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Angesteckt beim Arzt?

Die Wartezimmer sind voll. Die Zahl der Grippekranken steigt. Desinfektionsmittelspender in den Praxen könnten helfen. Doch die gibt es nicht überall.

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© dpa

Kamenz/Bautzen. Vor dem Betreten der Station bitte die Hände desinfizieren. Wer im Kamenzer oder im Bischofswerdaer Krankenhaus einen Patienten besucht, wird darum gebeten. Was in den Krankenhäusern der Region das ganze Jahr über gilt, ist in den Arztpraxen im Landkreis die Ausnahme. „Warum eigentlich“, fragt sich Leser Wolfgang Schmidt. Gerade jetzt, da die Grippewelle noch lange nicht überstanden ist, wäre es sinnvoll, wenn sich Patienten beim Betreten und Verlassen der Praxis die Hände desinfizieren könnten, um Bakterien abzutöten. „Die kann man schon mit nach Hause nehmen, wenn man in der Arztpraxis die Türklinke angefasst hat“, sagt Wolfgang Schmidt. Allgemeinmediziner oder Hausärzte sind nicht verpflichtet, Desinfektionsspender in ihren Praxen zu installieren. Grundsätzlich ist dies eine freiwillige Entscheidung der Mediziner, die teilweise auch Anwendung findet, teilte das Kreisgesundheitsamt auf SZ-Anfrage mit. Da Desinfektionsspender nicht vorgeschrieben sind und es auch keine entsprechende Verordnung gibt, führt das Gesundheitsamt in dieser Hinsicht keine Kontrollen durch.

Die Erreger der Virusgrippe werden nicht nur durch die Hände übertragen, sondern auch durch die Tröpfcheninfektion, sagt der Putzkauer Hausarzt Dr. Günther Biesold. Dabei gelangen Krankheitserreger, die im Rachenraum oder im Atmungstrakt siedeln, beim Niesen, Husten, Sprechen durch winzige Speichel-Tröpfchen an die Luft und werden anschließend von einem anderen Menschen eingeatmet. Dies ist ein Grund, warum es in der Putzkauer Praxis – wie in den meisten der Region – keinen Desinfektionsspender gibt.

Thema wieder im Fokus

Hinzu kommt: Nicht jeder verträgt die Desinfektionslösung. Zum Beispiel Menschen, deren Haut auf Umwelteinflüsse allergisch reagiert. „Wer sich die Hände waschen möchte, kann das auf der Toilette tun. Dort haben wir einen Seifenspender“, sagt Dr. Günther Biesold. In der Praxis versuchen die Schwestern, Grippe-Kranke gar nicht erst im Wartezimmer Platz nehmen zu lassen, sondern platzieren sie etwas abseits, damit sie andere Patienten nicht anstecken.

In den Oberlausitz Kliniken, die neben zwei Krankenhäusern auch mehrere Medizinische Versorgungszentren im Kreis betreiben, wird Hygiene groß geschrieben. „Die Abteilung Krankenhaushygiene hat die Aufgabe, Patienten und Mitarbeiter vor übertragbaren ambulant erworbenen und nosokomialen (im Krankenhaus erworbenen) Infektionen zu schützen. Damit trägt sie zur Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von Infektionen bei“, sagt Pressesprecher Steffen Lahode. Die hauseigenen Hygienestandards werden im Rahmen der Hygienekommission, die unter der Leitung des Ärztlichen Direktors steht, entsprechend der gültigen Hygienerichtlinien des Robert-Koch-Instituts und der Fachgesellschaften kontinuierlich angepasst.

Grundsätzlich, so der Sprecher, sei jede Art zur Händedesinfektion in Arztpraxen oder öffentlichen Bereichen zu begrüßen. Gerade im Hinblick auf Infektionen ist dieses Thema immer wieder in den Fokus zu rücken. Dennoch bewegt sich der Mensch nicht in einem sterilen Raum. „Wir haben mehr Bakterien an uns als Körperzellen, und sie sind auch wichtig und nötig, sonst könnte der Mensch nicht existieren, wenn man nur an Hautbakterien zum Schutz der Haut oder Darmbakterien die für die Verdauung denkt.“ Im Kreisgesundheitsamt verweist man ebenfalls auf die persönliche Hygiene als Grippeschutz und die Impfung, insbesondere die Vierfachimpfung, die nach wie vor sinnvoll ist. (SZ/ir)