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An die Säge, fertig, los

Der Sachsenforst verkauft an der Fröhne Weihnachtsbäume. Zuvor haben die Käufer aber selbst die Arbeit und die Qual der Wahl.

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© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Geringswalde. Sonnabendvormittag, kurz nach halb 10 Uhr herrscht schon reger Andrang auf der Weihnachtsbaumplantage bei Hoyersdorf. Familien mit kleinen Kindern, ältere Ehepaare – das Publikum ist bunt gemischt. Jens Schmidt streift mit seinen Kindern Sarah und Luis durch die Reihen aus Blaufichten und Tannen. Was für einen Baum sie suchen? „Nicht so hoch und schmal“, sagt Familienvater Jens. Mutter Ronni ist zuhause in Hartha geblieben. Das hat ganz praktische Gründe: „Sonst hat der Baum ja keinen Platz im Auto“, erklärt der Lkw-Fahrer.

Luis und Sarah tragen die Blaufichte zur Kasse.
Luis und Sarah tragen die Blaufichte zur Kasse. © Dietmar Thomas
Familie Schmidt schaut zu, wie Forstwirt Gerold Genge den Baum einnetzt.
Familie Schmidt schaut zu, wie Forstwirt Gerold Genge den Baum einnetzt. © Dietmar Thomas

Die drei bleiben vor einem Nadelbaum stehen. Ob es eine Blaufichte oder eine Tanne ist, wissen die drei nicht. „Das werden wir beim Bezahlen am Preis merken“, scherzt Jens Schmidt. Die Art sei ihnen auch nicht wichtig. Hauptsache, der Baum passt von der Größe her und schaut gut aus. Dass es dabei gar nicht so einfach ist, drei Meinungen auf einen Nenner zu bekommen, zeigt sich schnell. „Wie dicht sie gewachsen sind, täuscht auch ein bisschen, weil das Gras relativ hoch dazwischen steht“, meint Jens Schmidt. Wäre das Gras nicht, würden die Besucher an diesem feucht-kalten Vormittag jedoch gewiss mit den Füßen im Schlamm versinken.

„Der ist zu klein und pummelig“

Der elfjährige Luis trägt die Säge, die die Familie extra gekauft und mitgebracht hat. Nachdem sie an mindestens zehn Bäumen nach näherer Betrachtung und kurzer Diskussion zunächst gestoppt haben, dann aber doch kopfschüttelnd weitergezogen sind, bleibt Jens Schmidt vor einem der Nadelbäume stehen. „Was haltet ihr von dem hier?“, fragt er seine Kinder. Sarah nickt. Luis überlegt nicht lang und sagt: „Ich finde den nicht schön. Der ist so klein und pummelig.“ Jens Schmidt guckt etwas verdutzt und sagt: „Aber eigentlich ist es der perfekte Baum. Er ist nicht so hoch, aber schön dicht gewachsen, und relativ schmal.“ Deshalb entscheidet das Familienoberhaupt dann recht schnell: „Den nehmen wir jetzt.“ Luis kann mit dieser Wahl trotzdem leben, wie er sagt.

Der Schüler setzt die Säge an. Als Kleinster hat er schließlich den kürzesten Weg nach unten, sind sich die Drei schnell einig. Doch weil der Baum doch sehr dicht gewachsen ist, kommt er nicht so recht voran. Vater Jens macht die ersten kräftigen Schnitte mit der Säge, dann übernimmt Luis wieder. Es dauert – das zwischenzeitliche Posieren für die Fotos ausgenommen – keine zwei Minuten, bis Jens Schmidt den Baum in die Höhe ziehen kann.

Luis und Sarah hiefen sich die Blaufichte über die Schultern und tragen sie zum Verkaufsstand. Dort warten Forstingenieur Frank Knebel und Revierförster Stefan Scholz und kassieren das Geld. Und, welcher Baum ist es nun geworden? „Ich habe 20 Euro gezahlt, also ist es wohl eine Blaufichte“, sagt Jens Schmidt. Während die Forstwirte Klaus Renner und Gerold Genge den Weihnachtsbaum der Familie ins Netz wickeln, erzählt die 15-jährige Sarah, dass sie gemeinsam mit ihrer Mutter und dem Bruder fürs Schmücken zuständig ist. Der Ausflug auf die Plantage hat den Dreien sichtlich Spaß gemacht. „Es ist doch schön, sich den Baum gemeinsam auszusuchen und sich einen zu holen, der in der Heimat gewachsen ist“, sagt Jens Schmidt. Bereits zum dritten Mal haben sie es so gehandhabt, erzählt er noch, bevor er samt Kindern und Baum zum Wagen geht, um die Blaufichte in den Kombi zu laden und zurück in die warme Stube zu fahren.

2 500 Bäume stehen zur Wahl

Auf der Plantage reißt der Besucherstrom unterdessen nicht ab. Im Gegenteil. „Es ist deutlich mehr los als voriges Jahr um dieselbe Zeit“, sagt Stefan Scholz, Revierförster für Mittweida. 2 500 Bäume standen vor Verkaufsbeginn auf der 7 000 Quadratmeter großen Plantage am Rande der Straße. „Etwa fünf Prozent sind Nordmanntannen, der Rest Blaufichten. Sie sind hier zwischen vier und sechs Jahre lang gewachsen, hinzu kommt die Zeit in der Baumschule. Das sind in der Regel zwischen zwei und drei Jahre“, erläutert Scholz.

Sonderkultur extra fürs Fest

Seit 2008 ist Stefan Scholz als Revierförster tätig, seit 2009 gibt es den Weihnachtsbaumverkauf. „Es muss niemand Bedenken haben, dass dadurch der Waldbestand reduziert wird. Die Blaufichte ist kein Waldbaum, sondern wird als Sonderkultur speziell für Weihnachten gepflanzt“, erklärt Stefan Scholz. Die Fläche ist im Besitz des Freistaates Sachsen, dem Staatsbetrieb Sachsenforst, um genau zu sein. „Weil die Bäume erst wieder nachwachsen mussten, haben wir 2014 und 2015 pausiert. Im vergangenen Jahr haben wir 150 Bäume verkauft“, so Scholz. Aufgrund des Andrangs an diesem Sonnabend rechnet er damit, dass diesmal etwa doppelt so viele Bäume den Besitzer wechseln. „Noch etwa drei weitere Jahre können wir Weihnachtsbäume von dieser Fläche aus verkaufen“, ergänzt er.