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Flüchtlinge ziehen ins Schellhas ein

60 Bewohner ziehen in das frühere Geisinger Hotel Schellhas ein. Sie haben eine lange Reise hinter sich.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Geising. Es ist dunkel, kalt und ungemütlich vor dem früheren Hotel Schellhas. Trotzdem harren an diesem Spätherbsttag kurz nach 16.30 Uhr gut 25 Mitglieder der Initiative Asyl Altenberg hier aus. Sie warten auf die künftigen Bewohner dieser Herberge. Es werden Flüchtlinge sein. „Wir wollen sie als gute Gastgeber begrüßen“, sagt Hans-André Tooren. Der Zinnwalder gehört auch zur Initiative, die einen kleinen Willkommensgruß vorbereitet hat, und ist schon zeitig gekommen. „Ich arbeite bei einer amerikanischen Logistikfirma und das von zu Hause aus“, sagt er. Deshalb könne er sich seine Zeit gut selbst einteilen.

Das frühere Berghotel Schellhas wurde zu einer Flüchtlingsunterkunft mit 60 Plätzen umgebaut. Die ersten Bewohner stammen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak.
Das frühere Berghotel Schellhas wurde zu einer Flüchtlingsunterkunft mit 60 Plätzen umgebaut. Die ersten Bewohner stammen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. © Frank Baldauf

Um mit den Flüchtlingen ohne viel Worte schnell in Kontakt zu kommen, hat die Initiative ein kleines Buffet aufgebaut. Auf dem aufgeklappten Tisch, den die Initiative mitgebracht hat, liegen neben Broschüren mit Tipps auch Butterbrote und ein paar Tafeln Schokolade. Daneben stehen Becher und Wasserflaschen. Da es noch kälter geworden ist und die Flüchtlinge immer noch nicht eingetroffen sind, öffnet die Heimleitung kurz nach 17 Uhr den Eingangsbereich der Unterkunft. Hier können sich die Altenberger aufwärmen und weiter warten. Kurz nach 17.30 Uhr meldet sich der Heimleiter bei Hans-André Tooren. Und er hat keine guten Nachrichten. Die Ankunft der Flüchtlinge wird sich weiter verzögern. Es kann noch anderthalb Stunden dauern, bis sie in Geising ankommen.

Zeitplan wackelt

Der Zeitplan der Initiative Asyl beginnt zu wackeln. „Eigentlich wollten wir den Flüchtlingen nach der Ankunft zeigen, wo sie hier einkaufen gehen können“, sagt Tooren. Denn erfahrungsgemäß kommen sie ohne Lebensmittel in den Heimen an. Der Plan wird nun nicht funktionieren, weil der Discounter um 20 Uhr schließt. Unruhig werden auch einige Mitglieder der Initiative, die noch private Verpflichtungen haben. „Wer gehen muss, muss gehen“, sagt Tooren. Er nimmt es keinem übel. Schließlich könne das Warten noch länger dauern. Einige Mitglieder der Initiative verlassen das Heim. Andere harren weiter aus.

Dann die Überraschung. Exakt 17.49 Uhr fahren zwei Kleinbusse auf dem Gelände ein. Die Altenberger strömen nach draußen, um die Ankömmlinge zu begrüßen. Diese steigen müde und geschafft aus den Kleinbussen. Es sind Paare und Familien mit Kindern. Die Kleinen gucken neugierig, die Erwachsenen lächeln. Und das hat auch mit Abdenahman Lacheb zu tun. Der 34-Jährige, der in Tunesien groß geworden ist, in Geising lebt und der sich im Auftrag der Stadt Altenberg um die Asylbewerber kümmert, hat die Neuankömmlinge auf Arabisch begrüßt.

Damit haben sie offenbar nicht gerechnet. Schnell ist das Eis gebrochen. Freundlich lachen die Flüchtlinge dem SZ-Fotografen zu. Hans-André Tooren hält ihnen ein Tablett mit Schnittchen hin. Einige greifen zu. Andere beginnen, ihre Sachen zu suchen. Viel mit haben sie nicht. Einige haben Koffer dabei, die meisten haben ihre Habseligkeiten in Plastemüllsäcken verstaut. „Viel Spielzeug werden sie nicht dabei haben“, mutmaßt Hans-André Tooren. Deshalb muss er schmunzeln, als er sieht, wie einer der Wachleute später einem der Kinder einen Ball schenkt und es noch fröhlicher schaut als vorher.

Weil die Flüchtlinge letztlich doch eher als zunächst befürchtet gekommen sind, können die Altenberger doch noch mit ihnen einkaufen gehen. „Bis auf ein spezielles Weißbrot haben sie alles bekommen“, sagt Hans-André Tooren danach. 20.30 Uhr endet sein Einsatz. Er hofft, dass sich die 60 Bewohner schnell hier einleben. Seine Initiative will ihnen auch künftig dabei helfen, so gut es geht. Im Alltag werden ihnen aber die Mitarbeiter der kreiseigene Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft und des Caritasverbandes Dresden und später die der Arbeiterwohlfahrt zur Seite stehen.

Den Alltag im Haus müssen die Flüchtlinge allerdings selbst organisieren. Zwar verfügen ihre Wohnungen über eigene Bäder, Küchen gibt es dort aber nicht. Gekocht wird in der Gemeinschaftsküche. Und auch die Reinigung der Räume obliegt entgegen anderslautenden Behauptungen den Asylbewerbern, sagt der Heimleiter. Den kennt Tooren übrigens ganz gut. Denn der betreut auch das Heim in der Grenzzollanlage in Toorens Heimatort Zinnwald.