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Amtsblatt sorgt für Aufruhr

Verschmelzen die Mitteilungsblätter von Vierkirchen und Waldhufen? Es ist ein Stimmungstest für eine Fusion.

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Von Alexander Kempf

In Nieder Seifersdorf verbreiten sich Nachrichten schnell. Auch wenn sie noch nicht im Mitteilungsblatt der Gemeinde oder der Zeitung stehen. Am Donnerstag gibt es ein Gesprächsthema, das die Menschen im Ort besonders bewegt. Das Mitteilungsblatt soll sich verändern, munkelt man. Also wird Roselies Nitsche, die Vorsitzende des Heimatvereins, in die Spur geschickt, den Gemeinderäten das Bedauern der Bürger auszurichten. Das tut sie am Abend in Diehsa. „Wir sind ein bisschen traurig“, sagt sie am Anfang diplomatisch und wird dann immer deutlicher. Es sei ja nicht klar, ob Vierkirchen und Waldhufen eine Gemeinde werden – warum also soll das Blatt schon jetzt zusammengelegt werden? Das Dorf jedenfalls verstehe den Vorstoß nicht. „Was interessiert mich Buchholz?“, fragt Roselies Nitsche provokativ.

Die Nieder Seifersdorferin ist nicht die erste, die das Projekt kritisiert. Als es im Gemeinderat Vierkirchen vorgestellt wird, äußert Gemeinderätin Christine Nicht ihre Bedenken, das Amtsblatt könnte ein Ladenhüter werden. Denn anders als in Waldhufen werden die Mitteilungen der Gemeinde bisher jedem Haushalt kostenlos zugestellt. Es ist Teil der Heimatrundschau, dem Amtsblatt für die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Reichenbach. Die finanziert Druck und Zustellung via Werbung. Wird in den Geschäften in Vierkirchen tatsächlich jemand 50 Cent für das neue Amtsblatt bezahlen, das zunächst in einer Auflage von 350 Stück gedruckt werden soll? Für Christine Nicht ist das Vorhaben wohl nicht nur ein Wagnis, sondern auch ein Rückschritt. Denn der Bürger soll künftig für etwas zahlen, das er bisher kostenlos erhalten hat.

In Waldhufen ist das Mitteilungsblatt alles andere als ein Ladenhüter. Laut Informationen der Gemeinde gehen monatlich rund 650 Stück über den Ladentisch. Das sei angesichts der Einwohnerzahl von etwas mehr als 2 000 Menschen enorm, stellt Gemeinderat Friedrich Boltz fest. Eben wegen der großen Akzeptanz rät er von Schnellschüssen ab. „Wenn in einer Sache, die funktioniert, rumgerührt wird, ist es meist schief gegangen“, sagt er. Auch anderen Gemeinderäten bereitet das Projekt Bauchschmerzen. Was, wenn das neue Mitteilungsblatt zu lang, zu unübersichtlich oder aber zu unpersönlich wird? Das fragt sich zum Beispiel Joachim Renner. „Ich würde das wenigstens in der Öffentlichkeit diskutieren“, sagt der Baarsdorfer.

Tatsächlich gibt es in Sachen Gemeindefusion wohl noch reichlich Gesprächsbedarf in Waldhufen. Joachim Renner jedenfalls ist nicht der Meinung, dass das Thema intern umfassend besprochen ist. Andere werben unbeirrt für einen gemeinsamen Weg mit dem Nachbarn Vierkirchen. „Wir sind uns einig, dass wir keine Großgemeinde innerhalb des Verbandes und auch nicht mit der Stadt Niesky zusammengehen wollen“, sagt Gemeinderat Roland Jäkel. Das gemeinsame Amtsblatt könnte ein nächster Schritt sein, um der Politik zu zeigen, dass ein Zusammengehen von Vierkirchen und Waldhufen von den Bürgern gewollt ist. Der Nachbar sei da mental schon einen Schritt weiter.

So einig, wie es Roland Jäkel darstellt, ist man sich dann aber offenbar doch nicht in Waldhufen. Joachim Renner erinnert daran, dass zwei Gemeinderäte bei internen Besprechungen auch zur Fusion mit Niesky tendiert haben. Als das Thema zuletzt in der Verbandsversammlung angesprochen wird, halten sich die Gemeinden Hohendubrau, Mücka und Quitzdorf am See bedeckt. Er könne keine Probleme innerhalb des Verbandes feststellen, so der Vorsitzende Dirk Beck. Für die Partner komme der Wunsch von Waldhufen überraschend. Diskutiert werden müsse das Thema daher auch zunächst im Gemeinderat.

Dort wird zumindest die Entscheidung über das gemeinsame Amtsblatt mit dem Nachbarn vertagt. Die Mehrheit der Gemeinderäte will den Vorschlag der Arbeitsgruppe erst intensiver prüfen. Veränderungen stehen aber ganz sicher ins Haus. Das Mitteilungsblatt soll nämlich künftig nicht mehr kopiert, sondern gedruckt werden. Die Arbeitsgruppe favorisiert dafür bisher eine Druckerei im rund 200 Kilometer entfernten Delitzsch.