buczkos nächste berufliche Station war Rothenburg. Jeden Tag von Forst dorthin pendeln, das war ihm auf die Dauer zu weit. So fiel die Wahl auf Görlitz als Wohnort, 2014 zogen sie her. Inzwischen haben beide Arbeit in Görlitz gefunden und müssen gar nicht mehr pendeln: Er beendet am Städtischen Klinikum seine Facharzt-Ausbildung zum Chirurgen, sie am Carolus-Krankenhaus ihre Facharzt-Ausbildung zur Internistin. „In Görlitz wollen wir bleiben“, sagt Buczko. Die Stadt sei schön, nicht zu groß und nicht zu klein.

Allerdings sei es gar nicht so einfach gewesen, hier als fünfköpfige Familie eine passende Wohnung zu finden. Deshalb kam er auf die Idee, ein Haus zu kaufen und zu sanieren. Ein Einfamilienhaus war nicht zu finden, deshalb fiel die Wahl auf die Röhr-Villa. Sie hat 240 Quadratmeter Wohnfläche – viel Platz für fünf Personen. Aber Buczko hat schon klare Pläne, wie sie künftig aussehen soll. „Leider ist in allen drei Häusern nicht viel Historisches erhalten“, sagt er. Allerdings habe ein Hobby-Fotograf in der Zeit vor dem Brand Fotos gemacht, die noch viele alte Details zeigen.

Buczko will alles eins zu eins nachbauen, was auf den Fotos erkennbar ist, die Eingangstüren mit Bleiglas, die Doppelflügeltüren zwischen den Zimmern, die Bögen. Und: Nicht nur die Röhr-Villa soll sehr hochwertig werden, sondern alle drei Gebäude. In der Brandvilla plant er fünf Mietwohnungen, die bis Ende des Jahres fertig sein sollen: Drei Große mit je 160 Quadratmetern im Stil von Einfamilien-Reihenhäusern und darunter, im Souterrain, zwei kleine rollstuhlgerechte Wohnungen. Im Hinterhaus sollen bis August drei Etagenwohnungen mit Größen zwischen 110 und 138 Quadratmetern entstehen. Die Haupteingänge zur Brandvilla und zum Hinterhaus sind jeweils von hinten geplant, nur die Röhr-Villa hat ihren Eingang vorn.

Buczkos Görlitzer Bauleiter Holger Kliemt hat sich ein bisschen mit der Historie befasst. „Die Brandruine stammt von 1862, sie ist vermutlich das älteste der drei Gebäude“, sagt er. 1871 erhielt sie nachträglich eine neue Fassade, 1895 wurde sie aufgestockt und mit einem Türmchen gekrönt. „Das ist beim Brand verloren gegangen, kommt aber jetzt wieder drauf“, sagt er. Bei der Nummer 18 sei zuerst das Hinterhaus dagewesen. Der Bau der Röhr-Villa begann erst 1903. „Trotz des ungünstigen Grundstückszuschnitts hat Röhr eine prachtvolle Villa gebaut, und zwar für seinen Schwiegervater“, weiß Kliemt. Innen habe es eine wertvolle Jugendstil-Ausstattung gegeben: „Die Villa war der kleine Bruder seines eigenen Wohnhauses in der Biesnitzer Straße 36“, sagt Kliemt.

Nach der Wende habe es verschiedene Sanierungsideen gegeben. Ursprünglich plante ein Besitzer, alle drei Häuser zu einem Hotel zusammenzufassen. 2008 flossen 110 000 Euro in eine Sicherung, nun sollte betreutes Wohnen eingerichtet werden. Doch die Finanzkrise und schließlich der Brand im April 2009 machten die Ideen zunichte. Letzterer wurde von zwei zündelnden Kindern (12 und 13) verursacht. Er endete mit einem Schaden von rund 200 000 Euro und zerstörte die komplette Arbeit am Haus 17. Die Dächer der anderen beiden Gebäude blieben aber intakt.

Buczko kaufte die drei Häuser im Jahr 2015. Insgesamt investiert er mehr als eine, aber weniger als zwei Millionen Euro in die Sanierung. Die genaue Summe will er lieber nicht nennen – zumal sie noch nicht genau feststeht. Schon klar ist hingegen, dass er nächstes Jahr im Hinterhof vier Einfamilien-Reihenhäuser neu bauen und vermieten will. „Dafür habe ich bereits einen positiven Vorbescheid von der Stadt erhalten“, sagt er. Das Rathaus bestätigt das.

Doch damit nicht genug. Auch in der Südstadt ist Buczko aktiv. Bevor er in der Konsulstraße loslegte, hat er drei kleine Hinterhäuser in der Kamenzer Straße saniert und dort einen 4 000 Quadratmeter großen Garagenhof geschaffen. Das Vorderhaus Kamenzer Straße 5 will er auch eines Tages sanieren. Und an einem anderen Standort in der Südstadt plant Buczko eine hochwertige Anlage für betreutes Wohnen: „Dieses Gebäude habe ich schon gekauft, jetzt bin ich beim Finanzierungskonzept.“ Eventuell kommt später noch ein Pflegeheim hinzu. Obwohl er mit seiner Arbeit als Arzt und dem Familienleben eigentlich ausgelastet ist: Das Bauen macht ihm Spaß. „Stressig ist es natürlich schon, aber wenn man einmal mit dem Bauen angefangen hat, ist es wie eine Sucht.“

In der Konsulstraße gibt es zwar schon viele Interessenten, aber noch sind nicht alle Wohnungen vermietet. Kontakt über das Maklerbüro Jany, Telefon 03581 8796980.