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Als in Schweta noch Ritter Blaubart hauste

Die Heimatfreunde erinnern an das Schicksal des Schlosses an der Zschopau. Ein Landrat ließ es sprengen.

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© Repro/SZ

Von Jens Hoyer

Döbeln. Am 28. Dezember 1953 war es zu Ende mit dem alten Schloss Schweta. Über Jahrhunderte hatte es auf dem Steilufer am Zusammenfluss von Zschopau und Mulde gethront. Nun erschütterte eine Explosion den Bau, ein Riss öffnete sich, dann rutschte das Schloss zusammen. So hatte es Hans-Karl Vogel erlebt, der in einem Graben an der Bischofswiese liegend der Sprengung zugesehen hatte. Dieter Anders hätte ihn gern als Zeitzeuge eingeladen, aber Vogel ist vor Kurzem gestorben. So blieb dem Heimatfreund nur, dessen Erinnerungen zu verlesen.

Bei einer sehr gut besuchten Veranstaltung im Saal des Rathauses hatte Dieter Anders die Geschichte des Schlosses Schweta aufleben lassen. Über Jahrhunderte war es der Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft an der unteren Zschopau. Oft hat es in der Zeit die Besitzer gewechselt, und auch ein paar Sagen waren entstanden. Wie die vom geheimen Gang zum Bischofsberg auf der anderen Flussseite, den allerdings nie jemand zu Gesicht bekommen hat. Dann sollte einmal in 100 Jahren eine weiße Frau durch das Schloss spuken. Und schließlich gab es noch die Mär vom Schwetaer Ritter Blaubart. Hans von Honsberg soll zehn Ehefrauen ermordet haben. Eine stürzte er gar aus dem Fenster des Schlosses.

Angefeuert wurde die Geschichte offenbar von einem Kamin aus Sandstein, der als eines der wenigen Ausstattungsstücke des Schlosses gerettet wurde und der heute auf Schloss Mildenstein steht. Der Kamin zeigt zehn Wappen. Mit den zehn Frauen hat das nichts zu tun, sagte Anders. Karl Adolf Mirus, Gründer des Altertumsvereins Leisnig, hielt den Kamin gar für einen zweckentfremdeten Altar. Dafür sprechen die Gestaltung und die Ornamentik des aufwendigen Stücks. Dieter Anders spekuliert, dass es sich um eine Loge der Herrschaft aus der alten Technitzer Kirche handeln könnte, die um 1850 abgerissen wurde.

Auf Schloss Schweta residierten Vertreter bekannter sächsischer Adelgeschlechter wie die von Maltitz oder von Schönberg. Die Honsbergs waren 130 Jahre lang Besitzer. Sie bauten um. Im Laufe der Jahrhunderte erhielt das Schloss einen markanten Treppenturm und Ziergiebel. So ist es auf Lithografien abgebildet.

Seit dem 19. Jahrhundert war das Rittergut in bürgerlichen Händen. 1945 wurde die Familie Möhring als letzter Eigentümer enteignet. „1945 war das Gut voller Ost-Flüchtlinge“, sagte Anders. Bei der Bodenreform wurden 178 Hektar Land unter 34 Neubauern aufgeteilt. Auch die Scheunen wurden vergeben. „Jeder Neubauer erhielt eine Hälfte“, sagte Anders. Das Schloss wurde geplündert. Später verfiel jemand auf die Idee, das Dach abzureißen, um Baumaterial zu gewinnen, sagte Anders. Unter dem Betreiben des kommunistischen Landrats Kurt Kränkel kam es schließlich zur Sprengung. „Die war illegal, ohne Genehmigung der Oberen Denkmalbehörde in Dresden“, betonte Anders. Für den Landrat habe das keine Konsequenzen gehabt. Weil das Schloss nicht gleich ganz in Trümmern lag, musste später noch zweimal gesprengt werden. Mit dem Abbruchmaterial sollte ein Stall für 1300 Schweine gebaut werden, sagte Anders. „Viel wird nicht mehr zu verwenden gewesen sein.“

Neben dem Kamin des Schlosses waren auch die beiden Glocken gerettet worden. Eine befindet sich auch auf Mildenstein, die andere hatte lange im Natur- und Freizeitzentrum Töpelwinkel als lautstarke Mittagessen-Glocke gedient, bis sie von den heutigen Eigentümern des Schlosses wieder rücküberführt wurde. Von Schloss existieren heute nur noch die Keller. Die Seitengebäude sind bewohnt, zudem hatte sich eine Stahlbaufirma angesiedelt. Vor einigen Jahren hatten die heutigen Besitzer des Areals die Reste sanieren lassen. Das Interesse war damals groß. Beim Tag des offenen Denkmals 2011 hatte sich viele Leute die Ruine angeschaut.