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Als die Wismut noch für die Kernkraft warb

Schloss Burgk frischt die Bergbauschauanlage inhaltlich auf. Nicht nur mit Text- und Bildtafeln.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Thomas Morgenroth

Freital. Energie durch Kernkraft – Symbol des Fortschritts – was für eine Schlagzeile! Damit warb der in Freital und Dresden tätige Bergbaubetrieb „Willi Agatz“ der SDAG Wismut in den Siebzigerjahren auf einem Kalender für sein Unternehmen. Hübsch illustriert mit einem farbenfrohen Atomsymbol und Picassos weißer Friedenstaube. Mehr Propaganda geht nicht: Die Wismut, ein von der Sowjetunion dominiertes Unternehmen, förderte dreißig Jahre lang im Döhlener Becken uranhaltige Steinkohle. Aus dieser sogenannten Erzkohle wurde das Uran ausgewaschen. Der radioaktive Brennstoff diente freilich nicht nur der Energiegewinnung, sondern auch der Aufrüstung der Waffensysteme des Ostblocks.

Der mehr als vierzig Jahre alte Kalender zeigt keine Jahreszahl, sondern nur den Tag und den Monat und könnte also sogar heute noch genutzt werden. Allerdings nur theoretisch. Während das gut erhaltene Original aus konservatorischen Gründen im Archiv der Städtischen Sammlungen Freital aufbewahrt wird, hängt das seltene Dokument als Kopie in einer Vitrine der Bergbauschauanlage auf Schloss Burgk. Dort zeigt der Kalender bis in alle Ewigkeit den 23. August, einen Donnerstag.

Über die Bedeutung des Datums können Besucher ab Ende März in der inhaltlich aufgefrischten Ausstellung spekulieren. Vielleicht ist damit der 23. August 1990 gemeint, übrigens tatsächlich ein Donnerstag, an dem die Volkskammer den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland beschloss. Das hatte auch für die bis dahin Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft Wismut gravierende Folgen. Diese spielten aber bisher in der 1992 eröffneten Schau auf Schloss Burgk kaum eine Rolle. „Nach 26 Jahren war eine grundlegende Überarbeitung dringend nötig“, sagt Direktor Rolf Günther. Das fand auch die Wismut selbst, die das Projekt großzügig unterstützte, sowohl fachlich als auch finanziell.

Bislang endete die Darstellung der Geschichte der Wismut im Grunde mit der Förderung des letzten Hunts Erzkohle im Dezember 1989, was zugleich das Ende des Bergbaus im Döhlener Becken nach rund 450 Jahren bedeutete. Mit der Wende hatte das übrigens nichts zu tun, das zeitliche Zusammentreffen ist rein zufällig. Schon 1987 war die Schließung der Gruben zum Ende des Jahres 1989 beschlossen worden.

Davon erzählten die großen Text- und Bildtafeln, die entlang des steinkohleschwarzen Ganges auf der einen Seite chronologisch und auf der anderen thematisch sortiert sind, auch bisher schon. Neu ist nun aber die Würdigung der Tätigkeit der Wismut in den vergangenen fast drei Jahrzehnten. Das Unternehmen, seit 1991 eine GmbH in Besitz der Bundesrepublik Deutschland, ist bis heute mit einer ökologisch sinnvollen Sanierung seiner eigenen Hinterlassenschaften befasst. Dazu gehören in Freital unter anderem die radioaktiv belasteten Schlammteiche in Döhlen, deren letzter, die Nummer IV, bis zum Sommer dieses Jahres gesichert werden soll.

Für die Freitaler weitaus spektakulärer war freilich die Auffahrung des drei Kilometer langen Wismut-Stollns vom Steinbruch Osterberg unter Freital hindurch bis zum Tiefen Elbstolln in Zauckerode. Seit dem 7. Oktober 2014 läuft durch die Röhre das Flutungswasser der Grubenfelder Gittersee und Heidenschanze mit natürlichem Gefälle bis in die Elbe. Ohne den Wismut-Stolln wäre es in Freital zu Überschwemmungen gekommen, es sei denn, man hätte das Flutungswasser weiterhin mit viel Aufwand abgepumpt.

Das kann der interessierte Gast nun alles auf den neuen, mit vielen Fotos und Dokumenten illustrierten Tafeln nachlesen, deren Texte Mitarbeiterin Juliane Puls federführend mit Unterstützung der Wismut verfasst hat. Stärker und kritischer als bisher werden zudem die politischen und ideologischen Hintergründe des Uranbergbaus beleuchtet. Auch die Demonstrationen gegen das auf Wismut-Gelände geplante Reinstsiliziumwerk in Gittersee in den letzten Tagen der DDR sind ein Thema.

Die Proteste richteten sich damals gegen die für die Produktion nötigen Chemikalien, die bei einem Unfall ganz Dresden hätten verseuchen können. Auch gegen die Kernkraft, die seit dem GAU in der Ukraine kein „Symbol des Fortschritts“ mehr war, formierte sich der Widerstand. Allerdings richtete sich dieser weniger gegen die Wismut in Freital und Dresden – das Ende der Förderung der Erzkohle im Döhlener Becken war ja bereits beschlossene Sache.

Schloss Burgk in Freital, geöffnet Di.-Fr. 13-16 Uhr; Sa./So. 10-17 Uhr; Sonderausstellung bis 2. April: 25 Jahre Stiftung Pappermann; 31. März bis 2. April: Mittelalterliches Osterspectaculum; 3. Juni: Bergmannstag.

Infos im Internet