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Staubwolken überm Stahlwerk

Nachbarn beschweren sich über Belastungen, die vom größten Betrieb der Stadt ausgehen. Das Unternehmen will nachbessern.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Gröditz. In Gröditz regt sich Protest gegen Emissionen aus den Schmiedewerken. Staub, der sich vom Werkgelände des größten Betriebes der Stadt in die Gegend ausbreitet, soll Hausfassaden verschmutzen und bei Nachbarn für Nasenkribbeln und Kopfschmerzen sorgen. Von teils massiven Belastungen ist die Rede.

Dieses Foto vom 17. August 2017 zeigt eine weitere Staubwolke über dem Gröditzer Stahlwerk.
Dieses Foto vom 17. August 2017 zeigt eine weitere Staubwolke über dem Gröditzer Stahlwerk. © privat

„Es gibt Leute, die sagen, dass es jetzt schlimmer ist als zu DDR-Zeiten“, so Anwohner Jörg Hanisch, der sich selbst zu den Betroffenen zählt. Erst am vorigen Wochenende habe er wieder erlebt, welche unschönen Auswirkungen das Stahlwerk zeitweise auf die Umgebung hat. Beim Einkaufen im Aldi, gleich neben dem Werksgelände, habe es beißend gerochen.

Klage aus Wohngebieten

Allein ist Hanisch mit seiner Verstimmung nicht. Bis zu 30 Bürger stünden hinter dem Protest, schätzt er. Sie wohnen an der Hauptstraße, der Großenhainer Straße, in der Alten Kolonie – Gebieten, die alle nordöstlich vom Werkgelände liegen.

Neu seien die Probleme nicht, sagt Jörg Hanisch. Schon vor mehreren Monaten hätten Anwohner deshalb Kontakt zu den Schmiedewerken gesucht. Vom Unternehmen habe es damals geheißen, man wolle die Dinge verbessern. Doch davon merke man bisher nichts, sagt Hanisch.

Ob es diesen Kontakt tatsächlich gab, lässt das Unternehmen auf SZ-Anfrage offen. Weiter heißt es jedoch, dass man die Empfindungen der Nachbarn ernst nehme. Das Werk teilt mit: „Beim Zusammentreffen bestimmter Witterungsbedingungen und entsprechender Produktion in unserem Werk ist eine sichtbare Rauch- und Qualmentwicklung möglich.“ Da es um Stahlerzeugung gehe, sei das unvermeidbar. Laut den Schmiedewerken werden die Emissionswerte regelmäßig gemessen, die ermittelten Werte entsprächen den gesetzlichen Vorschriften. Es wären sogenannte Tuchfilteranlagen im Einsatz, die für die derzeitige Produktion ausreichend seien.

Dass sich nicht sämtlicher Staub zurückhalten lässt, davon zeugen Fotos von Staubwolken über dem Werkgelände. „Wir haben, um einer Staubentwicklung weiterhin entgegenzuwirken, kurzfristig zusätzliche Maßnahmen, die Arbeitsabläufe betreffend eingeleitet“, heißt es dazu von den Schmiedewerken. Bereits vor einiger Zeit sei ein Dienstleister mit der Analyse der Staubentwicklung beauftragt worden. Zusätzliche technische Maßnahmen, um die Staubentwicklung zu verringern, seien schon geplant. Konkret gehe es dabei um eine höhere Absaugleistung.

Einige Kritiker bringen die gefühlt größer werdende Umweltbelastung mit einer Ausweitung der Produktion in Zusammenhang. Tatsächlich ist eine solche Mitte des Jahres genehmigt worden. Das geht aus öffentlich einsehbaren Unterlagen der zuständigen Behörde – der Landesdirektion Sachsen – hervor. Im Elektrostahlwerk ist jetzt eine Jahresleistung von 160 000 Tonnen zulässig, 30 000 Tonnen mehr als bisher. In der sogenannten ESU-Anlage war bis dahin 12 000 Tonnen Jahreskapazität erlaubt, jetzt sind es 22 000 Tonnen. Vom Unternehmen jedoch heißt es, man produziere seit der geänderten Genehmigung nicht mehr als bisher.

Gespräch mit Bürgermeister

Die Anwohner sind mit ihren Problemen inzwischen auch an Bürgermeister Jochen Reinicke (parteilos) herangetreten. Der sagt, er sei deshalb bereits seit Wochenbeginn mit der Geschäftsführung des Werks im Gespräch. Der Stadtchef verweist einerseits auf die hohen Auflagen für den Betrieb durch den Gesetzgeber, äußert aber auch Verständnis für die Sorgen der Anwohner. Er wolle sich am 1. November mit der Werkleitung treffen, um die Probleme zu besprechen, so Reinicke.

Anwohner Jörg Hanisch sagt, er begrüße den Termin zwischen Bürgermeister und Werkleitung. Ihm sei wichtig, dass man die Probleme vernünftig bespreche. Eine Eskalation, wie es sie zwischen bestimmten Nachbarn in Riesa mit dem dortigen Feralpi-Stahlwerk gab, dazu soll es in Gröditz nicht kommen.