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Altenberg fürchtet Abzug der Bundespolizei

Bürgermeister Thomas Kirsten sendet im Stadtrat ein Warnsignal. Doch war das am Ende nur ein Fehlalarm?

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© Egbert Kamprath

Von Matthias Weigel

Bei den temporär wieder eingeführten Grenzkontrollen anlässlich des G7-Gipfels Anfang Juni deckten die Beamten der Bundespolizei in Sachsen Hunderte Delikte auf, gingen ihnen Dutzende Straftäter ins Netz. Die Kontrollen sind passé. Was blieb, ist eine bundesweite Debatte über die mögliche dauerhafte Verschärfung der Kontrollen. Im Grenzort Altenberg würde man schon gern mitreden, wenn es um mehr Grenzsicherheit geht.

Allein: Altenbergs Bürgermeister Thomas Kirsten (parteilos) ist derzeit bemüht, überhaupt den Revierstandort der Bundespolizei an der alten Grenzzollanlage zu verteidigen. Auf einer der jüngsten Stadtratssitzungen machte er einen möglichen Weggang der Behörde, eine Schließung der Außenstelle öffentlich. „Es gibt Verlautbarungen in der Richtung“, bestätigt Kirsten auf SZ-Anfrage. Demnach sei ihm gesagt worden, die Dienststelle sei zu teuer. Auch erfülle sie heutige Standards nicht mehr.

Kirsten ist davon freilich wenig begeistert. Noch weniger, nachdem er im eigenen Rathaus recherchiert hat. Denn das Objekt gehört der Stadt. Und die überlässt es der Bundespolizei laut Kirsten zum Preis der Betriebskosten. Altenberg leiste damit seinen Beitrag, dass der Standort gesichert bleibt. „Präsenz, gerade im Grenzgebiet, ist wichtig“, sagt Kirsten. In Zeiten von Flüchtlingsströmen und Drogenhandel sowieso. Ein Weggang sei für ihn nicht nachzuvollziehen und wäre ein völlig falsches Signal.

Abgestuft und fortgezogen

Kirsten fürchtet einen generellen Verlust von Polizeipräsenz in der Region Altenberg/Dippoldiswalde – sowohl bei der Landes-, als auch bei der Bundespolizei. So arbeite die Leitung des Dippoldiswalder Polizeireviers jetzt in Freital, darüber hinaus ist Altenberg vom Inspektionssitz der Bundespolizei zum bloßen Revier herabgestuft worden. Die hiesige Bundespolizei-Inspektion heißt jetzt Berggießhübel.

Andererseits sieht er Pläne, dass in unmittelbarer Nachbarschaft zum Altenberger Bundespolizei-Standort möglicherweise Asylbewerber einziehen. Ein anderer, ganz gut erhaltener Teil der alten Grenzzollanlage, die auch Altenberg gehört und leer steht, soll dafür genutzt werden. Laut Kirsten hätten bereits Begehungen mit dem Landratsamt stattgefunden. Eine abschließende Entscheidung, ob es geht – vor allem wegen des Brandschutzes – stehe aber aus. Demnächst soll es eine Einwohnerversammlung geben. „Es hat für mich dennoch ein Geschmäckle, dass eine Umzugsdebatte genau jetzt entfacht wird“, sagt Kirsten.

Bei der Bundespolizei ist man halbwegs irritiert über die Debatte, die Kirsten ausgelöst hat. Der Inspektionssitz sei Berggießhübel, und neben Krippen und Breitenau sei Altenberg offiziell Sitz eines dazugehörigen Bundespolizeireviers. „Es gibt zurzeit keine Pläne, daran etwas zu ändern“, betont Sprecher Christian Meinhold.

Dabei hatte es kürzlich tatsächlich eine interne Umstrukturierung gegeben – die lief wohl schon länger, wurde formell aber erst Ende 2014 vollzogen. Mit der Verlagerung des Inspektionssitzes nach Berggießhübel – und der damit verbundenen Abstufung Altenbergs zum Revier – habe es auch gewisse Veränderungen in der Personalstärke gegeben, räumt Meinhold ein. Zahlen nennt er nicht. Es betreffe aber vor allem die Verwaltung und den Innendienst. „Das Revier hat eine sehr operative Ausrichtung. Die Stärke in Altenberg ist jederzeit ausreichend, um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen“, sagt er.

Was die Kosten anbelangt, so führt Meinhold aus, dass über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ein unbefristeter Mietvertrag mit Altenberg über 1 100 Quadratmeter bestehe. Miete flösse keine. Dafür zahle man die Betriebskosten, die bei 40 000 Euro pro Jahr lägen. Allerdings seien demnächst tatsächlich einmalig Investitionen durch den Mieter nötig – „für Bauerhalt und Sicherheitsvorkehrungen“. Grob geschätzt gehe man von maximal 340 000 Euro aus. Das würde aber noch geplant – Details bleiben daher offen.

Auch im Dresdner Innenministerium zeigt man sich über die Spekulationen zerknirscht. Weder sei das Dippoldiswalder Revier der Landespolizei umgezogen, noch habe sich mit dem Umzug die Personalstärke und der Raumbedarf verändert.„Lediglich der Leiter des Reviers hat mit seiner Führungsgruppe und seinem Geschäftszimmer den Arbeitsplatz nach Freital verlegt“, heißt es auf Anfrage. Das habe rein organisatorische Gründe mit Freital als Schwerpunkt des Polizeigeschehens.

Kirsten beharrt dennoch darauf, dass er andere Infos zur Bundespolizei habe. „Aber wenn alle sagen, dass es so bleibt, wie es ist, umso besser“, sagt er. Beruhigt klingt das freilich nicht. Kirsten wird weiter jedes Wort auswerten. Devise: Lieber einmal mehr aufgeschreckt, als ganz verschlafen.