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Apfelringe zum Abschied

Ingrid Schulz ist 42 Jahre lang Erzieherin in Roßwein gewesen. Der Abschied fällt nicht nur ihr schwer. Ist er wirklich für immer?

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© André Braun

Von Heike Heisig

Roßwein/Etzdorf. Die zurückliegende Woche ist wohl die tränenreichste im Leben von Ingrid Schulz gewesen. Schon jeden Morgen sei sie mit feuchten Augen zur Kita „Unter den Linden“ gegangen und habe sich erst beruhigen können, als die Kinder schließlich ihre Aufmerksamkeit forderten. Am Freitag – ihrem letzten Arbeitstag – sei es dann ganz schlimm gewesen. „Um 4 Uhr war ich wach und habe ununterbrochen geweint“, erzählt die 62-Jährige.

Mit Tränen in den Augen betritt sie am Freitagvormittag die Einrichtung. Schon im Eingangsbereich stehen und sitzen die Kinder aller Altersgruppen. Die Mädchen und Jungen haben Blumen in den Händen und selbst Gebasteltes. Ingrid Schulz ist froh, dass Kita-Leiterin Heike Koßmann ihr das Reden abnimmt. Die gibt zu, dass sie durchaus traurig ist, eine so verlässliche Mitarbeiterin zu verlieren, die obendrein noch selbst mitgedacht hat. Ihre fröhliche Art würden sie und die Kinder vermissen. Auch die Kollegen reihen sich ein. „Es war mir eine Ehre, mit dir zu arbeiten“, sagt Angelika Schumann. „Ich konnte viel von ihr lernen“, bescheinigt Lisa Staroske. Die 21-Jährige übernimmt laut Personalplan den Platz der scheidenden Erzieherin ein. Die junge Roßweinerin ist bereits seit Juli in der Einrichtung, hat diese vorher beim Praktikum kennengelernt. Somit bleibt es trotz des Ausscheidens von Ingrid Schulz bei einem zwölfköpfigen Team. Das kümmert sich um 75 Mädchen und Jungen, die zurzeit in dem Haus der Volkssolidarität Döbeln als Freier Träger betreut werden.

Als Ingrid Schulz 1974 dort angefangen hat, war es noch eine Einrichtung des Armaturenwerkes. Immer habe sie Gruppen betreut, inzwischen manchmal schon die Kinder von einstigen Schützlingen. Dass sie Kindergärtnerin wird, war ihr eigentlich schon in die Wiege gelegt. Auch die Mutter und die ältere Schwester haben diesen Beruf gewählt. „Ich bin immer gern zur Arbeit gekommen“, sagt die Etzdorferin nach 42 Jahren. Jeden Tag hat sie sich zu Fuß auf den Weg gemacht. „Das macht den Kopf frei“, bescheinigt sie. Weiteren Ausgleich findet sie bei Fahrradfahren und der Aquagymnastik im Hallenbad in Roßwein. „Jetzt habe ich mich auch noch für die Seniorengymnastik bei uns im Ort angemeldet“, erzählt Ingrid Schulz. Sie gönnt sich als Rentnerin erst einmal eine längere Reise. Danach schließt sie nicht aus, gut erholt noch einmal als Erzieherin auszuhelfen, „wenn Not am Mann ist“. Ehrenamtliche Helfer sind schon jetzt im Einsatz. Edelgard Gruber zum Beispiel ist eine von ihnen.

Über ein Wiedersehen würden sich neben den Kindern auch die Eltern freuen. In deren Namen wünschen Eva Winkler sowie Anett und Oliver Niklas Ingrid Schulz alles Gute für den Ruhestand. Selbst bei den Eltern bleibt kein Auge trocken. Gut, dass an ausreichend Papiertaschentücher gedacht ist. „Abschiede fallen mir mega-schwer“, gibt die 62-Jährige diese Schwäche unumwunden zu.