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Alternativ im Schottenrock

Armin Schuberts Hof in Podemus fällt auf. Er selbst auch. Geplant hat er das allerdings nie.

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© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Die geschwungene Mauer mit ihrem Tor erinnert an Bilder aus Märchenbüchern. Sie versteckt den kleinen, gepflasterten Hof vor neugierigen Blicken. Ein Dreiseithof mit Fachwerkhäusern verbirgt sich dahinter. Wer aus der turbulenten Dresdner Innenstadt auf diesen Flecken Erde in Podemus stößt, fühlt sich fast wie in einer anderen Welt. Oder wie in einer anderen Zeit. Wenn Hausherr Armin Schubert aus der Tür tritt, verschwimmt das Hier und Jetzt noch ein bisschen mehr. Im rotkarierten Schottenrock steht er da, Achselshirt und eine lange Zipfelmütze auf dem Kopf, weiß mit klitzekleinen blauen Pünktchen. Armin Schubert ist ein Original. Einer, der anders ist.

Er selbst hat es nie darauf angelegt, aus der Masse herauszustechen. „Das hat sich einfach so ergeben“, sagt er. Das mit dem Schottenrock sowieso. Bequem sei er halt. Punkt. Vier Stück hat er. Drei zum Arbeiten, einen für fein. Die Individualität hat aber Grenzen. Temperaturmäßig. „Wenn es kalt ist, ziehe ich natürlich Hosen an“, sagt der 40-Jährige lächelnd.

Wer sich von ihm über den Hof führen lässt, merkt schnell: Er kennt jeden Stein. Kein Wunder, schließlich ist er hier aufgewachsen. Schon seit Generationen leben Schuberts auf diesem Hof. Seit 16 Jahren teilt er ihn sich mit seinem Cousin. Vorn, zum Hof hin, hat Armin Schubert dafür gesorgt, dass die Zeit ins Stocken gerät. Wohnhaus und Scheunengebäude hat er umgestaltet. Hat sie durch das Verwenden von Fachwerk und Lehm wieder in ihre Vergangenheit katapultiert. Zwölf Jahre baut er schon. Immer Stück für Stück. Das Baumaterial trägt er sorgfältig zusammen: altes Holz, steinerne Säulen oder schwere Pflastersteine. „Mein Cousin und seine Familie wohnen nach hinten raus. Der mag es lieber modern“, erzählt er. Er selbst hat schon immer ein Faible fürs Vergangene, beschäftigt sich mit dem Mittelalter und historischer Kampfkunst. Wenn die Wikinger einmal jährlich das Gelände um Schloss Hermsdorf bei Ottendorf-Okrilla bevölkern, steht er beim großen Schaukampf mit in der Schlachtenreihe.

Schuberts Zuhause wurde zur Visitenkarte. Der schnucklige Hof fällt auf. Dass er sich mit historischem Bauen auskennt, sprach sich herum. Heute ist er zum gefragten Experten für die Rekonstruktion alter Bauernhöfe geworden. Der Selbstständige hat gut zu tun. „Ich gehe meist sehr früh auf die Baustellen und bin erst abends wieder da.“ In diesen Lebensrhythmus passt derzeit keine Familie, sagt er fast ein bisschen entschuldigend. Irgendwann würde sich aber auch das sicherlich ergeben. „Ich bin ja ein Familienmensch.“

Versorgen könnte er seine Lieben auf jeden Fall. Mit drei anderen hat er eine Selbstversorgergemeinschaft gegründet. Gänse, Hasen und Schafe leben im wildromantischen Garten. Auf einem Feld in der Nähe wachsen Kartoffeln und Gemüse. Ein halber Hektar Getreide muss jedes Jahr geerntet werden. Natürlich mit der Sense, auch wenn das über eine halbe Woche dauert. Nur die Milchprodukte kauft er ein. Alle zwei Wochen heizt er den Steinbackofen im Garten an. Sechs Brote reichen im Frost bis zum nächsten Backen. Weil insgesamt aber 20 in den Ofen hineinpassen, lädt er andere ein, ihre Brote mitzubacken.

Gesunde Ernährung ist ihm wichtig. Ein gesunder Körper auch. Schon als Jugendlicher hat er mit dem Gewichtheben angefangen. Koordinations- und Stabilisationstraining sind heute noch sein Ding. In einem Fitnessstudio in Cossebaude gibt er dazu Kurse. Unter dem Dach seiner Scheune hat er im letzten Winter einen großen Sportraum gebaut. Dort trainiert er gemeinsam mit Bekannten. „Leben ist Bewegung“, formuliert er sein Motto. Arbeit, Sport und seine Leidenschaft fürs Tanzen gehören dazu. „Ich bin keiner, der stillsteht“, sagt er. Aber das wäre ja auch irgendwie langweilig.