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Anpacken statt zu meckern

Immer mehr Privat-Initiativen helfen in Kamenz: Anwohner harken Laub und zupfen Unkraut in Parks

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© Ina Förster

Von Ina Förster

Kamenz. Es hat ganze zwei Stunden gedauert. Und tat den Anwohnern der Pulsnitzer Straße in Kamenz auch gar nicht weh. Der Einsatz mit 26 Händen war an diesem windigen Sonnabendvormittag im November zwar mehr ein Kampf gegen Pest und Cholera gleichermaßen, doch er lohnte sich: Die Schillerpromenade sah am Ende etwas besser aus – vom Laube befreit. Das wird auch dem nahenden Advents-Spectaculum nutzen. Der bereitgestellte Anhänger der Kommunalen Dienste Kamenz (KDK) war gegen Mittag jedenfalls rappelvoll. Der Laubcontainer am Brunnen bekam auch eine große Ladung ab. Fazit des Tages: Zwei Stunden Bewegung an der frischen Luft, viel Spaß miteinander, Kinderlachen und Witzereißen über Laubhaufen hinweg, etwas Muskelkater im Oberarm, eine kleine Blase an der Hand vom Rechen. Herbstgrillen und heißer Glühwein im Nachgang. Und nur eine zerbrochene Harke …

Erst eine Woche vorher hatten sich die Anwohner zu diesem recht spontanen Einsatz verständigt. Über WhatsApp. Wie man das heutzutage eben macht. Im Sommer trifft man sich an gleicher Stelle zur Promenadenmischung unter Nachbarn. Mit Livemusik, selbst gebackenem Kuchen und historischen Schmankerln aus dem Viertel. Seit zwei Jahren, um genau zu sein. Die Idee, etwas zurückzugeben, kam vor ein paar Monaten. „Schließlich bitten wir die Stadt ja auch, im Juni den Rasen vorher zu mähen, damit wir hier unseren Brunch abhalten können“, so Mitmacherin Antje Schäfer. Warum die Sache nicht einfach mal andersherum angehen? „Hut ab, was die Leute von der KDK täglich in der Stadt leisten. Das ist gerade im Herbst Schwerstarbeit“, meinte Jens Krüger nach dem Einsatz . Das Motto lautete : Nicht immer nur meckern, was alles nicht wird in der Stadt. Sondern selber anpacken, damit etwas wird! Genauso hatte das auch eine andere Initiative bereits im Juni dieses Jahres gesehen. Da brodelte es ohnehin schon in der Altstadt von Kamenz. Es gab Foren, Kommentare, Bürger-Versammlungen, Statements aus dem Volk und in der Presse – alles zum Vorwärtskommen der City. „Und wenn einmal etwas in Bewegung gerät, sollte man den Schwung ausnutzen“, dachte sich damals Torsten Petasch. Als Anwohner stach ihm der eher unrühmliche Zustand des Robert-Koch-Platzes ins Auge. Er fragte herum, regte an, traf Absprachen mit der Stadtverwaltung, hängte Plakate auf. Die CDU Kamenz mischte am Ende ebenso mit, wie das City-Management.

Auch über Facebook wurden Leute zum Arbeitseinsatz unter dem Motto „Plätze kehren – Wilhelm Weisse zu Ehren“ eingeladen. Alle, denen Kamenz am Herzen liegt, sollten sich angesprochen fühlen, einmal ganz praktisch anzupacken. Und das funktionierte gut. Dass die KDK nicht immer und überall gleichzeitig zur Stelle sein können, müsste verständlich sein. Und doch gibt es immer wieder Kritik. Dabei investierte die Stadt Kamenz allein 2016 ganze 450 000 Euro in die Grünflächenpflege – einschließlich Straßenbegleitgrün. Und das Jahr ist noch nicht zu Ende. Für 2017 gibt es dementsprechend bereits einen höheren Ansatz. Wenn die Bürger ab und zu selber zupacken, würde das helfen. Allen übrigens!

„Kamenz ist als Mittelzentrum durch die Ortsteile vom ländlichen Raum geprägt. Dort ist das Selber-Hand-Anlegen gang und gäbe“, weiß Oberbürgermeister Roland Dantz. „Schön ist, dass es nun auch in der Kernstadt solche Impulse gibt. Ich denke da an die Reinigungsaktion am Robert-Koch-Platz und kürzlich an der Schillerpromenade. Hier wie dort haben Bürgerinnen und Bürger Hand in Hand sichtbar an- und zugepackt. Dafür ein großes und vernehmliches Dankeschön“, freut sich die Stadtspitze. „Vielleicht gibt es im nächsten Jahr noch mehr solcher Aktivitäten. Das hilft nicht nur zum richtigen Zeitpunkt zu mehr Ordnung und Sauberkeit im Stadtgebiet, sondern stärkt auch den Gemeinsinn. Und davon kann man bekanntlich in einer Stadt nie genug haben.“

So ein Arbeitseinsatz dient der Kommunikation und dem Kennenlernen. Das nächste Mal wird man ihn an der Pulsnitzer mit Sicherheit länger ankündigen, um noch mehr Mitmacher zu aktivieren.