Merken

Anwohner klagen über Lärm

An Nieskys Bahnbaustellen ist es nicht nur laut. Die Betroffenen sagen, sie werden mit den Problemen alleingelassen.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Schulze

Von Thomas Staudt

Niesky. Es ist nicht alles gut, aber wir tun, was wir können, um die Belastungen für die Betroffenen beim Neubau der Niederschlesischen Magistrale so gering wie möglich halten. So in etwa lautete der Tenor seitens der Deutschen Bahn im SZ-Beitrag „Mit teurer Technik gegen Baulärm“ von Anfang dieser Woche. Nun meldeten sich einige der Betroffenen – nicht bei der Kummernummer der Bahn, sondern bei der SZ. Sie fühlen sich trotz der getroffenen Vorkehrungen nicht gut aufgehoben. „Wir werden von allen im Stich gelassen.“ Das wirft ein ganz anderes Licht auf die Sache:

Peter Hänel wohnt auf der Neuhofer Straße. Er ist wie Angelika Starre und Peter Hänel von den Bauarbeiten ebenso betroffen wie durch die Behelfsüberfahrung zwischen Neuhofer und der Straße Am Bahnhof. Er findet, auf der Behelfsstrecke herrsche das totale Chaos. Gabelstapler nutzen die Strecke ebenso wie Fußgänger mit Rollatoren. Die Traktoren, die den Abraum abtransportieren, und jede Menge 40-Tonner fahren auf der Strecke wie die Wahninnigen, hat Hänel beobachtet. Tatsächlich sind nur Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen zugelassen, ausgenommen Busse und Rettungsfahrzeuge. Wer sich an die Ausschilderung halte und 30 Stundenkilometer fahre, werde rücksichtslos überholt. „Schon früh um 5 geht das los und zum Feierabend wird’s regelmäßig schlimmer.“ Teilweise nutzen die dicken Brummer auch die Gehsteige. Einige Randsteine seien schon ganz zerfahren, der Gehsteig senke sich, so Hänel.

Die Behelfsüberfahrung über die Bahnstrecke zwischen dem Autohaus Elitzsch und dem Penny-Markt ist ein Kompromiss. Er gilt, solange am Bahnübergang in der Muskauer Straße gebaut wird. Daran wird sich bis 31. Juli nichts ändern. Solange bleibt der Übergang voll gesperrt. Nur Fußgänger und Radfahrer, die ihr Rad schieben, können passieren.

Hänels Nachbar ist Wolfgang Hänsch. Für ihn ist die Rücksichtslosigkeit der Fahrer beispiellos. Neulich habe er ein Kind beobachtet, das mit seinem Fahrrad auf der Neuhofer Straße auf dem Gehsteig fast von einem Lkw überrollt worden wäre. Wenn er selbst nicht eingegriffen hätte und das Kind nicht gerade noch so in eine Hofeinfahrt hätte ziehen können, wäre es wohl zu spät gewesen. „Der hat das Kind einfach nicht gesehen“, sagt Hänsch fassungslos. Schwere Lkw – Aldi- oder Milchlaster etwa – brettern am Wochenende über die Behelfsüberfahrt, obwohl das verboten ist, sagen die Anwohner entsetzt.

Angelika Starre wohnt an der Ecke Muskauer/Neuhofer Straße. Die Altenpflegerin beschäftigt noch ein weiteres Problem. Abgesehen vom Lärm macht ihr die Staubentwicklung durch die Aushub- und Planierarbeiten zu schaffen. „Ich habe ein eigenes Grundstück, das möchte ich doch nutzen.“ Aber das ist derzeit nicht möglich. Wegen der Staub- und Lärmbelastung hängen ihre Jalousien tagsüber auf halbmast. Die Bepflanzung ihrer Blumenkästen wird sie sich sparen. Das Problem könnte halb so schlimm sein, wenn öfter gesprengt werde, meint sie. Einen Wagen mit Wassertank gibt es. Aber der sei viel zu selten unterwegs. Darauf angesprochen, habe der Fahrer geantwortet, er habe keinen anderen Auftrag. Dreimal hat Angelika Starre bereits die Kummernummer gewählt und auf einen Anrufbeantworter gesprochen. Einmal ist sie direkt im Baubüro vorstellig geworden. Zwei weitere Male habe sie mit einem Bahnmitarbeiter in Dresden telefoniert. Der habe ihr inzwischen versprochen, sich des Problems anzunehmen.

Der Bahnübergang werde regelmäßig zwei- bis dreimal am Tage gewässert und spätestens zum jeweiligen Feierabend gekehrt, teilweise zwischendurch, damit sich die Staubbelästigung in Grenzen halte, informiert Bahn-Sprecherin Erika Poschke-Frost auf Nachfrage. Allerdings sei nicht zu verhindern, dass der Wind die Fahrbahn schnell wieder abtrocknen lasse. „Hier bitten wir sehr um Verständnis für die baubedingten Unannehmlichkeiten.“

Am Dienstag haben die drei Beschwerdeführer wegen der Raserei, wie sie sagen, Gespräche im Rathaus geführt. Enrico Bachmann und Sebastian Noll von der Stadtverwaltung äußerten Verständnis und versprachen, Geschwindigkeitskontrollen anzuschieben. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Dazu bedarf es Absprachen mit dem Landratsamt. Ob es überhaupt dazu kommt, ist offen.