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Als Wandergeselle unterwegs

Franz Zschornack berichtete im Kulturverein über aufregende drei Jahr auf der Walz – in denen es auch Missverständnisse gab.

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© Heinz Hirschfeld

Von Heinz Hirschfeld

Bernsdorf. Der Bernsdorfer Kulturverein begann sein Veranstaltungsjahr mit einem Knaller: Zu Gast war der 30-jährige Schlosser Franz Zschornack aus dem sorbischen Crostwitz, um über seine Erlebnisse auf der Walz zu berichten. Im Verlauf von drei Jahren, in denen er als Wandergeselle unterwegs war, hat er 11 000 Kilometer zurückgelegt. Darüber hat er ein Buch mit dem Titel „Franz im Glück“ geschrieben.

Die unterhaltsame Veranstaltung beim Kulturverein, zu der sich fast 35 Neugierige eingefunden hatten, wurde von drei ehemaligen Wandergesellen, die Franz Zschornack auf der Walz kennengelernt hat, zum Anlass genommen, sich wieder einmal zu treffen und die Geselligkeit zu pflegen.

Während seiner Schlosserlehre hatte der Crostwitzer von einem anderen Gesellen von der Möglichkeit der Walz erfahren. Er war begeistert, seine Mutter jedoch umso weniger. Und er hatte gleich zu Beginn Glück, wie er bei der Veranstaltung des Kulturvereins berichtete. Jeder Wandergeselle bekommt zuerst einen Ring ins Ohr. Mit dem Kopf auf einem Tisch liegend, wird der Ring mit ein paar Hammerschlägen am Ohr befestigt. Desinfiziert und betäubt wird mit Schnaps. Franz Zschornack entging dieser Tortur. Er hatte bereits einen Ring im Ohr. Sollte sich der Wandergeselle während seiner dreijährigen Walz etwas zuschulden kommen lassen, wird der Ring aus dem Ohr herausgerissen, so ist es Tradition. Daher stammt der Begriff Schlitzohr. Dem Crostwitzer blieb auch das erspart.

Für einen Zauberer gehalten

Auf der Walz unterwegs in seiner schwarzen Kluft mit Zylinder, seinem Schultergepäck und dem Stenz wurde Franz Zschornack einmal von Kindern gefragt, ob er ein Zauberer sei. Die Kindergärtnerin, die dabei war, setzte sogar noch eins drauf, indem sie den Knirpsen erklärte, er sei ein Schornsteinfeger. Da war dann Aufklärung durch ihn vonnöten.

„Oft haben wir in Gastwirtschaften nach einem Plätzchen zum Schlafen gefragt. Als Gegenleistung boten wir an, das Abwaschen zu übernehmen oder Reparaturen zu erledigen. Andere Male suchten wir den Pfarrer auf und trafen auf christliche Nächstenliebe.“ In Paraguay hatte der Wandergeselle mit blauen Augen kaum Probleme. „Es gibt dort Mütter, die meinten, dass ich ihre Tochter heiraten müsste“, erzählt Franz Zschornack mit einem Schmunzeln, um wieder ernster hinzuzufügen: „Manches klingt zwar belustigend, aber im Kern sind die drei Jahre schon ein prägendes, hartes Leben. Ich bin nicht nur fachlich in meinem Beruf gereift, denn überall gibt es andere Kniffe. Vor allem formt die Walz den Menschen in puncto Zusammenhalt, Anstand, Ehre und Selbstbewusstsein. Man lernt, auf andere Menschen angewiesen zu sein und ihnen höflich einen Wunsch anzuvertrauen.“ Es ist auch eine Tradition, dass man das letzte Stück der Walz in Gemeinschaft mit anderen Wandergesellen zurücklegt und zum Abschluss über das Ortseingangsschild klettert. Franz Zschornack hat das getan und wurde nach sorbischer Tradition mit Brot und Salz empfangen.