Merken

Alsa wächst rasant

„Wir liegen über dem Mindestlohn, dazu gibt es Produktionsprämien“, sagt Geschäftsführer Hilmar Knoll.

Teilen
Folgen
NEU!
© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Daniela Pfeiffer

Unmengen hellbrauner Säcke stapeln in sich in einer von acht riesigen Hallen. Es ist der Vorrat an Kork, der beim Schuhteilehersteller Alsa gerade mal ein paar Tage reicht. Genau wie Hunderte von Jute-Rollen, die in den Regalen auf ihre Verarbeitung warten. „Damit kommen wir drei Wochen aus“, sagt Geschäftsführer Hilmar Knoll. Er leitet die Birkenstocktochter, die im Gewerbegebiet Ebersbach am Rande der Stadt produziert, seit einigen Monaten und führt sie durch Zeiten rasanten Wachstums. Alsa ist schon jetzt dem Ziel nah, das vor etwa zwei Jahren ausgerufen wurde: Damals hieß es, bis zum Jahr 2020 wolle man in Görlitz 20 Millionen Paar Schuhe im Jahr herstellen. „Diese Vorgabe hätten wir schon überspringen können, aber wir sind etwas auf die Bremse getreten“, so Birkenstock-Sprecher Jochen Gutzy, der von einer einmaligen Entwicklung spricht.

Der neue Star am Alsa-Himmel ist der EVA-Schuh. Dafür wurden in Görlitz extra Spezialmaschinen aufgebaut.
Der neue Star am Alsa-Himmel ist der EVA-Schuh. Dafür wurden in Görlitz extra Spezialmaschinen aufgebaut. © Pawel Sosnowski/80studio.net
Niederlassungsleiter Hilmar Knoll im Kork-Lager. Die vielen Säcke reichen nur kurze Zeit.
Niederlassungsleiter Hilmar Knoll im Kork-Lager. Die vielen Säcke reichen nur kurze Zeit. © Pawel Sosnowski/80studio.net
Aus langen Jute-Rollen werden die Zwischenschichten für die Schuhsohlen ausgestanzt.
Aus langen Jute-Rollen werden die Zwischenschichten für die Schuhsohlen ausgestanzt. © Pawel Sosnowski/80studio.net

Waren im März 2014 bei Alsa noch 450 Mitarbeiter beschäftigt, hat sich diese Zahl inzwischen mehr als verdoppelt. Über 900 Mitarbeiter stellen mittlerweile Schuhsohlen in Görlitz her. Zu verdanken haben sie das der enormen Nachfrage nach Birkenstock-Schuhen in der ganzen Welt. „Wir haben in fast allen Regionen der Erde ein Wachstum von etwa 50 Prozent, in Europa etwa 20 bis 30 Prozent“, beschreibt Jochen Gutzy. Der neue sogenannte EVA-Schuh sei der Renner, vor allem in den USA oder Korea. EVA steht für das Material Ethylen-Vinylacetat – ein ultraleichter, robuster, geruchsfreier Kunststoff. Das Material ist weich und elastisch und eignet sich vor allem für Sauna, Strand und Meer. „Wir haben hier den größten EVA-Produktionsstandort Europas geschaffen“, so der Sprecher. Insgesamt wurden in den letzten Monaten Investitionen im zweistelligen Millionenbereich getätigt, darunter viele Spezialmaschinen, die für EVA nötig sind.

In den acht Hallen ist das deutlich zu sehen – ein Großteil war noch vor zwei Jahren weitgehend leer. Jetzt steht hier eine Produktionsstrecke an der nächsten, riesige Lager, die voll bis unter die Decke sind, und überall Arbeiter. Trotzdem sind die Kapazitätsgrenzen noch nicht erreicht. Jedenfalls noch nicht ganz. Etwa 300 Leute würde man schon noch unterbekommen. Die neue Halle, die vor zwei Jahren schon mal im Gespräch war, sei aktuell kein Thema, über kurz oder lang werde sie aber sicher gebaut, so Gutzy. Mit der Stadt habe es dazu bereits mehrere Beratungen gegeben.

Wegen des enormen Wachstums wird inzwischen dreischichtig gearbeitet. 50 Prozent der Belegschaft kommt aus Polen, 30 Prozent sind Leiharbeiter. „Das ist einfach dem Problem geschuldet, dass es sehr schwer für uns ist, Leute zu finden“, sagt Jochen Gutzy. Und Niederlassungsleiter Hilmar Knoll versichert, dass Leiharbeiter fest angestellt werden, wenn sie sich bewährt haben. „Ich habe gerade wieder 50 eingestellt, und im Dezember werden die nächsten 50 folgen.“ Über Bezahlung und Arbeitsbedingungen kursieren in der Görlitzer Bevölkerung und auch auf der Internetplattform Facebook immer wieder wilde Spekulationen, die von „billigen Arbeitskräften aus Polen“, „Chemikalien in der Luft“ bis hin zu „der Lohn ist unter aller Würde“ reichen.

Dazu bezieht Alsa klar Stellung: „Wir liegen über dem Mindestlohn, dazu gibt es Produktionsprämien“, sagt Hilmar Knoll. Die Bandbreite an Berufsgruppen sei groß: Vom einfachen Arbeiter ohne spezielle Ausbildung, der etwa Schnallen anbringt, die Sohlen zuschneidet oder abschneidet und mit Etiketten beklebt – bis hin zum Mechatroniker, Mechaniker oder Elektriker würden hier Leute beschäftigt. Die Herkunft sei ihm völlig egal, versichert Hilmar Knoll. „Ich brauche motivierte Mitarbeiter, die Staatsbürgerschaft spielt da keine Rolle.“ Die Infotafeln seien wegen dem hohen Anteil an polnischen Arbeitnehmern zweisprachig, auch in der Führungsetage gebe es polnische Kollegen. Jochen Gutzy sagt ganz deutlich: „Wir können unseren Bedarf mit Arbeitskräften aus Deutschland gar nicht decken.“ Dass es in der Region möglich ist, so viele Mitarbeiter zu finden – eben weil man zwei Arbeitsmärkte auf einmal hat –, ist einer der entscheidenden Gründe, warum das Wachstum für Alsa nur in Görlitz möglich sei, wie Jochen Gutzy betont. „Es wollen in Deutschland nicht mehr viele Menschen in der Produktion arbeiten.“ Der andere Grund seien die hier vorhandenen räumlichen Kapazitäten.

Zu den Arbeitsbedingungen in Görlitz sagt Hilmar Knoll, dass regelmäßig Schadstofftests durchgeführt werden. „Wir liegen immer weit unter den erlaubten Grenzwerten. Birkenstock ist immerhin ein Naturprodukt, deshalb haben wir die Normen von uns aus schon 20 Prozent höher angesetzt.“