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Als Pfarrer Brüsewitz die DDR herausforderte

Vor 40 Jahren sorgte die öffentliche Selbstverbrennung in Zeitz weltweit für Entsetzen. Die DDR versuchte alles, um die Tat zu vertuschen.

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© epd-bild

Von Petra Buch

Es ist der 18. August 1976: Vor der Michaeliskirche in Zeitz übergießt sich der evangelische Pfarrer Oskar Brüsewitz mit Benzin und zündet seinen Talar an. Vor den Augen von Passanten inmitten der Stadt. Es ist sein Protest gegen das diktatorische System und die Überwachung des Privatlebens in der DDR.

Die DDR-Oberen versuchten danach alles, um Gründe und Tat zu vertuschen. Brüsewitz wurde als Irrer verunglimpft. Seit 1990 erinnert am Ort des Geschehens in der sachsen-anhaltischen Kleinstadt eine schlichte Stele an ihn. Im Alltag scheint der Protest des Theologen gegen die DDR und deren Politik sowie sein Mut, in einem diktatorischen System unbequem und aufrührerisch zu sein, aber fast vergessen. „Ja, da war mal was“ oder „Das haben die Bonzen und die Stasi vertuscht“ – so reagieren Passanten auf die Frage, wer Brüsewitz war. 40 Jahre nach seiner Selbstverbrennung werden Blumen für ihn aufgestellt. Menschen verharren still am Ort.

An jenem Tag im August vor vier Jahrzehnten hatte der Pfarrer dort, vor der Michaeliskirche, zwei Plakate aufgestellt mit der Aufschrift: „Funkspruch an alle … Funkspruch an alle. Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung in Schulen an Kindern und Jugendlichen“. Dann zündete er sich an. Passanten wollten ihm helfen, ist von Zeitzeugen zu erfahren, doch der Stasi-Überwachungsstaat war schneller und brachte Brüsewitz weg. Er starb vier Tage später mit nur 47 Jahren in einem Krankenhaus.

Er sei ein „Streiter für Christus, Kämpfer gegen Unrecht“ gewesen. Er habe die „Menschen wach rütteln“ wollen – ist auf einem kleinen Schild am Eingang der Kirche in Rippicha zu lesen, wo Brüsewitz als Pfarrer wirkte. Das Gotteshaus wurde mit dem Schild als „Ort der Zivilcourage und gegen das Vergessen“ ausgewiesen.

Der 68-jährige Horst Schmidt, langjähriger Vorsitzender des Gemeindekirchenrates, erinnert sich gut an die Familie, an die Jahre mit Brüsewitz. „Er hat sich doch immer angelegt“, sagt er und zeigt auf den Kirchturm. Dort ist ein großes Kreuz aus Leuchtstoffröhren angebracht. Das weithin leuchtende Neonkreuz war – wie die Kirche überhaupt – den SED-Bonzen ein Dorn im Auge. „Er wollte eine lebendige Kirchgemeinde aufbauen – und das auch nach außen hin zeigen“, erklärt sich Schmidt die Symbolik des Kreuzes. (dpa)