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Altersgerechte Wohnungen in Niesky

Mit altersgerechten Wohnungen wollen zwei Firmen in Niesky eine Alternative zum klassischen Altersheim schaffen.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Der Weißwasseraner Pflegedienst Kunze expandiert nach Niesky. Ab Montag will das Unternehmen ein Beratungsbüro in der Schulstraße eröffnen. Dort soll an vier Tagen in der Woche in einem Container über Leistungen der Firma informiert werden. Sie will in Niesky unter anderem ab Januar 2016 insgesamt 27 altersgerechte Wohnungen betreuen.

Während der Bauberatung herrscht bei Nadebor-Bauleiter Steffen König, Investor Matthias Schur, ITL-Projektleiter Reinhard Hanko und Nadebor-Polier Torsten Leliso Zufriedenheit (von links). Der Zeitplan wird eingehalten.
Während der Bauberatung herrscht bei Nadebor-Bauleiter Steffen König, Investor Matthias Schur, ITL-Projektleiter Reinhard Hanko und Nadebor-Polier Torsten Leliso Zufriedenheit (von links). Der Zeitplan wird eingehalten. © André Schulze
Neben modernen Sprechanlagen und Notknöpfen sollen auch ebenerdige Duschen den Senioren das Leben erleichtern. Die Bäder in der ehemaligen Schule sind daher komplett gefliest und haben Gefälle.
Neben modernen Sprechanlagen und Notknöpfen sollen auch ebenerdige Duschen den Senioren das Leben erleichtern. Die Bäder in der ehemaligen Schule sind daher komplett gefliest und haben Gefälle. © André Schulze

Dafür wird gegenwärtig die alte Berufsschule in der Nieskyer Schulstraße umgebaut. Die Arbeiten liegen laut Bauherr und Investor Matthias Schur aus dem Boxberger Ortsteil Kringelsdorf im Zeitplan. Die Sanierung des historischen Hauses markiert den ersten Bauabschnitt einer Großinvestition. Im kommenden Jahr sollen auf dem Areal neben einer Intensivpflege auch mehrere Mehrfamilienhäuser mit Aufzug und Tiefgarage entstehen. Altersheim ist für Unternehmer Matthias Schur ein Tabuwort. Damit sollen die 27 Wohnungen, die derzeit in der ehemaligen Nieskyer Berufsschule entstehen, nicht assoziiert werden. Das altersgerechte Wohnen in der Schulstraße verstehen er und sein Partner Daniel Kunze eher als einen Gegenentwurf zu herkömmlichen Pflegeheimen. Wenn die zukünftigen Mieter Nöte haben, erhalten sie Hilfe. Generell aber können sie ihren Tag frei einteilen.

Anfragen über den Gartenzaun

Sicherheit auf der einen, Selbstständigkeit auf der anderen Seite – mit diesen Argumenten wollen das Bauunternehmen Schur und der Pflegeanbieter Kunze bei Interessenten punkten. Vieles spricht dafür, dass die Rechnung aufgeht. Schon während der Bauarbeiten hat es Anfragen über den Gartenzaun gegeben, ob noch Wohnungen in dem Haus verfügbar sind, berichtet Matthias Schur. Kommende Woche will das Familienunternehmen Kunze in einem Container vor Ort alle Fragen von Neugierigen beantworten.

Montag, Dienstag und Freitag sei das Beratungsbüro am Vormittag besetzt, erzählt Stefanie Droigk vom Pflegedienst Kunze, donnerstags habe es von Mittag bis zum Abend geöffnet. Die Assistentin der Geschäftsführung hofft, dass die Expansion nach Niesky gelingt. Neben den altersgerechten Wohnungen, die wohl ab Januar 2016 bezogen werden können, ist in einem Neubau auch eine Intensivpflege geplant. Zudem will die Firma auch einen ambulanten Service in Niesky anbieten. „Wir sehen da einen Bedarf“, sagt Stefanie Droigk.

Die Fertigstellung des alten Schulgebäudes rückt mit großen Schritten näher. Anfang Dezember will Matthias Schur es an den befreundeten Pflegedienst übergeben. Böse Überraschungen bei der Sanierung seien glücklicherweise ausgeblieben. Der Zeitplan könne so gehalten werden. Von außen erstrahlt die sanierte Fassade längst in neuem Glanz. Innen werden viele das Gebäude kaum wiedererkennen. „Wir haben es komplett entkernt“, erzählt Matthias Schur. Im Anbau liegt der Flur, von dem die Wohnungen abgehen, nun mittig im Haus. Zudem ist ein Aufzugsschacht im Gebäude nachgerüstet worden.

„Etwas Lärm muss sein, damit die Bewohner wissen, dass sie leben“

„Ohne Fahrstuhl brauchen wir nichts mehr zu bauen“, sagt Matthias Schur. Er ist der Überzeugung, dass die Nachfrage nach barrierefreien Wohnungen in Niesky in Zukunft noch steigen wird. „Der Bedarf ist viel größer als das, was wir bauen“, sagt er. Altersgerechte Wohnungen werden für das Unternehmen daher ein immer wichtigeres Standbein. „Das wird für uns die Zukunft“, so Matthias Schur. Er hat klare Vorstellungen, wo investiert werden soll. Nämlich nicht in Randlagen, sondern in Stadtzentren. Dass die 27 neuen Wohnungen in Niesky in der Nähe einer Schule liegen, spielt ihm ideal in die Karten. Es möge vielleicht komisch klingen, sagt Matthias Schur, doch „etwas Lärm muss sein, damit die Bewohner wissen, dass sie leben.“

Doch nicht nur private Anbieter wie der Baubetrieb Schur aus dem Boxberger Ortsteil Kringelsdorf investieren derzeit in altersgerechte Wohnungen. Auch die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Niesky hat angekündigt, im kommenden Jahr in die Sanierung des DEWOG-Hauses zu investieren. Dort sollen laut Geschäftsführer Wilhelm Fischer auf 1 500 Quadratmetern ebenfalls 27 barrierefreie Wohnungen entstehen und ein Aufzug nachgerüstet werden. Große Objekte bieten sich an. Denn so wichtig ein Lift auch ist, erst ab rund zehn Wohneinheiten rechne sich dieser wirtschaftlich, schätzt Bauunternehmer Matthias Schur.

Der private Investor legt das Geld für das Großvorhaben in der Schulstraße selbstverständlich nicht bar auf den Tisch. Es wird mithilfe der Sparkasse und der KfW-Bank finanziert. Matthias Schur freut sich, dass er und Partner Daniel Kunze allerorts auf offene Türen stoßen. „Die Stadt und das Landratsamt haben uns auf ganzer Ebene unterstützt“, sagt er. Das verwundert nicht. Weiß doch theoretisch niemand besser als die Verwaltung, vor welchen Herausforderungen die Region aufgrund des demografischen Wandels steht.

Matthias Schur will aber nicht zu den schwarzmalenden Statistikern gehören. „Waren Sie auf dem Nieskyer Herbstfest?“, fragt er. Dort habe Niesky gezeigt, dass es jung und lebhaft sein kann. Ihm ist daher nicht bange um die Zukunft. Sonst würde er wohl auch kaum so kräftig investieren. Auf dem Areal der ehemaligen Berufsschule sollen ab dem kommenden Jahr auch Würfelhäuser mit Aufzug und Tiefgarage entstehen.