Merken

Anwohner blockieren Sporthalle

Die Stadt kann eine der vier geplanten Sportstätten noch nicht belegen. Auch von Vereinen gibt es Protest.

Teilen
Folgen
© Tobias Wolf

Von Andreas Weller, Alexander Schneider und Tobias Wolf

Der Plan von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) war klar: Dresden bringt 400 zusätzliche Flüchtlinge unter, dafür wird die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes an der Bremer Straße geräumt. Dann können die unbeheizten Zelte, in denen es mittlerweile viel zu kalt ist, abgebaut und eine Leichtbauhalle errichtet werden. Um die 400 Plätze zu schaffen, reichen aber die Wohnungen und Heime nicht aus. Deshalb sollen 228 Flüchtlinge auf vier Turnhallen, in denen kein Schulsport stattfindet, verteilt werden. Bei drei Hallen haben die Vorbereitungen funktioniert. Die Sportstätten an der Ginsterstraße, Schleiermacherstraße und am Terrassenufer wurden gestern planmäßig bezogen.

OB Dirk Hilbert zeigt die Halle an der Schleiermacherstraße, in die am Donnerstag die ersten Asylbewerber einzogen.
OB Dirk Hilbert zeigt die Halle an der Schleiermacherstraße, in die am Donnerstag die ersten Asylbewerber einzogen. © Norbert Neumann

Heute sollen eigentlich Flüchtlinge in die Halle an der Thäterstraße in Übigau verlegt werden. Doch seit Mittwochnachmittag blockieren dort Anwohner die Zufahrt. Autos wurden auf dem Weg geparkt, der zu der Halle führt und permanent sind mindestens 15 Personen direkt vor dem Tor der Halle. Helfer von der Feuerwehr wurden angepöbelt und mussten wieder abziehen. Die Halle ist noch nicht komplett beräumt und es konnten noch keine Betten und andere Utensilien für die Flüchtlinge hereingebracht werden. Gestern war Hilbert vor Ort, sprach mit den Leuten. „Es gibt berechtigte oder unberechtigte Ängste in der Nachbarschaft“, beschrieb Hilbert die Situation. „Ob und wann wir die Halle überhaupt beräumen und ausstatten können, ist unklar.“ Der OB sehe den sozialen Frieden im Umfeld gefährdet, fürchtet wohl auch, dass Flüchtlinge, wenn sie dort einquartiert sind, angefeindet werden.

Ob der Standort überhaupt genutzt werden kann, ließ Hilbert offen. Es werde aber permanent nach Alternativen gesucht – unabhängig von dieser Halle. „Wir wissen noch nicht, wann genau die Flüchtlinge zugewiesen werden“, so Pressesprecher Kai Schulz. „Wenn wir das wissen, wird über weitere Schritte nachgedacht.“ Es ist auch möglich, dass die Stadt das Areal von der Polizei räumen lässt, um an die Halle heranzukommen, wenn die aufgebrachten Bürger davor den Weg nicht freigeben.

Die Stimmung war auch gestern aufgebracht, als Hilbert sich den etwa 40 „besorgten“ Anwohnern stellte, die sich mittags dort versammelten. Die Halle werde „bis auf Weiteres“ als Unterkunft für bis zu 60 Flüchtlinge gebraucht, so Hilbert – unter lautem Protest. Die Übigauer fürchten, die Kriminalität werde steigen. Ein Vater, der Mann war am Vorabend mit einer Alkohol-Fahne aufgefallen und hatte lautstark Stimmung gegen Journalisten gemacht, sagte nun, er bringe seine Kinder nun mit dem Auto zur Schule, weil sie Angst hätten. Ein anderer sagte, die Immobilienpreise würden nun sinken. Kurz: Es ist wie überall, wenn sich der Volkszorn regt. Dieselben Vorurteile – und Schuldzuweisungen. Man könnte als Stadtoberhaupt ja auch einfach mal „Nein“ sagen, forderte Tatjana Festerling. Die Ex-OB-Kandidatin von Pegida war schon am Mittwochabend vor Ort und auch am Donnerstag wieder.

Hilbert betonte mehrfach, die Stadt sei verpflichtet, die Menschen aufzunehmen. Ausgelacht wurde Hilbert von der aufgeheizten Menge, als er sagte, er unterstelle niemandem, kriminell zu sein. Wenn es Belästigungen gebe, müsse man die Polizei informieren – wieder lachte die Menge. Der OB kann sagen, was er will, er kann die Menschen nicht erreichen. Zum Schluss wollen sie von ihm sogar eine Zusage, dass die Polizei sie nicht „mit Pfefferspray“ wegräumen werde, wenn sie ihre Blockade aufrechterhielten. Ein anderer forderte ein Sicherheitskonzept binnen 24 Stunden. Wenn dort nur Frauen und Kinder untergebracht würden, würden sie die Halle freigeben, war einhellige Meinung. Auf diese Diskussion ließ Hilbert sich gar nicht erst ein.

Gegenwind für Hilbert gibt es auch vom Stadtsportbund. Präsident Jürgen Flückschuh teilte mit, dass Turnhallen keine angemessene Lösung zur Unterbringung seien. „Offensichtlich ist es der Politik nicht gelungen, auf die Herausforderungen der Flüchtlingskrise zeitnah und angemessen zu reagieren“, goss er Öl ins Feuer. Dresdens Sportvereine seien ehrenamtlich geführt und haben einen erheblichen Kinder- und Jugendanteil. Ihnen seien ohne Vorwarnung die Hallentüren verschlossen geblieben. Zudem würden die Vereine einen wichtigen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen über den Sport leisten. Die Stadt habe versucht, alle 24 betroffenen Vereine zu erreichen, sagte Hilbert.

Die Sportler haben Sorge, dass künftig weitere Sporthallen für Asylbewerber genutzt werden. Das sei laut Hilbert in diesem Jahr nicht zu befürchten, wenn die Zuweisungen wie geplant bleiben. Für das kommende Jahr konnte er allerdings nicht ausschließen, dass auch Schulsporthallen belegt werden müssen. Das versuche er aber zu vermeiden.