SZ +
Merken

An der Autobahnausfahrt Löbau

In 15 Minuten von Löbau nach Bautzen, in weniger als 20 nach Zittau und in 45 nach Dresden: Diese Fahrzeiten könnten heute Wirklichkeit sein…

Teilen
Folgen
NEU!
© Uwe Soeder

Von Dietmar Rößler und Thomas Mielke

In 15 Minuten von Löbau nach Bautzen, in weniger als 20 nach Zittau und in 45 nach Dresden: Diese Fahrzeiten könnten heute Wirklichkeit sein – wenn die Pläne aus der Wendezeit umgesetzt worden wären. „Bereits Anfang 1990, also vor der Wiedervereinigung, war eine neue Autobahn von Cottbus über Bautzen und Löbau nach Zittau Bestandteil der Überlegungen für ein künftiges Kernnetz der Autobahnen und das Autobahnnetz ergänzender Fernverkehrsstraßen der DDR“, teilte das Sächsische Wirtschaftsministerium auf SZ-Anfrage mit. Bei den kurz drauf einsetzenden Beratungen mit den westdeutschen Verkehrsexperten wurde dann aber umgeplant. Der Freistaat schlug dem Bund daraufhin die beiden Projekte A 17 von der A 4 bei Bautzen über Löbau und Zittau nach Tschechien und A 18 von Cottbus über Weißwasser und Görlitz nach Zittau vor. Bereits kurze Zeit später waren diese Träume allerdings ausgeträumt. Der Bund lehnte ab. Die Begründung laut Dresdner Verkehrsministerium: „Kein anerkannter Bedarf. Den Belangen des Umweltschutzes wird Vorrang eingeräumt.“ Die beiden Projekte seien daher 1992 nicht in den Bundesverkehrswegeplan – in dem alle Neubauvorhaben festgezurrt sind – aufgenommen worden, also schon in diesem frühen Planungsstadium gescheitert.

Stattdessen wurde die neue B 178 in das Papier des Bundes für den Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen aufgenommen. Wie es weiterging, ist hinlänglich bekannt: Die Bundesstraße ist auch 23  Jahre nach der Aufnahme noch nicht fertig – und soll jetzt zwischen Nostitz und der A4 sogar statt vier- nur noch dreispurig ausgebaut werden.

Das waren die Pläne für die A 17 und A 18 im Einzelnen:

A 17: Aus der Lausitz nach Dresden verschoben

Für die A 17 Bautzen-Löbau-Zittau-Liberec gab es sogar mehrere Trassen-Ideen. Eine Variante sollte über das Oberland bei Neusalza-Spremberg und Ebersbach führen. Am Ende sahen die Planungen vor, dass die A 17 an der A4 bei Bautzen beginnt und über Hochkirch, Löbau und die nun bis auf den Abschnitt Oderwitz-Oberseifersdorf fertige Trasse der neuen B 178 nach Zittau führt. Nach dem Autobahn-Dreieck Zittau-Ost aus A  17 und A 18 sollte sie ebenfalls auf der Trasse der bereits fertigen B 178n-Verlängerung durch Polen an die vierspurige Schnellstraße nach Liberec (Reichenberg) beziehungsweise an die Autobahn nach Prag angebunden werden. 576 Millionen D-Mark, also knapp 300 Millionen Euro, waren für Planung und Bau veranschlagt. Doch die Autobahn fand kein Gefallen in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. „Offensichtlich wegen Verfehlung der verkehrlichen Ziele, unter anderem keine Verkehrswirksamkeit für den Raum Dresden“, so das Verkehrsministerium. Michael Hiltscher, heute Vorkämpfer für die neue B 178, bestätigt das. Die Entscheider der Region waren sich damals einig: „Den Kampf gegen die Landeshauptstadt werden wir nicht gewinnen“, erinnert sich Hiltscher. Deshalb schwenkten sie auf den Bau der Kraftfahrstraße B 178n um, die es dann tatsächlich in den Bundesverkehrswegeplan schaffte. Die A 17 wurde auch gebaut. Aber woanders: Sie verbindet heute die A 4 bei Dresden mit der sächsisch-tschechischen Grenze und führt von dort mit einer Unterbrechung weiter nach Prag.

A 18: Erste Planungen bereits vor 80 Jahren

Die A 18 sollte an der A 15 bei Cottbus beginnen, über Döbern, das Weißwasseraner Kreuz mit der A 16, Rietschen, Niesky, dem Görlitzer Kreuz mit der A 4, Ostritz und Hirschfelde nach Zittau führen und am Dreieck mit der A 17 enden. Die A 16 sollte Hoyerswerda und Weißwasser Richtung Osten mit Polen und Richtung Westen mit Leipzig verbinden. Auch die Kosten für die 104 Kilometer lange A 18 waren bereits überschlagen worden: 1,25 Milliarden D-Mark, also rund 600 Millionen Euro haben die Verkehrsplaner in den Antrag an den Bund geschrieben. Die Überlegungen für diese Oberlausitz-Autobahn gab es schon länger – und sie waren bereits in der Umsetzung begriffen. Laut des Ex-Zittauers Mario Stecker, der das Projekt erforscht, plante die Hitlerregierung ab 1937 eine Autobahn an der „Ost-Oder-Neißelinie“ von Pommern nach Görlitz. Ein Jahr später wurde die Autobahn auf dem Papier bis ins damalige Reichenberg, heute Liberec, verlängert. Die Trasse sollte an Bernstadt vorbei zwischen Neundorf und Dittersbach sowie Wittgendorf und Eckartsberg verlaufen, Zittau zwischen Frauenfriedhof und Weinau und der heutigen Grenze an der Chopinstraße queren. Die Einwohner waren informiert. Die Bauern auf dem Eigen wehrten sich gegen den Landverbrauch und forderten eine Verlegung der Trasse nach Westen. Sogar einige Häuser waren schon für den Bau abgerissen worden. Am 18. April 1939 wurde der erste Spaten für den Abschnitt Reichenberg - Zittau - Görlitz bei Reichenberg in die Erde gerammt. Kriegsbedingt sind die Arbeiten aber 1940 eingestellt und nie wieder aufgenommen worden.