Merken

Alles Schiebock

Ein Wettbewerb weckt ungeahnte Kreativität. Die nächsten Projekte gibt es schon.

Teilen
Folgen
© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Andere spielen Mensch, ärgere dich nicht. Das neue Bischofswerdaer Spiel heißt Mensch, schieb den Bock. Bis zu vier Leute können mitspielen, mittels Würfel den Schiebock durch die Straßen und Gassen der Stadt bugsieren und dabei noch allerhand lernen über Bischofswerda und die Geschichte der Stadt.

Rund um den Schiebock

Der Schiebocker Bücherbock: Buchbinder Steffen Grafe wirbt damit. Das Gestell wurde in der Kunstschmiede Aurin in Schönbrunn hergestellt.
Der Schiebocker Bücherbock: Buchbinder Steffen Grafe wirbt damit. Das Gestell wurde in der Kunstschmiede Aurin in Schönbrunn hergestellt.
Der Schiebock als Heft: Anneliese Wolf (77) schrieb eine Schiebocker Liebesgeschichte und illustrierte sie mit eigenen Fotos. Das Heft kann man im Tierpark, in der Buchhandlung Heinrich und im Bürgerbüro kaufen. Den Erlös spendet die Seniorin dem Tierpark.
Der Schiebock als Heft: Anneliese Wolf (77) schrieb eine Schiebocker Liebesgeschichte und illustrierte sie mit eigenen Fotos. Das Heft kann man im Tierpark, in der Buchhandlung Heinrich und im Bürgerbüro kaufen. Den Erlös spendet die Seniorin dem Tierpark.
Der Schiebock aus Schrott: Ein Team vom Netzwerk um Andreas Mikus landete damit einen Volltreffer. Dieses Exponat lief außer der Wertung. Es bekam einen Sonderpreis.
Der Schiebock aus Schrott: Ein Team vom Netzwerk um Andreas Mikus landete damit einen Volltreffer. Dieses Exponat lief außer der Wertung. Es bekam einen Sonderpreis.
Ein Schiebock auf Abwegen: Mit dem von Uwe Gloge-Häntschel geschaffenen Wandbild an einem Haus an der Kamenzer Straße belegte die städtische Wohnungswirtschaft Platz zwei im Wettbewerb.
Ein Schiebock auf Abwegen: Mit dem von Uwe Gloge-Häntschel geschaffenen Wandbild an einem Haus an der Kamenzer Straße belegte die städtische Wohnungswirtschaft Platz zwei im Wettbewerb.

Anders als Mensch, ärgere dich nicht ist es kein Brettspiel. Denn gespielt wird auf einer 80 mal 80 Zentimeter großen und bedruckten Plane, die man mühelos zusammenrollen kann. Und das ist nicht der einzige Unterschied. Statt vier Männchen in verschiedenen Farben bekommt jeder Mitspieler zwei Schieböcke. Auch der Würfel ist einzigartig. Er geht nur von eins bis vier, weil die Anzahl der Felder begrenzt ist. Die anderen beiden Felder sind mit dem Zeichen des Vereins Lebenshilfe gekennzeichnet. Wer dieses Feld erwischt, darf noch mal würfeln. Die Lebenshilfe betreibt in Bischofswerda die Werkstatt für behinderte Menschen und im Auftrag der Stadt den Tierpark. Mitarbeiter der Lebenshilfe entwickelten das Spiel und wollen es gemeinsam mit Partnern noch vor Weihnachten auf den Markt bringen. Beim Wettbewerb um die originellsten Schieböcke, der am Sonntag während des Stadtfestes ausgewertet wurde, wurde dem Spiel durch die Jury der erste Platz zuerkannt.

Schiebockspiel zum Kaufen

Darüber können sich viele freuen. Die Idee, ein solches Spiel zu entwickeln, hatte Tierparkleiterin Silvia Berger. Claudia Richter vom Sozialen Dienst der Lebenshilfe setzte das Projekt gemeinsam mit Werkstatt-Mitarbeitern um. „Die Würfel stellen wir in unserer Tischlerei her, das Säckchen, in dem sie verstaut werden, entsteht in unserer Näherei“, sagt sie. Die rund fünf Zentimeter langen Schieböcke sind aus Metall. Hergestellt werden sie in der Firma Max Aicher. Spielkarten, die markante Gebäude und weitere Bischofswerdaer Sehenswürdigkeiten zeigen, komplettieren das Spiel. Wie alles zusammenpasst, erklärt eine Anleitung. Mensch, schieb den Bock wird man im werkstatteigenen Laden und wahrscheinlich auch im Bürger- und Touristenservice des Rathauses kaufen können. Was das Spiel kostet, ist noch nicht entschieden. Das hängt von der Kalkulation ab, die noch aussteht. Bestellungen nimmt der Verein Lebenshilfe jedoch schon entgegen.

