Merken

An der Müglitztalbahn fallen die Bäume

Auch am Dienstag bleiben die Triebwagen im Depot. Wie es weiter geht, ist offen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Heidenau/Altenberg. Der Hilferuf der Städtebahn Sachsen wurde offenbar erhört. Der Forstbezirk Bärenfels hat mit Arbeiten an der Müglitztalbahn begonnen. Waldarbeiter haben am Montag zwischen Geising und Altenberg nicht nur Schäden beseitigt, die auf den Sturm „Herwart“ zurückgehen. Vorsorglich wurden auch Bäume gefällt, die auf die Gleise zu kippen drohten.

Am Dienstag vor einer Woche hatten drei Bäume den Bahnverkehr mehrmals zum Erliegen gebracht. Kurz danach stellte die Städtebahn den Betrieb ein. Der Betriebsrat unterstützt die Geschäftsleitung dabei. Wie das Unternehmen informiert, stehe dieser geschlossen zu der Entscheidung, den Betrieb auf der Strecke Heidenau–Altenberg einzustellen. „Mitarbeiter reichen dem Unternehmen immer wieder Bilder ein, die den katastrophalen Zustand dokumentieren“, hießt es weiter.

Zeitgleich mit der Einstellung des Bahnbetriebes forderte die Städtebahn den Streckenbetreiber, die DB Netz AG – eine Tochter der Deutschen Bahn AG – auf, nachhaltig Abhilfe zu schaffen. Das ist nun offenbar angelaufen. Wie von der Sprecherin des Forstbezirkes Bärenfels, Kristina Funke, zu hören war, hat sich der zuständige Revierförster mit Mitarbeitern der DB Netz AG getroffen, um sich den Wald an der Trasse genauer anzuschauen.

„Bei der Besichtigung der Schäden wurde eindeutig festgestellt, dass der orkanartige Wind gesunde Bäume zum Umstürzen gebracht hat“, sagt Kristina Funke. Dass die Schäden für die Bahnstrecke und einige Straßen so verheerend ausfielen, lag an der für das Osterzgebirge ungewöhnlichen Windrichtung. Der Wind am Dienstag vor einer Woche kam aus dem Süden. Das ist selten. Der Wald im Erzgebirge, das von Norden nach Süden ansteigt, bekommt fast immer Wind aus dem Westen ab. Die Bäume haben sich so ausgerichtet, dass sie dem standhalten können. Weht der Wind aus dem Süden – oder aus Norden wie bei Herwart –, sind die Angriffsflächen, die die Bäume bieten, größer, sagt der Leiter des Forstbezirkes Bärenfels, Sven Irrgang.

Trotz der Rodungen wird die Städtebahn wohl weiter damit rechnen müssen, dass Bäume auf die Strecke fallen. Der Staatswald entlang der Bahnlinie wird zwar einmal jährlich auf seine Verkehrssicherheit hin geprüft, sagt Frau Funke. Werden potenzielle Gefahrenstellen entdeckt, würden die auch beseitigt. Doch wöllte man grundsätzlich verhindern, dass bei Stürmen oder extremem Nassschnee Bäume auf die Bahngleise stürzen, müsste regelmäßig ein Kahlschlag in der eineinhalbfachen Baumlänge entlang der Baumtrasse erfolgen.

„Einen vorauseilenden Kahlschlag wird es mit uns nicht geben“, sagt Irrgang. In Mitteleuropa müsse man mit dem Risiko leben, dass ein Baum umfällt. Darüber hinaus würde durch einen „Kahlschlag“ nicht nur der besondere touristische Reiz dieser Bahntrasse verlorengehen. In den steilen Tälern würde es zwangsläufig zu Steinschlägen und Erdrutschen führen, im Winter zu Schneeverwehungen, erklärt Forstbezirkssprecherin Kristina Funke.

Das heißt für die Zukunft: Um die Fahrgäste auch während und direkt nach Sturmereignissen sicher zu befördern, wird die Städtebahn auf der Strecke zwischen Altenberg und Geising nur mit gedrosselter Geschwindigkeit fahren können. Ähnlich hatte auch der Streckenbetreiber, die DB Netz AG argumentiert. Bis auf Weiteres werde sie bei außergewöhnlichen Situationen wie Sturm und großer Schneelast ein „Fahren auf Sicht“ zwischen Geising und Altenberg anordnen. Das bedeutet, dass die Lokführer ihre Fahrweise so einzurichten haben, dass sie rechtzeitig vor jedem Hindernis zum Halten kommen.

Bei der Städtebahn war man davon nicht begeistert. Städtebahn-Geschäftsführer Torsten Severin erklärte, dass man das nur für Ausnahmefälle gelten lassen möchte: „Wir werden uns nicht durch eine allgemeine ‚Fahren-auf-Sicht-Anweisung‘ der DB Netz AG in die Verantwortung drängen lassen, die nicht in unserem Risikobereich steht.“ Das dürfe nur in Extremsituationen und Ausnahmefällen in Betracht kommen. Zum einen, weil dies die vollständige Verantwortung des Lokführers nach sich ziehe, zum anderen, weil die Städtebahn die Fahrplanvorgaben einhalten müsse.

Offen ist, wie lange der Bahnverkehr im Müglitztal ruht. Der am Dienstag voriger Woche eingerichtete Schienenersatzverkehr wird noch mindestens bis zum 17. Januar bestehen bleiben. Das teilt die Städtebahn über die Internetseite des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) mit. Die von der Städtebahn für Montag angekündigte Pressemitteilung wurde bis zum Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht.