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Anwalt ohne Zulassung

Ein Freitaler vertrat vor Gericht Mandanten, obwohl er als Anwalt gar nicht zugelassen war.

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© Symbolbild/SZ

Von Yvonne Popp

Freital/ Dippoldiswalde. Der Mann auf der Anklagebank ist gebrochen. Sein beruflicher Niedergang war ein schwerer Schlag für ihn. „Ich mache dafür niemanden verantwortlich. Ich hätte einfach besser aufpassen müssen“, sagt Horst S. Dass er aber nun schon wieder vor Gericht steht, sei absolut unnötig und vermeidbar gewesen. „Ich schäme mich in Grund und Boden“, gesteht er leise. Erst im November vergangenen Jahres war der 64-Jährige wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, weil er am 20. Juni 2017 einen Schriftsatz an die Zivilabteilung des Dippoldiswalder Amtsgerichts geschickt hatte, dessen Briefkopf und Unterschrift ihn als Rechtsanwalt auswiesen. Doch als solcher hätte er zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr auftreten dürfen, da er seine Zulassung bereits am 9. Juni freiwillig zurückgegeben hatte.

Wie sich später herausstellte, hatte Horst S. auch am 12. Juni 2017 ein Schreiben als Anwalt verfasst, obwohl er da schon keiner mehr war. „Da habe ich kopflos gehandelt“, räumt er in Dippoldiswalde ein und erklärt, dass damals eine Frist in einer Familiensache abzulaufen drohte. Nur deshalb habe er den Brief noch geschrieben. Er habe aber nie vorgehabt, als Rechtsanwalt weiter in dieser Angelegenheit zu agieren, versichert er. Ihm sei es nur um die Einhaltung der Frist gegangen. Doch warum hatte der Mann seine Zulassung überhaupt zurückgegeben? 33 Jahre, so sagt er, sei er sehr gern Rechtsanwalt gewesen. Doch ein paar unkluge finanzielle Entscheidungen hätten ihm dann das Genick gebrochen. So habe er sich, was die Firma betrifft, die er neben seiner Kanzlei noch betrieben hatte, immer auf die Buchhaltung verlassen und diese nicht genügend kontrolliert. Ein Fehler, wie er heute weiß. Eine Betriebsprüfung brachte schließlich Fehlbuchungen zutage. Eine Anklage wegen Steuerhinterziehung und immense Nachzahlungsforderungen seitens des Finanzamts waren die Folge. Das wirkte sich auch auf die Kanzlei des Angeklagten aus. Sie geriet in finanzielle Schieflage, was wiederum dazu führte, dass Gelder, die für Mandanten – darunter der Freitaler Unternehmer Jürgen Göhler – erstritten worden waren, nicht mehr an diese ausgezahlt werden konnten. Eine Verurteilung wegen Untreue folgte. Der nun hoffentlich letzte Richterspruch gegen den gescheiterten Rechtsanwalt lautet drei Monate auf Bewährung. Dazu muss er 60 gemeinnützige Arbeitsstunden leisten.