Das Spiel ist für Bischofswerdaer, aber natürlich auch für Gäste der Stadt gedacht. Es soll zu einem Souvenir werden, das es nur in Bischofswerda gibt. Wie auch die einrädrige Schubkarre, der die Stadt ihren Spitznamen verdankt. Den Schiebock auf Dauer im Stadtbild sicht- und erlebbar zu machen, war das vordringliche Ziel des Wettbewerbes, den eine Gruppe um Silvia Berger und Andreas Mikus, Chef vom Netzwerk für Kinder- und Jugendarbeit, Ende vergangenen Jahres initiierte. Das zweite Ziel war, mit Schieböcken eine unverwechselbare Deko fürs Stadtfest zu schaffen.

27 Arbeiten wurden für den Wettbewerb eingereicht. Jedes der sieben Jurymitglieder konnte bis zu 20 Punkte vergeben, wobei vier Kategorien bewertet wurden: die Erkennbarkeit als Schiebock, Kreativität und Originalität, die Nachhaltigkeit im Sinne einer Nachnutzung und der Aufwand bei der Fertigung. Dank zahlreicher Sponsoren konnten 17 Arbeiten mit Preisen bedacht werden.

Bischofswerda will künftig stärker als bisher mit dem Schiebock werben. „Viele Städte suchen nach einem Markenzeichen. Wir haben es“, sagt Oberbürgermeister Holm Große (parteilos). Er vergleicht den Schiebock mit den Breslauer Zwergen, die man in der polnischen Stadt sieht und die europaweit bekannt sind. Dort wolle Bischofswerda in der Perspektive mit seinem Schiebock hin, sagte der OB.

Im Ergebnis des Wettbewerbes ist der Schiebock bereits im Stadtbild zu sehen. Am auffälligsten wohl an einem Haus der städtischen Wohnungswirtschaft und Bau GmbH an der Kamenzer Straße. Für das von Wandmaler Uwe Gloge-Hentschel geschaffene Doppelbild eines Schiebocks, der die Hauswand scheinbar durchbricht, gab es den zweiten Preis. Platz drei belegte der Tierparkförderverein mit einem Verkaufsschiebock, einem überdachten Stand, den die Besucher im Tierpark künftig wohl öfter sehen werden.

Über 20 mit Schieböcken dekorierte Schaufenster zeigten am Festwochenende, was möglich ist. Ein Schiebock als Werbeaufsteller mit Büchern als Auflage und Radreifen‘ schmückt seit ein paar Tagen den Eingang der Buchbinderei Grafe. Den Schiebock als Hausnummer, gefertigt von Schmiedemeister Steffen Aurin, findet man an mehreren Häusern, darunter am Haus Altmarkt 20, das Familie Kirschner sanierte. Die zwei kleinsten Schieböcke für den Wettbewerb lieferten Ute Mäder und Andreas Wendler. Ute Mäder platzierte einen Schiebock in einer Streichholzschachtel, Andreas Wendler schnitze einen Schiebock aus dem Knochen einer Beinscheibe.

XXL-Variante für Firma Aicher

Ein Gegenstück zu den Minis lieferte die Firma Max Aicher am Sonnabend beim Festumzug: einen tonnenschweren, blau lackierten Schiebock XXL, der den Firmennamen trägt. Er soll an der Zufahrt zum Gewerbepark des Unternehmens am Drebnitzer Weg aufgestellt werden. Für den Wettbewerb wurde dieser Schiebock leider nicht berücksichtigt. Er wurde erst nach dem Einsendeschluss Mitte August fertiggestellt, heißt es in Jury-Kreisen. Neben den 27 Wettbewerbsarbeiten wurden auch mehrere Projekte vorgeschlagen, etwa für ein Schiebock-Wasserspiel, ein Zunftzeichen für die Stadt-Apotheke und für einen Begrüßungsschiebock auf dem Bahnhofsdach. Jede Menge Potenzial ...