Merken

Als die Startpistole versagte

Die Kreis-Kinder-und-Jugend- Spartakiaden waren in Görlitz bei den Schülern beliebt. Die erste fand bereits 1964 statt.

Teilen
Folgen
© Sammlung Schermann

Von Rainer Menzel

Görlitz. In Anlehnung an Spartakus, der als Sklave den nach ihm benannten Sklavenaufstand im Römischen Reich der Antike anführte, und an den Spartakusbund (1916/1919) wurde in der DDR die Kreis-Kinder- und Jugendspartakiade ins Leben gerufen. In Görlitz erfolgte das vor 52 Jahren und begann mit einem ausgefallenen Knalleffekt: Nach zweimaligem Versagen der edlen Startpistole musste die alte Startklappe, auch Fliegenklatsche genannt, von den Startern wieder hervorgeholt werden.

Höhepunkt der Leichtathletikwettbewerbe, ausgetragen im Stadion der Freundschaft, waren die 60m- und 100m-Endläufe der 12- bis 17-Jährigen. Über Vor- und Zwischenläufe hatten sich die schnellsten Sprinter der Stadt und des Landkreises dafür qualifiziert. Am Ziel, das sich an der Flammenschale vorbei in der Westkurve befand, versammelten sich Eltern, Schulfreunde und Sportlehrer, um das Endlaufspektakel zu verfolgen. Die Besten nahmen an den Zentralen Spartakiaden in Berlin und den Wintersportorten teil.

Vorangegangen waren die Schulsportfeste, meistens am Kindertag am 1. Juni durchgeführt, bei denen sich die besten Leichathleten für die Ausscheidungswettkämpfe mit den Schulen des Kreises qualifizierten. Erst dann wurden die Teilnehmer bestätigt, um im Juni an den Endkämpfen teilnehmen zu können. Bevor die Wettkämpfe in 26 Disziplinen vom Bogenschießen über Gewichtheben und Radsport bis zu Volleyball begannen, gab es eine feierliche Eröffnung mit einem Kulturprogramm auf der Freilichtbühne im Stadtpark. In Anlehnung an die Olympischen Spiele wurde das Spartakiadefeuer ins Stadion der Freundschaft getragen. Entzündet wurde diese Flamme traditionell am VVN-Denkmal auf dem Karl-Marx-Platz (heute wieder Wilhelmsplatz). Feierlich wurde das Gelöbnis gesprochen, das zu Fairness aufrief. Von Donnerstag bis Dienstag dauerte das Spektakel, denn auch die 1./2. und 3./4. Klassen kämpften im leichtathletischen Dreikampf um die Medaillen. Der Unterricht fiel an den Wochentagen dennoch kaum aus, fanden doch die Wettbewerbe am Nachmittag statt. So wurden in der Leichathletik in acht Altersklassen in den Lauf- und Sprungdisziplinen sowie Wurf- und Stoßdisziplinen die Sieger ermittelt. Stolz gingen die Ausgezeichneten mit ihren umgehängten Medaillen nach Hause. Manche Träne wurde aber auch nach einer Niederlage verstohlen weggewischt.

Die Strukturen des Nachwuchsleistungssports der DDR haben viele Länder übernommen. Die Kinder- und Jugendsportschulen waren das Fundament für Weltklasseleistungen, Weltrekorde und olympische Medaillen in den anschließenden Sportklubs. Nach 1990 übernahm man dann auch im Osten Deutschlands die Wettkampfform „Jugend trainiert für Olympia“ der Bundesrepublik. Auch das kann sich sehen lassen: Mit etwa 800000 Teilnehmern ist diese Aktion der größte Schulsportwettbewerb der Welt. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die bisher teilnahmen und ihren Weg zum Leistungssport fanden, ist gewaltig. Die Görlitzer können stolz auf ihre Weltklasseathleten wie Hans-Jürgen Dörner, Jens Jeremies, Ulrike Richter, Dietmar Geilich und viele, viele andere sein, die hier in den Kreis-Kinder- und Jugendspartakiaden begannen.