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Altes Löffler-Gymnasium darf nicht mehr so heißen

Der neue Name für die Schule kommt im Stadtteil allerdings gar nicht gut an.

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© Archivbild: Thomas Lehmann

Von Annechristin Bonß

Was manchem Elternpaar vor der Geburt des Nachwuchses Kopfzerbrechen macht, beschäftigt nun auch die Stadtverwaltung. Wie soll es heißen, das neue Kind in Dresdens Bildungslandschaft? Seit drei Jahren lernen Schüler am Gymnasium Süd-West. Das hat derzeit in Gorbitz seinen Sitz. 2018 sollen Schüler und Lehrer in die Südvorstadt umziehen. Dort wird das ehemalige Gymnasium an der Bernhardstraße derzeit saniert, ausgebaut und mit einem modernen Anbau versehen. Nun sorgt der Name für die Schule für Streit und Kritik.

Sie wählten den Gelehrten Tschirnhaus als Namensgeber.
Sie wählten den Gelehrten Tschirnhaus als Namensgeber. © Quelle: Wikimedia

Die soll eigentlich Ehrenfried-Walther-von-Tschirnhaus-Gymnasium heißen. Das jedenfalls wünschen sich Eltern, Lehrer und Schüler. Eigentlich sollte der Bildungsausschuss dem Vorschlag bereits am Mittwoch zustimmen. Dazu kam es jedoch nicht. Denn in der vergangenen Woche haben sich die Mitglieder in den Ortsbeiräten Plauen und Cotta mehrheitlich gegen Tschirnhaus als Namensgeber entschieden. Sie haben nicht nur einen Kritikpunkt.

„Ein fünfteiliger Name ist schlichtweg unpraktisch“, sagt der Plauener Bijan Djawid (SPD). Ein „Wortungetüm“, nennt sein Cottaer Kollege Henrik Ahlers den Namen. Jürgen Stäbener von der Plauener Linken kritisiert, dass es durchaus auch Schattenseiten in der Biografie von Tschirnhaus gebe. Die fallen bei solch einer Ehrung, wie es die Namensgebung ist, unter den Tisch. Tschirnhaus gilt als erster Universalgelehrter, Aufklärer und Schöpfer vieler philosophischer und pädagogischer Schriften. Zudem war er an der Erfindung des Porzellans beteiligt. Stäbener kritisiert jedoch, dass Tschirnhaus eher der Aufpasser für den eigentlichen Erfinder Böttger war.

FDP-Ortsbeirat Dietmar Keil sieht ein anderes Problem. Der Name einer Schule solle Bezug nehmen auf den Stadtteil. „Man sollte Kraft und Mut haben, den Namen Fritz Löffler wieder zu wählen“, sagte er. Der Literaturwissenschaftler Fritz Löffler hat bis zu seinem Tod 1988 in Plauen gelebt. Bis 2007 hatte es in dem Gebäude an der Bernhardstraße bereits das Fritz-Löffler-Gymnasium gegeben. Wegen der schwindenden Schülerzahlen wurde es geschlossen. Den Namen Tschirnhaus würden die Plauener daher sicher nicht akzeptieren, sagt Keil. „Durchsetzen wird sich der Name im Stadtteil sicher nicht“, sagt auch Grünen-Ortsbeirat Jens Georgi.

Dabei hat sich die Schulkonferenz mit gutem Grund gegen Fritz Löffler, aber auch gegen andere Vorschläge entschieden. „Wir sind eine neu gegründete, keine wiedereröffnete Schule“, sagt Schulleiterin Sandra Gockel. Daher komme der alte Name nicht infrage. Der Name Tschirnhaus passe am besten zu dem angebotenen Profil und dem pädagogischen Konzept. Zudem gibt es durchaus Lehrer, die am alten Fritz-Löffler-Gymnasium die Schließung miterlebt haben und mit dem Namen die unangenehmen, teils schmerzenden Erinnerungen verbinden. Im Ortsbeirat Cotta wird die Schulleiterin noch konkreter. „Wir werden uns nicht mit dem Namen Fritz Löffler identifizieren“, sagte sie.

Dort hatte es noch einen anderen Kritikpunkt zu Tschirnhaus gegeben. Einige Ortsbeiräte monierten, wie es überhaupt zur Auswahl kam. Schulleiterin Gockel betonte mehrfach, dass es ein demokratisches Verfahren gegeben habe. Demnach sollte der erste Jahrgang des Gymnasiums entscheiden. 95 Prozent der Kinder in den vier Klassen haben ursprünglich gar nicht auf diese Schule gehen wollen. Weil aber alle anderen Gymnasien voll waren, wurden sie umgeleitet. Mittlerweile lernen sie gern im Süd-West und sollen nun für die Mühen am Anfang mit dem Recht auf die Namenswahl belohnt werden.

Allerdings dürfen Schüler erst ab der siebten Klasse in einer Schulkonferenz mitstimmen. Die Eltern haben sich deshalb mit den Kindern zu Hause über mögliche Namen unterhalten und Vorschläge gesammelt. Diese wurden in der Schulkonferenz diskutiert. Es habe mehrere Workshops gegeben, sagt Gockel. An der tatsächlichen Wahl haben schließlich vier Lehrer und zwei Eltern teilgenommen. Die Ortsbeiräte zweifeln nun, dass tatsächlich die Schüler Tschirnhaus vorgeschlagen haben.

Dabei gab es vereinzelt auch Zustimmung für den Vorschlag. Vor allem die CDU-Mitglieder sprachen sich dafür aus, den Willen der Schule zu akzeptieren. Beide Ortsbeiräte stimmten schließlich für den Namen Fritz Löffler. Der Bildungsausschuss hat das Thema erst einmal vertagt. Erneut soll mit allen Beteiligten gesprochen werden. Ein Kompromiss soll her. Jeder andere Vorschlag müsste der Schulkonferenz erneut vorgelegt werden. Fritz Löffler scheint dabei derzeit auf verlorenem Posten zu stehen.